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Wirkung von CannabisWas die Forschung sagt

Kiffen ist legal, zumindest teilweise. Ob das gut ist oder nicht, darüber lässt sich streiten – am besten mit den wissenschaftlichen Fakten.

Wie wirkt Cannabis? Foto: Hollandse Hoogte/laif

Cannabis ist dem Gehirn nicht unbekannt. Denn es gibt das „endogene Cannabinoid-System“, das viele wichtige Funktionen im Körper übernimmt. Es ist an der Entwicklung des zentralen Nervensystems beteiligt und reguliert verschiedenste Prozesse: etwa Appetit, Schlaf, Entzündungsreaktionen, Schmerz und Gedächtnisfunktionen. Dazu benötigt es Cannabinoide, die der Körper selbst herstellt. Binden diese sogenannten Endocannabinoide (eCBs) an Andockstellen (Rezeptoren) in den Zellen, löst das verschiedenste Signale aus: Beispielsweise leiten solche Botschaften der Körperzellen neu entstehende Nervenzellen an ihre Zielorte und regen den Umbau von Verbindungen zwischen bestehenden Nervenzellen an. Wie belohnend wir eine Aktivität, Nahrung oder soziale Aktionen finden, hängt auch von der Aktivierung der eCB-Rezeptoren ab.

Das Tetrahydrocannabinol (THC) aus der Cannabis-Pflanze kann ebenfalls an die Cannabinoidrezeptoren binden. Das bedeutet aber: Das endogene Cannabinoid-System kommt aus dem Gleichgewicht: Es wird aktiviert, obwohl es dazu eigentlich keinen Grund gäbe – und noch dazu stärker, als es die eCBs getan hätten. Denn die Konzentrationen an THC beim Cannabis-Konsum sind deutlich höher als die der körpereigenen Cannabinoide.

Cannabis schränkt die Gehirn- und Motorfunktionen ein – das Denken und die Bewegungen sind also nicht mehr so koordiniert. Auch die Augenreflexe und die Reaktionszeit verlangsamen sich. Vieles ist allerdings noch gar nicht bekannt, weil die Forschung in ihren Mitteln beschränkt ist: Die Bedingungen im Labor sind anders als beim gemütlichen Herumreichen eines Joints. Unbestritten ist aber: Das menschliche Gehirn ist erst mit etwa 25 Jahren vollständig entwickelt. Bis zu diesem Zeitpunkt kann THC in die Entwicklungsprozesse eingreifen und kann deshalb für Jugendliche und junge Erwachsene durchaus gefährlich sein.

Was ist mit Cannabidiol?

Cannabidiol (CBD) ist neben THC ein weiterer wichtiger Inhaltsstoff von Cannabis, der allerdings keine psychoaktive Wirkung hat – also nicht „high“ macht. CBD beeinflusst den Körper jedoch auf verschiedene Weisen, die noch nicht vollständig verstanden sind. Es wird schnell von Geweben und Organen aufgenommen und gelangt durch die Blut-Hirn-Schranke auch in das zentrale Nervensystem. Dort interagiert es mit vermutlich mehr als 50 verschiedenen Rezeptoren und Molekülen und beeinflusst dadurch beispielsweise das Schmerzempfinden und den psychischen Zustand. Teilweise wird es deshalb zur Behandlung von Epilepsie eingesetzt, Studien untersuchen zudem mögliche Anwendungen bei Schmerz, psychischen Erkrankungen und Entzündungen.

CBD-Öle kann man etwa im Internet kaufen. Die Wirkstoffe werden den Ölen beigemischt, auch essbaren Varianten wie Sonnenblumen- oder Olivenöl. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und die Verbraucherzentrale warnen jedoch vor diesen Produkten: Die Sicherheit sei nicht gewährleistet und die Produkte sind nicht als Lebensmittel zugelassen. Das liegt unter anderem daran, dass CBD-Öle alle möglichen Stoffe außer THC enthalten können. So können die Öle unterschiedliche Wirkungen haben, auch negative wie Schlaflosigkeit oder, paradoxerweise, extreme Schläfrigkeit.

Kann man von Cannabis abhängig werden?

Ja. Allerdings ist die Gefahr einer Abhängigkeit deutlich geringer als bei Substanzen wie Alkohol, Tabak oder Opioiden. Eine Abhängigkeit definiert sich über verschiedene Aspekte. Wichtig ist die Toleranz: Wer regelmäßig Cannabis einnimmt, wird nach und nach immer mehr davon benötigen, um noch die gleiche Wirkung zu spüren. Dazu kommen Entzugserscheinungen, wenn man den Konsum einstellt.

Manche berichten von Schlafproblemen, fühlen sich reizbar und unruhig oder haben körperliche Reaktionen, schwitzen etwa viel, haben Schluckauf oder die Nase läuft. Verglichen mit anderen Drogen sind die Symptome aber mild, daher wird das Abhängigkeitsrisiko als klein eingestuft.

Warum löst Cannabis bei manchen Menschen psychotische Episoden aus?

Der Zusammenhang ist bisher nicht vollständig geklärt. Eine neue Studie legt allerdings nahe, dass hochdosierte THC-Produkte psychotische Episoden bei jungen Menschen deutlich wahrscheinlicher machen als solche mit weniger THC. Eine psychotische Episode bedeutet, dass die Betroffenen etwa halluzinieren, Wahnvorstellungen und Ängste haben und an Denkstörungen leiden. Solche Symptome können beispielsweise auch bei Schizophrenie vorkommen und es ist möglich, dass Cannabiskonsum die Entstehung einer Schizophrenie begünstigen kann.

Es ist allerdings schwierig, so etwas wissenschaftlich auseinanderzuhalten: Nicht jeder, der Cannabis konsumiert, wird psychotisch oder bekommt eine Schizophrenie. Vielleicht nutzen Menschen mit einer psychischen Erkrankung Cannabis schlicht, um sich selbst damit zu therapieren. Es kann aber auch durchaus sein, dass die Droge das Gehirn auf eine Weise verändert, die eine Psychose oder eine Schizophrenie wahrscheinlicher machen kann. Einen direkten Beweis dafür gibt es bisher nicht.

Wie und wann wird medizinisches Cannabis verwendet?

Cannabis darf als Arzneimittel verwendet werden, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt und es keine anderen Therapiemöglichkeiten gibt. Dabei geht es vor allem um die Behandlung von chronischen Schmerzen. Deutlich seltener werden Spastik, Anorexie oder Übelkeit und Erbrechen mit Cannabis therapiert. Die Betroffenen erhalten dazu entweder hochwertige getrocknete Blüten, Extrakte oder Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol, ein anderer Name für THC, oder Nabilon, ein synthetisches Cannabinoid mit ähnlicher Struktur wie THC.

Auch bei der medizinischen Anwendung muss noch viel erforscht werden. Offenbar wirkt Cannabis nicht bei allen akuten und chronischen Schmerzen gleich gut. Zudem könnten manche Personengruppen, etwa ältere Menschen, stärker unter möglichen negativen Effekten leiden. Forschende fordern deshalb eine bessere Untersuchung der Vor- und Nachteile sowie Studien über optimale Dosierungen und Aufnahmewege.

Die „Munchies“: Warum regt Cannabis den Appetit an?

Das endogene Cannabinoid-System ist nicht nur auf das Gehirn beschränkt. Cannabinoid-Rezeptoren befinden sich auch in Organen wie Herz und Milz, in Hormondrüsen und im Magen-Darm-Trakt. Daher spielt Cannabis auch eine Rolle in der Darm-Hirn-Achse, also der Kommunikation zwischen Kopf und Bauch. Cannabis-Konsumenten und Konsumentinnen berichten häufig von „Fressattacken“, auch „Munchies“ genannt. Ausgelöst werden diese nicht durch Hunger, vielmehr scheint Cannabis den Appetit zu stimulieren und gleichzeitig die Impulskontrolle zu vermindern. Außerdem beeinflusst das THC die Geschmackswahrnehmung offenbar, so dass die Nahrung als leckerer wahrgenommen wird.

Interessanterweise verändert die Droge zusätzlich einige Darmfunktionen. So scheint Cannabis-Konsum die Beweglichkeit des Darms zu verringern. Er kann dadurch die Nahrung nicht mehr so gut aufnehmen und weitertransportieren. Gleichzeitig verbessert es offenbar die Symptome einer Magenlähmung, bei der Nahrung langsamer verdaut und der Magen schwerer geleert wird. Möglicherweise hängt die genaue Wirkung bei jeder einzelnen Person auch von der Zusammensetzung des Mikrobioms in Magen und Darm ab – also welche Bakterien und andere winzige Organismen dort leben und mit den Organen und dem Cannabis interagieren.

Welchen Einfluss hat die Art der Zubereitung?

Ob man das Cannabis im Joint raucht oder als Keks oder Brownie isst, wirkt sich vor allem auf den zeitlichen Ablauf aus: Wird es inhaliert, beginnen die psychotropen Effekte innerhalb weniger Sekunden bis Minuten. Nach etwa 15 bis 30 Minuten sind sie besonders intensiv und nach zwei bis drei Stunden nehmen dann wieder sie ab. Nimmt man das THC hingegen über den Magen auf, beginnt die Wirkung etwa nach 30 bis 90 Minuten. Sie erreicht dann nach zwei bis drei Stunden das Maximum und hält – je nach Dosis und den individuellen Reaktionen auf den Cannabiskonsum – zwischen vier und 12 Stunden an.

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13 Kommentare

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  • "Wer regelmäßig Cannabis einnimmt, wird nach und nach immer mehr davon benötigen, um noch die gleiche Wirkung zu spüren."

    Das ist einfach falsch.

    "Dazu kommen Entzugserscheinungen, wenn man den Konsum einstellt."

    Auch Blödsinn.

    • @Matt Olie:

      Ich habe schon öfter nach Kiff-Phasen aufgehört, und heute kiffe ich alle 2-3 Monate für 3-4 Tage gut und dann lasse ich es wieder. Als Entzugserscheinung kommt vor, dass ich die ersten 1, 2 Nächte nicht gut durchschlafe. Dann hat sich das wieder eingeregelt. Das ist alles.

  • Meine Mutter ist elend an Krebs krepiert. Zum Schluss haben nicht mal mehr Morphine geholfen, außer in einer Dosierung, die zu Bewusstlosigkeit führte. Meine Schwester besorgte Cannabis auf dem Drogenmarkt der nächsten Großstadt. Das war ein Segen. Der Schmerz wurde gelindert. Nicht völlig beseitigt, aber wenn auf einer Skala von 1 bis 10 der Schmerz von 12 auf 7 sinkt, empfindet man das trotzdem als Wohltat. Das Wichtigste war, dass meine Mutter dabei bei wachem Bewusstsein bleiben durfte. Wäre meine Schwester erwischt worden, wäre sie wohl in den Knast gewandert.

    Ach ja. Wenn Schnaps legal ist, und selbst 10jährige sich mit Hilfe älterer Geschwister ins Koma saufen können bzw wenn Föten schon im Mutterleib regelmäßig legal einen Vollrausch verpasst bekommen können, ist die ganze Diskussion um Hirnentwicklung und Cannabis etwas scheinheilig, ne?

    • @Die Schnetzelschwester:

      Hat halt nichts mit der aktuellen Situation zu tun ihre Episode.



      1. War medizinisches Weed bereits seit einiger Zeit verfügbar und wurde auch verschrieben.



      2. Geht es hier nicht um Legalität sondern Wirkung von Cannabis.

      Es ist nach wie vor illegal Alkohol an 10 Jährige zu verkaufen oder weiter zu geben.



      Weil es solche Vorfälle (Komasaufen mit 10) gibt bedeutet das nicht das es normal und Alltag wäre...



      Sicher können verantwortungslose Mütter sich schwanger zusaufen. Aber es ist Jeden klar, dass das nicht ok ist, weil schädigend.



      Ob und wie weit das auf Cannabis auch zutrifft ist doch eine berechtige Frage, evtl. kann man so zumindest auf das weniger schädliche Equivalent umsteigen.



      Der Umgang mit Cannabis war und ist schon immer scheinheilig, das macht die Forschung darum ja so wichtig...

    • @Die Schnetzelschwester:

      Cannabis ist nur verboten, weil sich mit dem Naturprodukt nichts verdienen lässt.

  • Einer der wichtigsten Aspekte der Legalisierung liegt darin, daß nun tatsächlich Wissenschaft betrieben werden kann, ohne daß die Wissenschaftler fürchten müssen mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten.

    Und da gibt es auch noch viele offene Fragen. So gibt es etwa 400 natürliche- und eine unbekannte Zahl künstlicher Cannabinoide. Wenn man (wie bisher üblich) aber nur THC und CBD zugrunde legt ohne dies genauer zu differenzieren, können die auch Ergebnisse naturgemäß nicht besonders differenziert sein.

    So heißt es etwa im Artikel: "Eine neue Studie legt allerdings nahe, dass hochdosierte THC-Produkte psychotische Episoden bei jungen Menschen deutlich wahrscheinlicher machen als solche mit weniger THC". Nun ist bekannt daß künstliche Cannabinoide bis zu hundert mal wirksamer sind als natürliche Cannabinoide. Der Verdacht daß es einen Zusammenhang zw. künstlichen Cannabinoide und Psychosen gibt ist also sehr naheliegend..wurde aber bisher nicht methodisch in die Arbeit der Wissenschaftler einbezogen..

    Man darf also gespannt sein was die Wissenschaft ohne die gesetzlich erzwungenen Scheuklappen der Prohibition noch alles zu Tage fördert...

  • Sehr verdienstvoll.

    “Unbestritten ist aber: Das menschliche Gehirn ist erst mit etwa 25 Jahren vollständig entwickelt. Bis zu diesem Zeitpunkt kann THC in die Entwicklungsprozesse eingreifen und kann deshalb für Jugendliche und junge Erwachsene durchaus gefährlich sein.“

    Das mit dem “kann“ ist etwas euphemistisch.



    Daß - ist klar. Genaueres ist noch nicht geklärt.



    Zwei Langzeitstudien dazu - Australien & Niederlande - kamen mir unter



    Als ich mich dank Berlin/Bonn-Tausch mit Cannabis und Schmerztherapie (s.o.) beschäftigen durfte.

    kurz - Wie notwendig Beiträge wie dieser hier sind!



    Mag erhellen - daß ein bekannter Apologetiker - auf meinen zarten Hinweis auf obiges auf einer Tagung mich mit “alles Quatsch“ anfurzte!



    Da nimmste dir denn dein 🍺 vom Tresen und empfiehlst dich!



    Der war ja schließlich satt über 25! Gelle. - 🙀🥳🥹 -



    (Nicht verschwiegen sei - daß ich länger davor - bei meinem Großen, die Gefahr ahnungslos abwiegelnd gegenüber meiner 1.Ex - unterschätzt hatte!



    Keine Frage: Asche auf mein Haupt • )

    • @Lowandorder:

      Nun, ich habe mit 15 angefangen zu kiffen. Von 15 bis sagen wir 30 habe ich lange Zeiten fast täglich gekifft, aber auch immer wieder mal Pausen von bis zu 3 Monaten gemacht. In dieser Zeit habe ich ein Diplom mit 1,0 und eine Dissertation mit "magna cum laude" abgeliefert. Mir wird ganz angst und bange, wenn ich daran denke, wie intelligent ich geworden wäre ohne das Kiffen (Sarkasmus aus). Übrigens: Das ach so beliebte und ungefährliche Ethanol führt nachweislich zu Gehirnschäden, bei jungen und ausgereiften Gehirnen. Das scheint ja kein Problem für den Gesetzgeber zu sein.

    • @Lowandorder:

      "Kann" ist keineswegs euphemistisch. Auch wird immer unterschlagen, dass THC zwar die Gehirn-Entwicklung beeinträchtigen, das Gehirn schädigen kann, Ethanol das aber nicht nur kann, sondern definitiv tut, besonders bei hochdosiertem Konsum, wie er bei jungen Leuten ("Kampftrinken") weit verbreitet ist. Offenbar kein Grund für viel Gewese.

      • @Ralph-Lothar Keller:

        Klar “Jung - hör auf zu kiffen - trink dir nen Schnaps!“

        ansonsten - wollte ich von der Verharmlosung für die Zeit der Pubertät weg. Von einer Liniarität kann aber wohl nicht ausgegangen werden.

    • @Lowandorder:

      👍👍

  • Die Psychosen sind wie bei Alkohol durch Veranlagung bedingt... Wer viele Menschen mit Psychose in der Familie hat sollte aufpassen.

    Und Auch Menschen mit Herzproblemen können Komplikationen bekommen.

    • @sociajizzm:

      👍👍