Wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine: Strafanzeige gegen Putin
Zwei frühere FDP-Minister:innen gehen gegen die Verantwortlichen von russischen Kriegsverbrechen vor. Die Anzeige führt zehn Tatkomplexe auf.
Angezeigt wurden Russlands Präsident Wladimir Putin und weitere 32 hochrangige Politiker, Militärs und Geheimdienstler. Hinzu kommen alle Kommandeure und Soldaten von bestimmten russischen Brigaden, Divisionen und Regimenten. Die beiden FDP-Politiker:innen beziehen sich dabei auf Daten des ukrainischen Militärgeheimdienstes, der regelmäßig im Internet die Namen von russischen Soldaten veröffentlicht, die im Kontext von Kriegsverbrechen eingesetzt waren.
Bei der Bundesanwaltschaft sind schon Dutzende Strafanzeigen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg eingegangen, doch die Anzeige der beiden FDP-Politiker:innen dürfte die bislang fundierteste sein. Die Strafanzeige, die der taz vorliegt, hat 41 Seiten. Ausgearbeitet wurde sie vom Kölner Anwalt Nikolaos Gazeas und seinem ukrainischen Kollegen Andrej Umansky.
„Kriegsverbrechen verjähren nicht“
Exemplarisch wurden zehn Tatkomplexe herausgestellt – von der Tötung von Zivilist:innen in Butscha über die Angriffe auf das Atomkraftwerk Saporischschja und die Entbindungsklinik in Mariupol bis zum Einsatz von Streumunition unter anderem in Kharkiv.
Die Anwälte legten dar, dass es sich dabei jeweils um Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelt. Diese sind nach dem seit 2002 geltenden Völkerstrafgesetzbuch auch dann in Deutschland strafbar, wenn der Tatort im Ausland lag und keine Deutschen unter den Täter:innen und Opfern sind.
Zwar kann Generalbundesanwalt Peter Frank auf Ermittlungen verzichten, wenn sich die Täter:innen nicht in Deutschland aufhalten. Anwalt Gazeas hofft aber, dass Frank dennoch Haftbefehle erlässt, die dann über Interpol weltweit vollstreckt werden könnten.
„Die Aufklärung der Kriegsverbrechen sollte nicht erst nach Beendigung des Konflikts beginnen“, sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Und Anwalt Gazeas ergänzte: „Wenn nur ein Soldat wegen der Signalwirkung der Anzeige auf ein Kriegsverbrechen verzichtet, hat sich der Aufwand gelohnt.“ Anders als für Putin und seine Minister gelte für Kommandeure, Soldaten und Geheimdienstler keine Immunität. „Kriegsverbrechen verjähren nicht“, betonte Gerhart Baum.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt