piwik no script img

Wien-Tatort „Unten“ im ErstenDa, wo die Geschichten sind

Wie aus einem vermeintlich durchsichtigen Plot dann doch ein spannender Sozialkrimi wird. Team Wien mal wieder in Topform.

Eisner (Harald Krassnitzer), Fellner (Adele Neuhauser) und Stadtstreicherin Tina (Maya Unger) Foto: Philipp Brozsek/ARD Degeto

Wieder was gelernt, wie so oft im ORF-„Tatort“ aus Wien. „Sandler“ nennt man dort also die Menschen, die aus ihren Wohnungen fliegen und auf der Straße landen. Um solche Schicksale dreht sich der neue Fall von Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer), der Krimi trägt den bezeichnenden Titel „Unten“. Das ist anfangs wörtlich, später immer mehr im übertragenen Sinn zu nehmen.

Auf einem stillgelegten In­dus­trie­gelände wird ein toter Mann gefunden, ein Wohnungsloser, er ist offensichtlich zu Tode gestürzt. Ein junges Paar hat die Polizei gerufen, die beiden leben auch auf der Straße und kannten den Toten gut. Alles sieht nach einem Streit mit Todesfolge aus, es ging wahrscheinlich um Geld oder Alkohol, ganz typisch in dem Milieu, ist sich Moritz sicher und will den Fall schnell zu den Akten legen.

Aber Bibi guckt mal wieder so komisch.

Und es dauert auch nur eine kleine Weile, bis sie es zugibt: Es handelt sich bei dem Toten um einen früheren Informanten. Der Mann hatte mit der Zeit immer mehr getrunken und angefangen, Geschichten zu erfinden. Bibi hatte noch vor einer Woche Kontakt mit ihm.

Auf Abstand gedreht

Langsam tritt die Lebensgeschichte des Toten zutage. Und damit verschiedene Auseinandersetzungen – sprich: Motive. Eifersucht, eine Lebensversicherungspolice und auch Drogen. Die Auflösung ist dann etwas hanebüchen, auch wenn sie im Bereich des Möglichen liegt. Die Rede ist dabei ständig von Verschwörungstheorien. Das wirkt etwas aufgesetzt in diesen an Verschwörungsmythen reichen Zeiten. Nur so viel sei verraten: Zwanzig Wohnungslose werden vermisst.

Der Film

Der Wien-Tatort „Unten“ läuft am Sonntag um 20.15 Uhr im Ersten, um 21.45 Uhr auf One und 30 Tage in der Mediathek

Auch das wird anfangs abgetan. So von wegen: Es verschwindet ja immer mal einer von denen …

„Unten“ erzählt gleich mehrere traurige Geschichten. Und schafft es, aus einem vermeintlich durchsichtigen Plot einen spannenden Sozialkrimi zu weben. Am Ende wird das ganz große Besteck aufgefahren – wiederum im wörtlichen wie im übertragenen Sinn.

Ach so: Mit dem Dreh war schon im Frühjahr begonnen worden, dann kam der erste harte Lockdown, auch in Wien. Im Sommer weitergedreht, spielten die neue Szenen meist im Freien. Doch das fällt nicht weiter auf; nicht einmal, dass alle Beteiligten auf Abstand gehen. Man hat sich halt schon dran gewöhnt. Nur die alten Szenen, wo Menschen ganz nah beieinander sind, wirken schon jetzt wie aus der Zeit gefallen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Endlich mal wieder einer von den "besseren" Tatorten.