piwik no script img

Warnung vor „Hamburg enteignet“Verfassungsschutz im Klassenkampf

André Zuschlag
Kommentar von André Zuschlag

Die Volksinitiative „Hamburg enteignet“ geht an den Start – und der Verfassungsschutz warnt davor. Diese Einmischung ist ein Unding.

Nimmt der Hamburger Verfassungsschutz in den Blick: Forderung nach Enteignungen Foto: Markus Scholz/dpa

berpünktlich ist der Hamburger Verfassungsschutz diesmal zur Stelle: Schon einen Tag, bevor die Ak­ti­vis­t:in­nen von „Hamburg enteignet“ mit ihrer Volksinitiative an den Start gehen, bemüßigt sich das Landesamt noch schnell mit einer Warnung: Da mischen gewaltorientierte Linksextreme mit, liebe Bürgerinnen und Bürger, lasst bloß die Finger davon!

Auf plumpe, aber perfide Weise versucht der Hamburger Verfassungsschutz letztlich nicht nur die Initiative, sondern die Idee von Vergesellschaftung zu diskreditieren – zum Wohle der Profiteure der seit Jahren herrschenden Mietpreiskrise. Die Behörde wird damit zum Klassenkämpfer von oben.

Schließlich mischt sie sich damit in den demokratischen Willensbildungsprozess ein: Was hilft gegen die seit Jahren steigenden Mietpreise in Hamburg? Was ist noch vom Bündnis mit der Immobilienwirtschaft zu halten, das der rot-grüne Senat so preist? Ob die Ziele der Volksinitiative politisch richtig sind und die vorgeschlagene Umsetzung eine kluge ist – darüber lässt sich trefflich streiten.

Klar ist doch aber, dass das Grundgesetz derlei Vergesellschaftungen vorsieht. Und um die legitime Forderung geht es schließlich – egal, wer sich dafür einsetzt. Was also hat sich der Verfassungsschutz hier einzumischen?

Die Antwort ist entsprechend offenkundig: Linke Politik, die ein Problem radikal, nicht nur oberflächlich angehen will und das Gemeinwohl statt des Profits Einzelner im Blick hat, bekämpft der Verfassungsschutz. Da kann er noch so häufig behaupten, dass es den teilnehmenden „linksextremistischen Gruppen“ doch gar nicht um bezahlbaren Wohnraum gehe. Dass sie vielmehr „Kapital aus den Nöten der Menschen“ schlagen wollten. Doch wer spricht hier vom Kapital? Diesmal der, der sich zum Büttel dessen macht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

André Zuschlag
Redakteur taz nord
Jahrgang 1991, hat Politik und Geschichte in Göttingen, Bologna und Hamburg studiert. Von 2020 bis August 2022 Volontär der taz nord in Hamburg, seither dort Redakteur und Chef vom Dienst. Schreibt meist über Politik und Soziales in Hamburg und Norddeutschland.
Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • @RUDOLF FISSNER

    Ich finde die Interventionistische Linke voll dufte.

  • taz: "Verfassungsschutz im Klassenkampf. Die Volksinitiative „Hamburg enteignet“ geht an den Start – und der Verfassungsschutz warnt davor. Diese Einmischung ist ein Unding. [...] Auf plumpe, aber perfide Weise versucht der Hamburger Verfassungsschutz letztlich nicht nur die Initiative, sondern die Idee von Vergesellschaftung zu diskreditieren"

    Schützt der Hamburger Verfassungsschutz eigentlich die Verfassung oder möchte er das Kapital - also das Geld der Profiteure der seit Jahren herrschenden Mietpreiskrise - schützen? Vielleicht sollte der Hamburger Verfassungsschutz sich einmal ein Grundgesetz zulegen und sich den Art. 15 GG anschauen.

  • Herr Fissner macht wie immer unseren Forums-McCarthy.

    • @tomás zerolo:

      Ohne Herrn Fissner wäre es aber in der taz viel langweiliger. Wenn ich in der taz einen sozialen Kommentar geschrieben habe oder etwas nettes und positives über 'Die Linke' äußerte, kann ich sicher sein, dass Herr Fissner sich bald meldet, um mir einen von seinen "berühmten" Gegenkommentaren zu präsentieren.

    • @tomás zerolo:

      Ist die Interventionistische Linke so eine Art Voldemort, dessen Namen man nicht erwähnen darf? Und seit wann steht McCarthy für Transparenz. Laufen da gerade die Pferde durcheinander?

  • Eine Institution wie der Verfassungsschutz bzw. die sage und schreibe 17 verharmlosend so genannten Geheimdienste ist in einer Demokratie grundsätzlich ein Unding.



    Unabhängig davon, wer gerade aktuell im Visier der Dienste ist.

  • taz-Zitat: "(...)...bemüßigt sich das Landesamt noch schnell mit einer Warnung: Da mischen gewaltorientierte Linksextreme mit, liebe Bürgerinnen und Bürger, lasst bloß die Finger davon! (...)"



    Diesbezüglich - und für Hamburg - scheint das Motto zu gelten: Wird der Bürger unbequem erklärt man ihn für linksextrem!

    • @Thomas Brunst:

      Nun ja, wenn die Initiative offen unter ihrem eigentlichen Namen "Interventionistische Linke" aufgetreten wäre, dann wüßte in Hamburg auch jeder sofort, wer damit gemeint ist.

      Die Reaktion auf die Offenlegung der Betreiber der Initiative durch den VS deuten an, dass deren Echo in der Stadt Hamburg seit deren Präsenz auf dem G20 Gipfel wohl nicht so positiv ist wie immer behauptet.