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Weit verbreitetes Ackergift FlufenacetUmwelthilfe erhöht Druck für Verbot von schädlichem Pestizid

Die Umweltorganisation stellt Eilanträge gegen zwei Unkrautvernichter mit dem Wirkstoff Flufenacet. Dieser soll den Hormonhaushalt schädigen.

Flufenacet gehört zu den absatzstärksten Pestizid-Wirkstoffen in Deutschland und wird vor allem im Getreideanbeu verwendet Foto: imago

Berlin taz | Die Deutsche Umwelthilfe leitet mehrere Eilverfahren beim Verwaltungsgericht Braunschweig gegen die Zulassung von Unkrautvernichtungsmitteln mit dem umstrittenen Wirkstoff Flufenacet ein. „Die Eilanträge richten sich gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Zulassungen für die Pestizidprodukte Elipris und Tactic“, sagte der taz Caroline Douhaire, Rechtsanwältin des Umweltverbands.

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hatte im Oktober 2024 angekündigt, die Zulassungen sämtlicher Pestizide mit Flufenacet zu widerrufen. Denn der Wirkstoff schädigt nach einem am 27. September veröffentlichten Gutachten der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit den Hormonhaushalt.

Zudem hatte die Umwelthilfe gegen die Zulassungen geklagt. Doch nach der Ankündigung des BVL hagelte es Proteste von Agrarverbänden und Chemieindustrie. Bislang hat die Behörde die Zulassungen nicht aufgehoben.

Dabei entsteht die „Ewigkeitschemikalie“ Trifluoressigsäure, wenn Flufenacet abgebaut wird. Es gibt laut Umwelthilfe keine praktikable Methode, um die Substanz wieder aus Grundwasser und Böden zu entfernen. Die Säure solle nach einem aktuellen Vorschlag der deutschen Behörden von der EU als wahrscheinlich reproduktionstoxisch eingestuft und mit dieser Warnung versehen werden: „Kann das Kind im Mutterleib schädigen. Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.“ Flufenacet gehörte im Jahr 2023 mit 683 Tonnen zu den absatzstärksten Pestizid-Wirkstoffen in Deutschland und wird großflächig im Getreideanbau verwendet.

„Ich fordere Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir auf, endlich für eine konsequente Umsetzung der Widerrufe durch seine Fachbehörden zu sorgen“, teilte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe mit. Deutschland dürfe nicht warten, bis die EU die Zulassung von Flufenacet aufhebt. „Dieser hochgiftige Wirkstoff darf in diesem Sommer und Herbst nicht mehr auf unseren Äckern landen“, so Resch.

Bayer AG: „Keine Hinweise auf Risiken“

Einer der Flufenacet-Hersteller, die Bayer AG aus Leverkusen, hatte der taz bereits im Oktober mitgeteilt, „dass es keine Hinweise auf ein Risiko für die menschliche Gesundheit oder für die Umwelt gibt, das mit der ordnungsgemäßen Verwendung unserer Produkte verbunden ist. Dies gilt auch für Flufenacet.“

Das Pestizid sei ein Herbizid-Wirkstoff, der in Europa seit über 20 Jahren sicher verwendet werde. „Er hilft Landwirten bei der Kontrolle von Unkräutern, vor allem von Gräsern wie zum Beispiel Ackerfuchsschwanz, Windhalm und Weidelgras.“

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