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Werteunion von MaaßenErst mal nur Getöse

Konrad Litschko
Kommentar von Konrad Litschko

Hans-Georg Maaßen will mit seiner Werteunion die Parteilandschaft umkrempeln. Das wird wohl nicht klappen, aber in Thüringen könnte er für Trubel sorgen.

Töst viel rum: Hans-Georg Maaßen Foto: Martin Schutt/dpa

E s ist erst mal nur Getöse, wieder mal. Die bisher CDU/CSU-nahe Werteunion des gescheiterten Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen will nun also Partei werden. Eine „Politikwende“ soll das auslösen, nach der Bundestagswahl 2025 will man bereits in Regierungsverantwortung sein. Das Getöse kennt man schon von anderen Parteigründungen – es wird nicht so kommen. Aber die Werteunion könnte dennoch für Unruhe sorgen.

Akut sorgt sie schon mal für eine weitere Zersplitterung des Rechts-außen-Spektrums zwischen Union und AfD. Die Werteunion macht dabei gefährlich, dass sie mit Maaßen einen vermeintlichen Technokraten an der Spitze hat, der keinen Hehl daraus macht, dass er die Brandmauer zur AfD einreißen will.

Einen Erfolg garantiert das aber noch lange nicht. Denn das Anbiedern bringt keine Wäh­le­r*in­nen­scha­ren. Wer die AfD an der Macht sehen will, kann diese auch direkt wählen. Zudem zeigt sich an seinen Vorgänger*innen, dass ein prominenter Name noch längst nicht reicht – siehe Bernd Lucke, Frauke Petry und Jörg Meuthen, die mit ihren Parteiprojekten alle krachend scheiterten.

Genau wie ihnen fehlt auch der Werteunion jenseits von Maaßen weiteres bekanntes Personal. Noch dazu hat Maaßen das Charisma eines Zwiebacks und driftet ins Verschwörerische ab, was der Außenwirkung kaum zuträglich sein dürfte. Und er ist damit nicht allein, wie die Teilnahme von Werteunion-Leuten am Geheimtreffen bei Potsdam zeigte.

In Thüringen aber, wo die politische Lage jetzt schon undurchsichtig ist, könnte Maaßens Werteunion für weiteres Kuddelmuddel sorgen, die Regierungsbildung erschweren und vor allem die CDU einige Stimmen kosten. Dass die Werteunion aber selbst abräumt, ist nicht zu erwarten.

Hier lohnt ein Blick zurück auf die Bundestagswahl 2021. Auch damals zog Maaßen unter großer medialer Beachtung in den Wahlkampf, als Direktkandidat der CDU in Südthüringen. Am Ende des Getöses stand eine derbe Schlappe, elf Prozentpunkte hinter dem Sozialdemokraten Frank Ullrich.

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Konrad Litschko
Redaktion Inland
Seit 2010 bei der taz, erst im Berlin Ressort, ab 2014 Redakteur für Themen der "Inneren Sicherheit" im taz-Inlandsressort. Von 2022 bis 2024 stellvertretender Ressortleiter Inland. Studium der Publizistik und Soziologie. Mitautor der Bücher "Staatsgewalt" (2023), "Fehlender Mindestabstand" (2021), "Extreme Sicherheit" (2019) und „Bürgerland Brandenburg" (2009).
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16 Kommentare

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  • Ich wäre mit Äusserungen wie "Erstmal nur Getöse" vorsichtig. Es ist doch sehr offensichtlich das sich das rechte Lager positioniert. Mit der "Werteunion" werden Wähler generiert die eine AfD nicht wählen würden.



    Für meinen Geschmack ist das nichts weiter als ein Versuch rechtsgerichtete Regierungen zu etablieren. Was das für unsere Demokratie heisst wissen wir eigentlich nur zu gut. Wenn wir diese Entwicklung verschlafen werden wir ein noch größeres Problem bekommen. Eigentlich reicht es schon zu wissen das 30% und mehr Rechte Parteien wählen werden.

  • Kleine Nebenbemerkung: weshalb muss eigentlich diese ständig zunehmende Inflation von "krachend"em Scheitern immer noch mehr stattfinden? Das geht mir immer mehr auf die Nerven.

    Genügt nicht einfach ein befriedigtes "Scheitern", um eine Tatsache, etwas Geschehenes, zu definieren?

    Wir benötigen doch keine 'krachend'- Inflation, um unsere Sprache mangels Alternativen zur Verbildlichung immer noch mehr verarmen zu lassen.

    Was soll das?

  • Ich würde die Werteunionnicht unterschätzen. Es gibt Unterschiede zu früher (vor 10-15 Jahren).



    Mittlerweile wählen Leute auch kleine Parteien, da sie sehen, dass diese in die Parlamente kommen können. Vor 15 Jahren hätte ich kaum geglaubt, dass es drei neue Parteien geben wird, die in die Parlamente kommen (können).

    Die Werteunion wird sich aus AFD, CDU und SPD Wählern rekrutieren. Da ist viel Potential. Es gibt genug AFD-Wähler, denen die CDU zu "links" und die AFD zu "rechts" ist, die die AFD aber mangels Alternative gewählt haben.

    Bei BDW gibt es mit Wagenknecht zwar ein deutlich bekannteres Gesicht als es Maaßen ist. Und ja, Wagenknecht kann besser reden und hat mehr Charisma. An konservativen Wählern besteht aber ein größeres Potential als bei den Linken.

    Potential zum Scheitern sehe ich in der Bürokratie und im Geld.

    Warten wir es ab: Momentan ist alles ein Blick in die Glaskugel.

  • Wenn jeder Nazi seine eigene Partei gründet, wäre wenigstens sichergestellt, dass sie nie in die Parlamente kommen.

    Von daher: weiters so! Traut euch was, Nazis! Eine eigene Partei ist das Richtige, die anderen Nazis sind doch eh nicht Nazi genug.

    • @Jalella:

      Erzählen Sie das mal Frau Wagenknecht und wie sie das für das linke Spektrum bewertet :D

  • Es heißt ja, keiner habe sich selbst gemacht.



    Aber ich kann mich nicht gegen das Gefühl wehren, dass man bei ihm Rückschlüsse vom Erscheinungsbild ziehen kann.

  • 6G
    692662 (Profil gelöscht)

    Der starke Anstieg der AfD in den Wahlumfragen seit anderthalb Jahren



    ging einher mit einem Anstieg der Union und einem starken Rückgang bei den Werten der Ampelparteien.

    Bei Maaßen dürften die Stimmen eher von der Union kommen, falls er Erfolg hat. Denn während die Zustimmung zur AfD eher aus der Unzufriedenheit mit der Ampel wuchs, dürften es bei Maaßen die Unzufriedenen der Union sein, die ihr Wahlverhalten ändern.

    Da nur etwa 20% der Bevölkerung für die Ampel sind, ist natürlich der Raum, um den gekämpft wird, ausreichend groß für neue Parteien (plus Freie Wähler).

    • @692662 (Profil gelöscht):

      Die Form der "Regierungskritik" der CDSU ist spätestens seit Merz von der der AfD nicht mehr sehr weit entfernt. Behauptungen und Lügen wie Merz sie rausgehauen hat, hätte man auch AfD Leute zuordnen können.

      Von daher muss man sich keine großen Gedanken machen, ob Maaßen Horde sich aus der CDU oder AfD rekrutiert. Beim Treffen in Potsdamm waren ja nicht ohne Grund AfD und CDU Leute dabei.

      • 6G
        692662 (Profil gelöscht)
        @Jalella:

        In meinem nachbarschaftlichen Umfeld gibt es mehrere Leute, die nun offen zugeben, AfD zu wählen. Die haben vorher SPD und Grün gewählt. Insofern überrascht es nicht wirklich, wenn nicht nur die AfD deutliche Stimmenzuwächse hatte, sondern auch die Union mehr wählen würden als vor anderthalb Jahren. Denn der AfD Zuwachs kommt von Wählern der Parteien, die derzeit bluten müssen und immer weniger Zustimmung haben. Die Ampelparteien. Bei der Maaßenpartei wird vermutlich eher die Union bluten müssen.

  • Was heißt hier „Erst mal nur Getöse“? Die faschistische neue Rechte um die AfD versucht schon länger mit anderen Parteien einen strategischen Block zu bilden. Um damit dem Wähler neben der AfD harmloser auftretende Parteien anzubieten, die dann eine Koalition mit der AfD eingehen! In Ostdeutschland könnte das auch klappen! Und den Rechtsaußen-Wähler schreckt weder fehlendes Charisma noch Verschwörerisches ab, wie die Vergangenheit zeigt! Zum ersten Mal könnte mit der Werteunion und Maaßen die „Franz von Papen“-Strategie zur Machtergreifung der AfD mindestens in einigen Landesparlamenten leider gelingen!

  • Angeregt durch die Diskussion um die Finanzierbarkeit des BSW frage ich mich: wer steckt ernsthaft Geld in diese Partei?



    So verführerisch die Vorstellungen ist, dass eine dritte Union + BSW der AfD nennenswert Stimmen abgreifen könnten: danke für diese ernüchternde Darstellung...

    • @Vidocq:

      Die Gefahr liegt wohl eher darin, dass die neuen Parteien zusammen mit der AfD eine Regierungsmehrheit im Osten erringen könnten. Wäre für beide (oder alle drei) eine win-win-(win-)Situation - erstmal ...

      • @Christian Lange:

        "Die Gefahr liegt wohl eher darin, dass die neuen Parteien zusammen mit der AfD eine Regierungsmehrheit im Osten erringen könnten."

        Oder mit der CDU zusammen.

        Der Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU gilt ja nur für die Mitgliedschaft der Person Maaßen, nicht für Koalitionen mit seiner Partei.

        Und Merz sagte bei der Miosga-Talkshow ganz ausdrücklich, dass er nicht vorhabe, die Koalitionsentscheidung der Thüringer CDU zu beeinflussen.

        Ganz klare Ansage der CDU-Führung: wenn der Thüringer Landesverband mit AfD und/oder WerteUnion koalieren will, dann werden wir uns dem nicht in den Weg stellen.



        Expressis verbis, nix zu deuteln dran: Merz gibt der TH-CDU grünes Licht, mit Maaßen oder anderen Faschos zu koalieren.

    • @Vidocq:

      Unter anderem irgendwelche Reiche aus der Schweiz?

  • "Aber die Werteunion könnte dennoch für Unruhe sorgen."



    /



    Und für einen Finanzierungsanschub aus dem Steuersäckl, als Wahlkampfkostenerstattung usw.



    /



    Die BLAUPAUSE:



    taz.de/Rechtsextre...ueringen/!5158634/

  • Leute, seid vorsichtig. Schaut mal nach Italien: da hat es auch mehrere Mutationen der Rechten gebraucht, um diese an die Regierung zu spülen. Nun sind sie da.

    "Noch dazu hat Maaßen das Charisma eines Zwiebacks..."

    Der ist gut. Den merke ich mir :-D Darf ich den auch zitieren?

    Aber wehe, die kriegen jetzt wen mit Charisma. Gute Nacht. Wir brauchen ein breites linkes Bündnis.