Wie Neujahrsvorsätze gelingen: Warum tun wir es dann nicht?

Unsere Kolumnistin hat sich nie Neujahrsvorsätze gesetzt. Und doch ist die Übung, aus alten Mustern herauszukommen, für sie tagtägliche Praxis.

Eine Joggerin auf einer Brücke

Ab jetzt jeden Tag joggen? Unrealistisch! Besser ist es, das ganze Jahr über an sich zu arbeiten Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Das neue Jahr hat begonnen, und für viele ist es die Zeit der Neujahrsvorsätze. Das neue Jahr bringt etwas Neues, Hoffnung darauf, dass wir Altes hinter uns lassen können, alte Gedanken, alte Verhaltensweisen. Das neue Jahr bietet einen frischen Start, eine Gelegenheit, aus einzwängenden Mustern auszubrechen. Wer das schon einmal versucht hat, weiß, dass das gar nicht so einfach ist.

Wenn wir gesünder leben wollen, warum tun wir es dann nicht? Wenn wir netter zu unseren Eltern, unseren Kindern, unseren Part­ne­r*in­nen sein wollen, warum tun wir es dann nicht? Weil solche Veränderungen mit mehr verbunden sind als mit dem Vorsatz. Der Vorsatz, so wichtig er ist, reicht nicht. Sonst hieße er wahrscheinlich nicht Neujahrsvorsatz, sondern Neujahrsveränderung.

Es gibt viele Studien zum Thema Neujahrsvorsätze. Einige der Erkenntnisse sind nicht überraschend: Vorsätze, die auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet sind, sind im Ergebnis erfolgreicher sind als Vorsätze, die auf ein Vermeiden von Verhaltensweisen ausgerichtet sind. Das ist zum Beispiel ein Ergebnis einer umfassenden schwedischen Studie aus dem Jahr 2020. Die meisten Vorsätze drehen sich um das Thema Gesundheit, Abnehmen und persönliches Wachstum. Und: viele Menschen geben die Vorsätze im Laufe des Jahres wieder auf.

So weit, so bekannt. Ich selbst habe mir nie Neujahrsvorsätze vorgenommen. Und doch ist die Übung, aus alten Mustern herauszukommen, für mich tagtägliche Praxis. Was ich für mich selbst entdeckt habe, was mir dabei am meisten dabei hilft, aus einem Vorsatz eine Veränderung zu machen: diesen Prozess nicht als gerade Linie zu sehen, sondern als eine Welle, auf der ich reite und auf der es nicht nur nach oben geht, sondern auch nach unten.

Nicht alles umsonst

Zu wissen, dass ich nicht versagt habe, wenn sich doch wieder ein altes Gedanken- oder ein Verhaltensmuster einschleicht, wenn ich wegen etwas wütend werde, von dem ich dachte, dass ich es doch schon längst hinter mir gelassen hätte. Zu wissen, dass nicht alles umsonst war, nur weil ich etwas nicht erreicht habe, was doch schon mal viel „besser“ gelaufen ist. Mein Ziel, das ich mir jeden Tag setze, ist: Ich mache weiter.

Der Vorsatz ist also, glaube ich, etwas sehr Gutes. Wir wollen uns verbessern, innerlich wachsen, gesünder leben. Sobald der Vorsatz gefasst ist, sollte es aber weniger darum gehen, die Zielmarke zu erreichen. Sondern vielmehr darum, zu wissen, dass wir daran arbeiten. Dass wir uns nicht geißeln, wenn wir das Ziel mal überhaupt nicht erreichen. Dass wir wissen, dass die „schlechten“ Tage genauso dazu gehören wie die guten.

Wenn wir das machen, geben wir die Ziele vielleicht auch nicht so schnell wieder auf. Und wenn wir sehen, was für ein langer, aber auch lohnender Prozess Veränderung ist, sind wir vielleicht auch nachgiebiger mit anderen, die, wie wir, auch nicht jeden Tag ihr bestes Ich zeigen können. Das wäre mal eine echte Neujahrsveränderung.

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Ausgebildet als Ärztin und Politikwissenschaftlerin, dann den Weg in den Journalismus gefunden. Beschäftigt sich mit Rassismus, Antisemitismus, Medizin und Wissenschaft, Naher Osten.

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