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Wegen gestiegener EnergiepreiseHeil fordert Mobilitätsgeld

Der Arbeitsminister schlägt eine Zahlung für Be­zie­he­r:in­nen kleiner und mittlerer Einkommen vor. Fraglich ist, ob die FDP das unterstützt.

Will Pend­le­r:in­nen unterstützen: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil Foto: Britta Pedersen/dpa

Berlin taz | Die Bundesregierung diskutiert offenbar über Zahlungen an Arbeitnehmer:innen, mit denen die gestiegenen Energiekosten abgefedert werden sollen. Einem Bericht der Bild am Sonntag zufolge hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bei internen Regierungsverhandlungen die Einführung eines Mobilitätsgeldes für Beschäftigte vorgeschlagen.

Das Bundesarbeitsministerium wollte keine Stellungnahme dazu abgeben. Eine Sprecherin sagte auf taz-Anfrage nur, die regierungsinternen Gespräche über mögliche Entlastungen dauerten an. Die derzeit hohen Energiepreise belasten viele Bürger:innen. Steuerliche Erleichterungen wie die Pend­le­r:in­nen­pau­scha­le wirken sich erst mit großer Verzögerung aus. Deshalb berät die Ampelregierung über Möglichkeiten, die steigenden Kosten schnell abzufedern. Ergebnisse werden dem SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil zufolge im Laufe dieser Woche erwartet.

Die Bild-Zeitung beruft sich auf Informationen aus der Verhandlungsgruppe mit jeweils drei Ver­tre­te­r:in­nen von SPD, Grünen und FDP, die über verschiedene Modelle zur Entlastung berät. Danach sieht der Vorschlag von Heil vor, ein mögliches Mobilitätsgeld nach Einkommen zu staffeln. Beschäftigte sollen das Geld mit ihrem Gehalt ausgezahlt bekommen. Für die Arbeitgeber wäre damit keine finanzielle Belastung verbunden, denn sie würden entsprechend weniger Lohnsteuer an den Staat überweisen.

Dem Bericht zufolge berät die Verhandlungsgruppe über die Höhe und Staffelung. Eine Möglichkeit wäre, Beschäftigten mit einem Einkommen bis zu 2.000 Euro zusätzlich zu ihrem Gehalt eine Zahlung von 50 Euro zukommen zu lassen, in der nächsten Stufe bis 3.500 könnten es 35 Euro sein und bei einem Einkommen von 4.000 Euro 20 Euro. Wer mehr verdient, soll nichts erhalten. Insgesamt soll das Mobilitätsgeld mindestens dreimal ausgeschüttet werden. Pro Monat würde das den Staat 1 Milliarde Euro kosten.

Den Grünen dürfte der Vorschlag entgegenkommen. Das Mobilitätsgeld könnte eine Vorstufe zu dem von ihnen geforderten Energiegeld sein, mit dem Bür­ge­r:in­nen mit niedrigem Einkommen entlastet werden sollen. Zu dem konkreten Vorschlag äußerten sie sich nicht.

Entlastungen dahin, wo sie gebraucht werden

„Ich bin zuversichtlich, dass die laufenden Verhandlungen auch zu einem gemeinsam getragenen und in der Sache sinnvollen Ergebnis kommen und die Ampel damit noch mal ein starkes Unterstützungspaket für die Bürgerinnen und Bürger schnürt“, sagte Julia Verlinden, stellvertretende Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion, der taz. Jedem sei klar, dass die staatlich finanzierten Entlastungen da ankommen müssen, wo sie wirklich gebraucht werden. „Und das betrifft nicht nur den Bereich der Mobilität“, sagte sie.

Fraglich ist, ob die FDP Heils Vorschlag mitträgt. Bundesfinanzminister Christian Lindner ist mit dem Vorschlag vorgeprescht, Au­to­fah­re­r:in­nen mit einem Tankrabatt zu entlasten. Der Vorstoß war mit SPD und Grünen nicht abgestimmt.

Kri­ti­ke­r:in­nen monieren, dass durch einen Rabatt kein Sprit gespart wird und diese Subvention sozial unausgewogen wäre. In einem „Eilappell“ rufen die Nichtregierungsorganisationen Campact, der Deutsche Naturschutzring, Greenwatch und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) die Ampelparteien auf, Lindners „Spritfresser-Subvention“ zu stoppen.

Sie fordern ein Energiegeld für Haushalte mit wenig Einkommen und eine Anhebung der Hartz-IV-Sätze. Außerdem sollen die Preise im öffentlichen Nah- und Regionalverkehr halbiert werden, um das Pendeln mit Bus und Bahn zu erleichtern. Bis Sonntagnachmittag hatten fast 145.000 Un­ter­stüt­ze­r:in­nen den Appell im Internet unterzeichnet.

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15 Kommentare

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  • Wenn Lindner diesen Kompromiss blockiert, dann entlarvt er sich endgültig als Klientel-Politiker.

  • NRW-Wahlen gewint man mit Visionen, nicht mit Populismus!

  • "Die versprochene Rentenerhöhung wurde dank der Grünen auch gekappt. "

    Wann verraten Sie endlich mal, was genau Sie damit meinen?



    Rentensteigerungen sind keine spontanen politischen Entscheidungen und können daher auch nicht versprochen werden.



    Sie sind gesetzlich geregelt. Daran wurde aktuell nichts geändert, von niemandem.



    Also, wovon reden Sie?

      • @Yossarian:

        Ja, das ist die Rückkehr in den Normalzustand, da der Rückholfaktor vor einigen Jahren von der rentnerfreundlichen Groko einfach mal so ausgeschaltet wurde.



        Das unterschlägt der Artikel natürlich und diejenigen, die sich nicht an die vorhergehende Schummelei zwecks Wahlkampfgeschenk erinnern können, fühlen sich natürlich gleich mal wieder benachteiligt.....

        • @Life is Life:

          Na, wenn Sie so argumentieren, dann möcht ich doch die Rückkehr zur Rente von 1998. Das wär dann für mich der "Normalzustand".

    • RS
      Ria Sauter
      @Life is Life:

      Davon ist die Rede. Und das wurde auf Betreiben der Grünen veranlasst:

      www.versicherungsb...entenerhohung-aus/

      Suchmaschinen geben Antworten! Wenn man nicht betroffen ist, geht diese Ungerechtigkeit einfach unter.

      • @Ria Sauter:

        Ah, dachte ich mir schon, dass Sie das meinen.



        Tatsächlich führt diese Lösung wieder auf die ursprüngliche gesetzliche Regelung zu Rentenanpassungen zurück, die von der Groko vor einiger Zeit ausgesetzt wurde, um ihr Wahlvolk (Rentner) nicht zu verärgern.



        Rentenanpassungen stellen sicher, dass Rentenbeziehende an der Steigerung der Nettolöhne derjenigen, die ihre Renten bezahlen, partizipieren. Das gefällt allen, wenn die Nettolöhne steigen.



        Sollten die Nettolöhne mal sinken, gibt es sogar eine Regelung, die sicher stellt, dass es keine negative Rentenanpassung, sprich Rentensenkung, gibt. Stattdessen gibt es in dem betreffenden Jahr eine "Nullanpassung", währen die Beitragszahlenden tatsächlich Einkommenssenkungen erfahren.



        Wenn dann in den kommenden Jahren die Entwicklung der Nettolöhne wieder eine Rentensteigerung ergibt, wird diese allerdings mit der nicht umgesetzten Rentenkürzung des vorhergehenden Jahres verrechnet. Sprich: sie fällt dann geringer aus und kompensiert den Vorteil der nicht erfolgten Negativanpassung.



        Hier hat die Groko vor einigen Jahren einfach mal diese Verrechnung ausgesetzt mit der Folge, dass sinkende Nettoeinkommen der Beitragszahlenden sich überhaupt nicht auf die Rentenanpassungen auswirken.



        Wir sind jetzt also einfach wieder zurück bei der ursprünglichen Regelung, die wieder gerechte Verhältnisse zwischen Beitragszahlenden und Rentenbeziehenden herstellt.



        Betroffen sind hiervon übrigens sowohl Beitragszahlende als auch Rentenbeziehende, denn jeder von uns wird im Laufe seines Lebens beides sein. Und vorbeigegangen ist dies an mir tatsächlich nicht, weil ich eben nicht immer nur von der Seite blicke, die mir einen vermeintlichen Vor- oder Nachteil bringt.



        Ich war im Gegenteil sogar sehr empört über die Schummelei der Kroko!

  • Na klar, immer raus mit dem Geld.



    Mobilitätsgeld ist genau so Käse wie die Kilometerpauschale.

  • taz: "Für die Arbeitgeber wäre damit keine finanzielle Belastung verbunden, denn sie würden entsprechend weniger Lohnsteuer an den Staat überweisen."

    So kennt man die SPD. "Wohltaten" für die Arbeitnehmer gibt es nur, wenn die Arbeitgeber auch etwas davon haben. Für Hartz IV Empfänger und Rentner ist aber auch weiterhin kein Geld da. Aber bestimmt bekommt Arbeitsminister Heil demnächst eine Erhöhung seiner Bezüge, denn mit den lumpigen 16.440 Euro Ministergehalt im Monat, kommt man als "sozialer" SPD-Politiker ja gerade einmal so über die Runden.

  • Wer mobil sein will, der muss Opfer bringen. Oder wenn jemand meint, er müsse mobil sein, dann soll er sich Alternativen überlegen.

    Dass die PArtei der Besitzenden, Aktionäre und anderen reichen Geld nur an Bedürftige zahlen will, halte ich für ausgeschlossen. Von denen weiß ich nur einen positven Satz, der vom jetzigen Vorsitzenden und Bankrotteur(welch eine Qualifikation für einen Finanzminister!) : Besser nicht regieren, als schlecht regieren. Das sollten sich die Grünen hinter die Ohren schreiben.

    • @fvaderno:

      Haben Sie auch einmal reflektiert, dass Mobilität ein zentrales Element von Leben und Wirtschaft ist und damit Nutzen für alle stiftet? Sie scheinen sehr privilegiert zu sein, wenn Sie die Aussage “ …Wer meint mobil zu sein, solle sich halt Alternativen überlegen…” von sich geben können. Für mich ist ihre Einstellung sehr fragwürdig und gepraegt von einer wenig sozialen Sicht Der Dinge.

  • RS
    Ria Sauter

    Wieder einmal sind Rentner/innen aussen vor. Wer knapp über der Mindestrente liegt geht leer aus.



    Die versprochene Rentenerhöhung wurde dank der Grünen auch gekappt. Selbst aber Coronabonus einsacken und erst nach Bekanntwerden zurückgeben.



    Ich habe diese lebensfernen Entscheider/innen so satt. Um das höflich auszudrücken.

    • @Ria Sauter:

      Die einen erben Milliarden weil ihre Familie unter Hitler gut verdient hat, und die anderen haben ein Leben lang in "system-relevanten" Jobs gearbeitet und müssen aufs Alter Flaschen sammeln.

      Nennt man Leistungsgesellschaft. /s

  • Also Hilfe nur für Arbeitnehmer?