Weidel gegen Windkraft: Auch ökonomisch dumm
Mit ihrem Hass auf Windräder bedient die AfD-Chefin Ressentiments. Fast noch schlimmer ist: Sie könnte bei dem Thema den Takt vorgeben.
E s ist so grotesk wie abstoßend. Als „Windmühlen der Schande“ bezeichnet AfD-Frontfrau Alice Weidel allen Ernstes Windräder zur Stromerzeugung, und das ganz bewusst in Anlehnung an die Bezeichnung ihres faschistischen Parteifreundes Björn Höcke für das Holocaustdenkmal. Jetzt fühlt sich Weidel mal wieder missverstanden: Beim Parteitag der AfD hatte sie angekündigt, alle Windräder würden abgerissen, wenn die Partei „ans Ruder“ komme. Später behauptete sie, das gar nicht so gemeint zu haben, weil das nur für jene gelten solle, die im hessischen Reinhardswald entstehen würden. Wie üblich: Die Hass- und Hetzbotschaft gegen die ökologische Stromerzeugung ist gesetzt.
Windkraft ist eines der großen Kulturkampfthemen der extremen Rechten. Sie machen mobil gegen den „Zappelstrom“, gegen die vermeintliche Verschandelung der Landschaft – gegen die Weidel und Co. im Fall eines Autobahnbaus in der Regel nichts haben. Windräder sind nicht nur unverzichtbar für eine CO2-neutrale Stromerzeugung. Sie stehen auch für den Abschied vom fossilen Zeitalter, für ökologische Modernität, für den Kampf gegen die Klimakrise. Schon deshalb sind sie für die AfD und ihre Anhänger:innen Hassobjekte. Nach Angaben der Bundesnetzagentur stammte 2024 fast ein Drittel der deutschen Stromerzeugung aus Windenergie.
Wer anfängt, die Anlagen abzureißen, würde als Allererstes dafür sorgen, dass die Strompreise explodieren. Das weiß auch die Ökonomin Weidel. Ganz abgesehen davon, dass vor einem staatlich verordneten Windrad-Abbruch die Enteignung steht – was für die ultraneoliberale AfD keine Kleinigkeit ist.
Es droht ein Desaster
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Im Wahlkampf spielt die Klimakrise keine große Rolle. Dabei schreitet die Erderhitzung weiter voran. Die taz schaut in dieser Woche dahin, wo es brennt. Alle Texte zum Thema finden Sie hier.
Wie beim Thema Migration greift die AfD mit ihren Attacken auf die Windenergie Ressentiments in der Gesellschaft auf, verzerrt und radikalisiert sie. Weil SPD, Union, FDP und auch Grüne dem in der Asylpolitik in weiten Teilen folgen, ist aus einem Land mit Anspruch auf Weltoffenheit eines der Hilfeverweigerer:innen geworden. Wenn die AfD auch beim Thema Windenergie den Ton vorgibt, sieht es für die Energiewende schlecht aus. Die Auslassungen von Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz zur „Übergangstechnologie“ Windenergie lassen Schlimmes befürchten. Von notorischen Windkraftskeptikern wie CSU-Chef Markus Söder gar nicht zu sprechen.
Um die Energiewende auszubremsen, muss kein Windrad abgerissen werden. Es reicht, den Neubau zu erschweren, statt den Weg des grünen Bundeswirtschaftsministers fortzusetzen und zu erleichtern. Das wäre ein Desaster. Die Folge wäre eine Renaissance des Fossilen und die Befeuerung der Klimakrise – und ein Hochschnellen des Strompreises.
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