Warnungen vor Aus für Deutschlandkarte: Stendal streicht 49-Euro-Ticket
Der Landkreis Stendal fürchtet Zusatzkosten und steigt aus dem Abo aus. Kund:innen sind verunsichert. Verbände warnen vor den Folgen.
Es wäre „auf jeden Fall der Tod des Deutschlandtickets“, wenn mehrere Kommunen aus dem Abo aussteigen, sagte Detlef Neuß, der Bundesvorsitzende des Fahrgastverbands Pro Bahn, im MDR-Fernsehen. Stendal ist bundesweit der erste Kreis, der sich aus dem Deutschlandticket herauszieht. „Wir müssen unbedingt einen Dominoeffekt verhindern“, sagte auch Dirk Flege, Geschäftsführer des Verkehrsbündnisses Allianz pro Schiene, der Deutschen Presse-Agentur.
Im Landkreis Stendal wohnen rund 112.000 Menschen, er liegt im Nordosten Sachsen-Anhalts. Warum nun sollen die Busse dort nicht mehr mit dem 49-Euro-Ticket nutzbar sein? Um die Mehrkosten zu decken, die Stendalbus durch das Deutschlandticket, höhere Energie- und Personalkosten entstehen, will das Unternehmen die Tarife um 14,8 Prozent erhöhen. Im Rahmen des Deutschlandtickets ist jedoch geregelt, dass die Preise für Fahrgäste nur um 8 Prozent steigen dürfen – die Differenz wäre am Landkreis hängen geblieben, der Kreistag hat für die ersten vier Monate im Jahr 2024 mit Zusatzkosten von rund 40.000 Euro gerechnet.
Die Übernahme ebendieser Zusatzkosten haben 14 Abgeordnete, vor allem aus CDU, FDP und der Wählergemeinschaft Pro Altmark abgelehnt. 13 Abgeordnete stimmten mit Ja, mehrere enthielten sich – oder waren, wie die beiden Grünen-Vertreter:innen, nicht anwesend.
Stendalbus will schnell Alternativen bieten
„Diejenigen, die den Beschluss abgelehnt haben, hatten dafür kaum Argumente“, im Kreistag sei nicht wirklich debattiert worden, kritisiert Mario Blasche, Linken-Vorsitzender in Stendal. Ihn erreichten nun tagtäglich Anfragen von Pendler:innen, die nicht wissen, was die Entscheidung für sie bedeutet – vor allem, weil die Kündigungsfrist für das Deutschlandticket für Januar 2024 bereits am 10. Dezember verstrichen ist.
Laut Stendalbus gilt es nun, schnell Alternativen zu finden und den Abonnent:innen lokale Fahrkarten zu bieten. Am Donnerstag entscheidet das Land Sachsen-Anhalt über den Haushalt, der auch Gelder für den ÖPNV in Landkreisen vorsieht. Möglich, dass das zunächst verhindert, dass andere dem Beispiel Stendals folgen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid