piwik no script img

Weniger los auf FernstraßenVerkehr nimmt ab – trotz mehr Autos

Der Verkehr außerhalb von Städten nimmt ab. Grund ist unter anderem das Homeoffice. Dabei sind so viele Autos zugelassen wie nie zuvor.

Auf Fernstraßen ist weniger los als vor der Pandemie Foto: dpa

Berlin dpa | In Deutschland gibt es so viele Autos wie nie. Trotzdem ist auf den Bundesstraßen und Autobahnen weniger los als vor Corona, wie eine neue Studie zeigt. Der öffentliche Verkehr profitiert davon aber nicht.

Obwohl die Zahl der Autos in Deutschland zunimmt, ist auf den Fernstraßen des Bundes nach wie vor weniger los als vor der Coronakrise. „Es bleibt festzuhalten, dass das Verkehrsaufkommen auf den Fernstraßen nach der Pandemie zwar wieder gestiegen ist, dass es aber auch im Jahr 2023 noch um etwa 7 Prozent unter dem Niveau von 2019 lag“, heißt es einer Studie, die das Beratungsunternehmen KCW im Auftrag der Politikberatung Agora Verkehrswende durchgeführt hat. „Ganz ohne Lockdowns.“

Dabei waren Ende vergangenen Jahres nach Daten des Kraftfahrt-Bundesamts, die in der Studie zitiert werden, mehr als 49 Millionen Pkw zugelassen und damit so viele wie niemals zuvor.

Der Grund, dass dennoch weniger auf den Straßen los ist, sei vermutlich, dass weniger gependelt werde. Einer Erhebung des Ifo-Instituts zufolge arbeiteten im Februar 2024 rund ein Viertel aller Menschen von zu Hause aus. „Dieser Wert ist seit April 2022 – kurz nach Aufhebung der pandemiebedingten Homeoffice-Pflicht – nahezu konstant geblieben“, schreiben die Wissenschaftler der Agora Verkehrswende. Das führt der KCW-Studie zufolge dazu, dass an Werktagen zu den Stoßzeiten das Verkehrsaufkommen vor allem am Morgen um mehr als zwölf Prozent niedriger ist als im Jahr 2019.

Busse, Bahnen und Fahrrad profitieren kaum

Allerdings kann der öffentliche Verkehr – also Busse, Bahnen oder das Fahrrad – von dieser Entwicklung kaum profitieren. Zwar lag das Verkehrsaufkommen auf der Schiene sowohl im Regional- als auch im Fernverkehr im vergangenen Jahr über dem Vor-Corona-Niveau. Die Anzahl der Menschen, die den öffentlichen Verkehr nutzen, liegt aber nach wie vor darunter. Das bedeutet: Weniger Fahrgäste legen längere Strecken zurück.

„Insgesamt hat sich der Anteil der verschiedenen Verkehrsträger an den zurückgelegten Wegen, der Modal Split, daher auch nur wenig verändert“, schreibt die Agora-Verkehrswende. So lag der Anteil des öffentlichen Verkehrs an der gesamten Verkehrsleistung sowohl im Mai 2017 als auch Ende 2023 bei etwa zehn Prozent. Der motorisierte Individualverkehr, also vor allem das eigene Auto, kam auf knapp 60 Prozent. Unabhängig vom Verkehrsträger sind also generell weniger Menschen unterwegs als vor der Pandemie.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

22 Kommentare

 / 
  • Mehr Autos korreliert nur dann mit mehr Verkehr, wenn gleichzeitig die Qualität des Straßennetzes gleichbleibt bzw. dies quantitativ ausgebaut wird. Fahre ich heute von Nordhessen nach München um meine Schwester zu besuchen (A7 - A3 - A9) höre ich nach der 20. Baustelle auf zu zählen und bedaure, dass Kassel-Calden keine innerdeutschen Linienflüge anbietet und der Münchner Flughafen irgendwo im nirgendwo liegt. Und, nein, für das Lotteriespiel mit der Deutschen Bahn fehlt dem arbeitenden Mensch mittlerweile Zeit und Muße.

    • @Michas World:

      Soll da noch ein Regionalflughafen noch mehr teuer durchgefüttert werden? Für die Wenigen, die dann auchden direkten ICE-Zug von Kassel-Wilhelmshöhe nach München nicht begriffen haben?



      Im Auto ist die Zeit verloren. Im Zug hat man Essen, Trinken und ein Buch dabei (oder wonach Ihnen der Sinn steht).

  • Weniger Auto-Verkehr ist eine gute Nachricht.



    Das spart hoffentlich auch Geld für Straßenfantastereien à la Lindner.



    Ist gut für die Volksgesundheit.



    Ist gut gegen autokratische Öllieferanten.



    Ist gut für mehr Platz für Menschen.

    Freiheit heißt u.a., gar kein Auto haben zu "müssen". Mehr davon.

    • @Janix:

      "Das spart hoffentlich auch Geld für Straßenfantastereien à la Lindner."

      Wann wird man endlich verstehen, dass es nicht die Kleinstparteien sind. die den Bedarf an Straßenbau festlegen, sondern die größeren Parteien inkl. der Grünen in den Ländern und Kommunen.

  • Wieso wird behauptet der ÖPNV würde nicht profitieren?



    Die Mobilität ist insgesamt heruntergegangen, davon profitieren alle.



    Mehr Platz im Bus, um weitere Autofahrer zum umsteigen zu motivieren besteht ja nun. Müssen nur noch die Fahrpläne angepasst werden, damit die Menschen nicht die dreifache Fahrtzeit hinnehmen müssen, wenn sie umweltfreundlich unterwegs sein möchten.



    Aber bei allem Nutzen des ÖPNV: weniger Strecke würde allen guttun, egal, mit welchem Vehikel.

  • Ist volkswirtschaftlich völlig unsinnig, dass immer mehr, mit riesigen Aufwand produziertes Blech, von dem ein Großteil lediglich zur Protzgründen angeschafft wird, den öffentlichen Raum vollstellt und gut ausgebildete Arbeitskräfte bindet, die anderswo dringend gebraucht werden.

    • @guzman:

      Sicher doch, setzen sich alle nur zum Spaß ins Auto und stundenlang im n den Stau. Wie schaffen Sie das nur nicht sch das Stehen im Stau entgehen zu lassen? Gibt es dafür Ersatzhandlungen mit Fahrrädern?

      Auto müssen gefahren werden, weil die Städte kein Geld in den ÖPNV in den die Außenbereiche stecken wollen und mit dem Geld lieber egoistisch nur ihre eigenen Einwohner pämpern.

    • @guzman:

      Zum einen hat die Wirtschaft und viele Leute davon stark profitiert.



      Zum anderen ist ein Großteil sicher nicht aus Protzgründen angeschafft. Sondern weil es in der Flexibilität nicht zu schlagen ist und weil der PKW eine Erweiterung des persönlichen Raums ist. Er darf vermüllt oder sauber sein, man darf in der Nase popeln und sogar nackt fahren (dann halt nicht aussteigen…).

    • @guzman:

      " ... ein Großteil lediglich zur (sic!) Protzgründen ..." Aha. Ich wage die Behauptumg, dass ein Großteil (wenn nicht der größte Teil) der PKW morgens mangels Alternative auf dem Weg zur Arbeit gefahren werden.

  • Der ÖPNV ist stark belastet, teilweise überlastet. Würde ein nennenswerter Teil der Pendler vom PKW auf ÖPNV umsteigen, würde der ÖPNV völlig zusammenbrechen. Ist aber eher theoretisch, da es für viele gar keinen ÖPNV gibt (für mich als Offebacher funktioniert der ÖPNV, solange die Fahrziele in der Nähe der S-Bahn sind).

    • @Offebacher:

      Oder man geht aufs Rad. So weit ist selbst Frankfurt nicht (wenn ich das Wort aussprechen durfte).

      Autos nehmen so viel mehr Platz pro Nase ein, dass Busse, Bahnen, Fuß und Rad das schon wuppen könnten, nach etwas Aufbau.

  • Damit sind dann wohl die ohnehin über vierzig Jahre alten Studien endgültig widerlegt, die von der Anti-Strassen-Bewegung jedesmal aufs Neue exhumiert werden, wenn es mal wieder darum geht dringend erforderliche Ortsumfahrungen zu torpedieren.

  • Eigentlich paradox, immer mehr Leute haben eine eigene Kiste vor der Tür stehen, nutzen sie aber immer weniger. Okay, das Home Office ist eine Erklärung. Gleichzeitig ist es aber auch eine Bankrotterklärung für die Verkehrpolitik. Die Öffis sind und bleiben grottig schlecht und sind selbst wenn man nicht hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen wohnt oft keine ernsthafte Alternative. Ein starker ÖPNV, dazu sinnvoll-ergänzende und erschwingliche Zusatzangebote wie Mietwagen, Carsharing usw. würden es vielen leicht machen, auf das eigene Auto zu verzichten. Hätte, hätte...Volker Wissing.

    • @Bambus05:

      Als Einwohner einer Großstadt und regelmäßiger Nutzer der vorhandenen Öffis kann ich sagen, das Mietwagen und Carsharing leiser nicht das eigene Auto ersetzen. Sowohl vom Komfort als auch bei den monatlichen Kosten kommt der eigene Pkw besser weg, selbst wenn man es nur am Wochenende nutzt.

    • @Bambus05:

      Mal so unter uns, liest ja keiner mit:

      Ich halte das Taxigewerbe bzw deren Lobbyarbeit gegen jeder Form der Liberarisierung für eine der entscheidenden Ursachen !!!!

      Wo sind denn die ganzen handygestützten Mitfahrzentralen, Verabredungsportale usw. geblieben ?

      Da täte eine Privilegierung wie bei den Balkonkraftwerken dringend Not.

      • @Bolzkopf:

        Stimmt, zu Bolt oder Uber Preisen wie in Portugal würde ich in einer Stadt sofort auf das eigene Auto verzichten. Auf den ÖPNV auch. ;-)

  • "Das bedeutet: Weniger Fahrgäste legen längere Strecken zurück."



    Das ist eigentlich auch logisch, sehr viele Dienstreisen sind ebenfalls entfallen und werden durch Teams o.ä. ersetzt oder als hybrides Meeting abgehalten.



    Von meinen 15 - 20 Dienstreisen p.a. mit der Bahn in der Zeit vor Corona sind jetzt noch ca. 2-3 Reisen p.a. übrig geblieben.

  • Aber am Sonntag haben die meisten Homeoffice-Beschäftigten frei, und das ist nicht zu übersehen und zu überhören, riechen kann man es auch.

  • Es mag solche Leute geben, aber die meisten Menschen fahren nicht zum Spaß durch die Gegend, sondern weil sie es müssen.



    Mein täglicher Arbeitsweg dauert mit dem Auto einfach 20 Minuten. Im Sommer mit dem Fahrrad, zumindest als ich das körperlich noch konnte, benötigte ich dafür 40-45 Minuten.



    Die 75 Minuten mit dem ÖPNV dagegen sind ein Witz, da nützt auch das Deutschlandticket nichts.



    Und wenn ich nicht fahren muss steht das Auto halt nur Rum.

    • @Don Geraldo:

      Ich kann einen draufsetzen: 45-50 Minuten mit dem Fahrrad, mit dem Auto wären es etwa 25. Der schnellste Weg mit dem ÖPNV: 10 Minuten zu Fuß zur Schnellbus-Haltestelle, 20 Minuten Busfahrt, 45 Minuten zu Fuß ins Büro. (Der Bus braucht 80 Minuten, der Zug nochmal 5 länger.) Man kann zwar im Bus ein bisschen arbeiten oder lesen, aber wenn man zweimal umsteigen muss und jedesmal nur 10 Minuten am Stück sitzt, ist das auch keine attraktive Alternative, weil man genauso gut zu Hause eine halbe Stunde sitzen und lesen könnte, in der eigenen Küche, bei Brötchen und Kaffee.



      Das ist das Problem: Die Entscheidung für den Bus ist eine gegen Frühstück zu Hause (oder länger schlafen ...)!

    • @Don Geraldo:

      Nachvollziehbar.

      Ist hier nicht anders: das nächsterreichbare Oberzentrum in Nordhessen ist Kassel, ca. 55 Km entfernt. Door-to-door, bspw. für einen Facharztbesuch in der Innenstadt bin ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln (und wir verfügen hier in der Kreisstadt sogar über eine Regionalbahn - über die Anbindung von Dörfern mag ich garnicht philosophieren) ziemlich exakt zwei Stunden (eine Strecke) unterwegs. Mit dem PKW brauche ich je nach Tageszeit und Verkehrslage zwischen 45 und 60 Minuten. Das bedeutet, Zeitverlust bei Hin- und Rückfahrt mindestens 2 Stunden. Dies ist aber nur die halbe Wahrheit. Leider hat man sich angewöhnt, immer einen Zug früher zu nehmen, da die Zugausfälle mittlerweile jede Vorstellungskraft sprengen. Und diese Zugausfälle treffen sie regelmäßig auch bei der Rückfahrt. Realistisch und das ist jetzt weder Satire noch Übertreibung verplant man daher bei einem Termin in einem 55 KM-entfernten Oberzentrum bei Nutzung des ÖPNV den gesamten Tag.

    • @Don Geraldo:

      Viele fahren aus purer Bequemlichkeit, sozusagen von Brötchentaste zu Brötchentaste und gehen dabei buchstäblich über Leichen.

      Lesenswertes Interview DLF mit dem Verkehrsexperten Hermann Knoflacher:



      www.deutschlandfun...ine-sucht-100.html

      „Manche fordern ja sogar, der Öffentliche Nahverkehr sollte kostenlos für alle sein. Ich, Herr Knoflacher, kann mir – ehrlich gesagt – nicht vorstellen, dass ein BMW-SUV-Fahrer auf die U-Bahn umsteigt, weil sie nichts mehr kostet. Ich glaube, das ist nicht das Problem, oder?



      Hermann Knoflacher: Da haben Sie vollkommen Recht. Es hat diese kostenlose ÖV-Benutzung noch nie irgendwo eine wesentliche Änderung erzeugt. Was eine Änderung erzeugt, sind die Eingriffe in den Parkraum.“