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Foto: Heike Holdinghausen

Waldumbau in DeutschlandAuf dem Holzweg

In Jena stirbt gerade ein Stück Wald, das besonders ökologisch bewirtschaftet wurde. Muss der Waldumbau neu gedacht werden?

V om Bahnhof Jena-Paradies mitten in der Stadt sind es nur wenige Autominuten in ein tatsächliches Paradies: die Wöllmisse ist eine Hochebene, die sich an Jena schmiegt, mit Blumenwiesen, Wäldern, Wanderwegen. Am Parkplatz Steinkreuz führen viele von ihnen vorbei. Einer von ihnen schlängelt sich direkt in den Wald, große Ahorne, Eichen, Buchen links und rechts. Wer jetzt Forstbeamter ist, der darf auf diesem Weg mit dem Auto fahren. Er muss nicht mal auf der Fahrspur bleiben – er kann abbiegen, direkt in den Wald hinein.

Stefan Engeter zum Beispiel und Bernhard Zeiss dürfen das. Engeter ist der Revierförster der Wöllmisse. Zeiss arbeitet ihm als Leiter des Forstamts Jena-Holzland zu. An einem warmen Tag im Herbst steuert Engeter seinen olivgrünen Wagen beherzt vom Weg auf einen schmalen Matschpfad, kurvt einen steilen Hang hinunter und ein paar Meter später wieder herauf, Zweige streifen die Fenster. Schließlich hält er an, öffnet die Tür: Stille. Kein Wind, kein Laut, so schön still, wie es nur mitten im Wald sein kann, mit ein wenig Specht-Gequietsche im Hintergrund.

Die beiden Forstleute sind in den „Hirschruf“ gefahren, so heißt diese Stelle des Waldes, um sie dem Forstwissenschaftler Henrik Hartmann zu zeigen. 16 Baumarten wachsen auf diesem kleinen Plateau im Hügelland, Traubeneiche, Rotbuche, Hainbuche, Winterlinde, Bergahorn, Feldahorn, Spitzahorn, Esche, Eberesche, Elsbeere, Birke, Gemeine Kiefer, Schwarzkiefer, Fichte, Lärche und Eibe. Das gesamte Waldgebiet liegt in einem Gebiet der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH). Einige der hohen Bäume auf dem lichten Plateau tragen einen Ring aus schwarzer Farbe. „Die habe ich vor zwei Jahren ausgesucht und gekennzeichnet, weil sie besonders vital waren“, sagt Engeter, „als Zukunftsbäume.“

Sie sollten heranwachsen, die „Zukunftsbäume“, zu stattlichen Exemplaren. Sie sollten sich vermehren und irgendwann, vielleicht in 100, 150 Jahren, hochwertige Bretter für Möbel liefern. Und jetzt? „In zehn Jahren sind die vermutlich tot“, sagt Zeiss. „Oder in fünf“, sagt Hartmann.

Der Forstwissenschaftler leitet das neue Julius-Kühn-Institut für Waldschutz, das auf Initiative der ehemaligen Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner in Quedlinburg gegründet und im Winter von ihrem Nachfolger Cem Özdemir eröffnet worden ist. Als Teil des Bundesforschungsinstituts für Kulturpflanzen ist es eine Behörde des Agrarministeriums. Auf Hartmann und seinen Mitarbeitern liegen große Hoffnungen der Förster:innen, denn unter ihnen herrscht derzeit eine große Ratlosigkeit, sagt Zeiss. Die schwarzen Ringe auf den Zukunftsbäumen von vor zwei Jahren sehen nämlich aus wie Trauerflor: Kahle Äste ragen in den Himmel, einige sind schon abgebrochen, hell scheint die Sonne durch die dürren Kronen.

„Vor einigen Jahren sind die Fichtenbestände zusammengebrochen“, sagt Zeiss, der mit seinen orangefarbenen Arbeitshosen und dem schmalen Zöpfchen am Hinterkopf eher unkonventionell für einen Förster daherkommt. „Sie sind Stürmen und Borkenkäfern zum Opfer gefallen.“ Die Buche als typische mitteleuropäische Art galt als der Baum der Zukunft. Schnell habe sich herausgestellt: „Die schafft es in vielen Gebieten auch nicht mehr.“ An ihre Stelle sei die trockentolerantere Eiche gerückt, doch selbst für sie war es die vergangenen Jahre zu heiß, fiel die Niederschlagsmenge zu gering aus. In einigen Wäldern Thüringens und Sachsen-Anhalts pflanzen sie jetzt Weißtannen – die im Schwarzwald gerade großflächig absterben. Es bleibt also ein Experimentieren und Nochmalprobieren mit verschiedenen Konzepten. Die Frage ist: Was tun, wenn alle Rezepte versagen?

Die beiden Waldexperten haben deshalb bei Hartmann angeklopft, dem Wissenschaftler mit dem globalen Blick, der schon in Kanada geforscht und gearbeitet hat. „Viele unserer Erkenntnisse über erbliche Trockentoleranz stammen gar nicht aus der Forschung an Bäumen“, sagt der 55-Jährige. Diskutiert werden deshalb die Chancen der Epigenetik, also der Möglichkeit, dass sich die Aktivität von Genen durch Umwelteinflüsse verändert. Die Hoffnung: Pflanzen, die unter trockenen und heißen Bedingungen aufwachsen, verändern das Auslesen des Erbguts. Damit können sie sich und ihre Nachkommen besser an die neuen Bedingungen anpassen.

„Fast so gut wie alles, was wir darüber wissen, wissen wir aus der Forschung mit der Ackerschmalwand“, sagt Hartmann. Das kleine Blümchen mit den weißen Blüten wächst überall. „Können wir die Forschung von dieser Krautpflanze auf Bäume übertragen?“, fragt Hartmann. „Das haben wir noch gar nicht geklärt.“ Forschung an Bäumen, selbst systematische Züchtung, habe es bislang wenig bis überhaupt nicht gegeben – weil es bisher nicht nötig erschien. Und nun seien die Wissenslücken so groß wie die Probleme.

Forstmann Zeiss berichtet von Gesprächen mit Kollegen aus Thüringen und Sachsen-Anhalt, die verzweifelt zusehen, wie ihre Buchen- und Eichenstandorte selbst an guten Lagen absterben. Hartmann erzählt von seinen Joggingrunden durch den Quedlinburger Stadtwald, „schön feucht, von der Bode durchflossen, ein wunderbarer Mischwald“. Und trotzdem sehe es dort katastrophal aus, fast ein Zehntel der alten Buchen, Ahorne, Eichen, Hainbuchen und Eschen sterbe dort gerade ab. Die Trockenjahre seit 2017 wirkten nach, den einzelnen Tagen mit extremer Hitze mit weit über 30 Grad seien die Bäume auf Dauer nicht gewachsen.

Der Wald macht gerade einen Wandel durch, auf den ihn die Evolution nicht vorbereitet hat

Henrik Hartmann, Forstwissenschaftler

„Der Wald macht gerade einen Wandel durch, auf den ihn die Evolution nicht vorbereitet hat“, sagt Hartmann, „die Verhältnisse ändern sich zu schnell“. Die Förster hätten das inzwischen verstanden, aber: „Der Naturschutz tut sich da schwerer.“

Mit seinen kurzen Hosen, T-Shirt und Cap könnte der Wissenschaftler selbst für den Naturschutzbund Nabu im Wald stehen. Doch den Gedanken von FFH-Gebieten, die per Definition und mit Managementplänen einen bestimmten „Erhaltungszustand“ erreichen wollen, hält er ökologisch für sinnlos. „Ein Ökosystem lässt sich nicht in seiner Entwicklung einfrieren.“ Unter den Bedingungen, die der Klimawandel jetzt vorgebe, sei dieser Ansatz überhaupt nicht mehr haltbar. „Die Ökosysteme müssen sich anpassen, und viele der vorhandenen Arten haben keine Blaupause dafür, was gerade geschieht“, sagt er. Deswegen müsse der Naturschutz seine Ziele neu definieren“.

Forstamtsleiter Zeiss hört sich das an und nickt. „Nehmen wir an, wir haben hier einen geschützten Waldmeister-Buchenwald“, sagt er, „und die Buchen sterben uns weg.“ Was solle er denn dann bitte machen? Immer wieder Buchen aufforsten? Mit neuen Arten dürfe er im FFH-Gebiet nicht experimentieren, dabei „ist doch der richtige Baum der, der in 50 Jahren noch grün ist, oder?“

FFH-Gebiete sind dazu da, ein einmal erfasstes und beschriebenes Ökosystem zu erhalten. Sie sind eines der wichtigsten Instrumente im europäischen Naturschutz. Hartmann hält es in Anbetracht der schnellen Veränderungen für überkommen. „Wir dokumentieren Lebensräume seit etwa 150 Jahren“, sagt er, „und obwohl das für einen Wald überhaupt kein Zeitraum ist, ist er die Referenz.“ Soll heißen: Was wir heute für schützenswert halten, ist für den Wald im Grunde nur eine sehr kurze Phase in der Evolutionsgeschichte.

Anne Arnold guckt sehr skeptisch in die Kamera, als man ihr in einer Zoom-Konferenz von diesem Waldgespräch erzählt. „Weil in Thüringen die Mischwälder absterben, heißt es nicht, dass das an anderen Standorten auch passiert“, sagt sie, und gegen den Schutzstatus nach FFH spreche das schon gar nicht. Gerade weil der Wald sich in langen Zeiträumen verändere, verfügten wir noch über zu wenig Wissen über die Entwicklung in Schutzgebieten. „Wir müssen systematisch vergleichen, zum Beispiel stark bewirtschaftete und geschützte Buchenwälder“, sagt sie.

Auch Arnold ist Forstwissenschaftlerin an der Forsthochschule Göttingen und arbeitet zudem im Nabu-Projektbüro Waldökosysteme Mittel- und Nordostdeutschland. Auch sie forscht zu Wäldern der Zukunft. Ergebnis: Geschützte Wälder leiden auch unter Hitze und Wassermangel, sind dabei aber stabiler und anpassungsfähiger als stark genutzte Forste. „Sie erholen sich schneller“, sagt Arnold, „das macht den Unterschied zwischen Wald oder nicht Wald, und darum geht es ja inzwischen.“

Förster Stefan Engeter, Forstamtsleiter Bernhard Zeiss (m.) und Henrik Hartmann (r.) im Wald bei Jena Foto: Heike Holdinghausen

Arnold plädiert deshalb dafür, die Waldnutzung neu zu denken und Waldbesitzern zu ermöglichen, auch mit stillgelegten Wäldern Geld zu verdienen: „Die Serviceleistungen des Waldes etwa als Kohlenstoff- und Wasserspeicher müssen honoriert werden“, sagt sie. Wie konkret das geschehen könnte, ist seit Längerem Gegenstand von umweltpolitischen Debatten.

Aber woher kommt dann das Holz, etwa für die Möbelindustrie? „Das ist ein großes Problem“, räumt Arnold ein.

Diese ungelösten Zielkonflikte unter einen Hut zu bekommen, ist Aufgabe des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Dort arbeiten sie gerade an einem neuen Bundeswaldgesetz, das den entsprechenden Landesgesetzen den Rahmen setzen soll, um klimastabile Mischwälder zu schaffen – und den Wald samt Holzproduktion zu retten. Als Leitmotiv nennt das Ministerium, den Wald und seine vielfältigen Ökosystemleistungen wegen ihrer Bedeutung für Klima, für Biodiversität und für die Wertschöpfung zu erhalten.

Zurzeit sei noch genug Holz da, sagt Matthias Dieter, der das Thünen-Institut für Waldwirtschaft in Hamburg leitet, aber in 20 bis 30 Jahren könnte einheimisches Holz knapp werden. Zurzeit wisse niemand, welche Bestände durch die Trockenheit der letzten Frühjahre genau abgestorben seien. „Waren es Bäume, die sowieso bald geerntet worden wären, oder ist uns durch die Trockenheit der Zuwachs für die nächsten Jahrzehnte verloren gegangen?“ Und wie ändere sich die Versorgung, wenn jetzt statt schnell wachsender Nadelhölzer langsam wachsende Laubbäume gepflanzt würden? Mit Spannung erwartet Dieter die Veröffentlichung der Bundeswaldinventur im nächsten Jahr. Alle zehn Jahre wird der Wald vermessen. „Wir werden erfahren, ob es die Bäume überhaupt noch gibt, von denen unsere Berechnungen ausgehen“, sagt der Forstökonom.

An der Frage, wie viel Holz erwirtschaftet werden kann, hängt auch eine Wertschöpfungskette. Es geht auch um Arbeitsplätze

Das wisse man nicht erst im kommenden Jahr, sondern könne man schon aktuell feststellen, widerspricht Anemon Strohmeyer, Geschäftsführerin des Verbands der Holzwerkstoffindustrie. Den „Rückgang des Rohstoffes“ Holz versuchten die Unternehmen durch den Einsatz von mehr Recyclingholz zu kompensieren und sich zudem auch auf den Einsatz von mehr Laubholz vorzubereiten. „Die Rohstoff-Frage ist eine Zukunfts- und Existenzfrage der Holzindustrie und der von ihr abhängigen nationalen Wertschöpfungskette wie Bau, Möbel, Verpackungen“, sagt Strohmeyer. Daran hängt Wertschöpfung, daran hängen Arbeitsplätze.

Um den Holzbedarf auch künftig aus heimischen Quellen zu decken, schlägt Forstwissenschaftler Hartmann vor, „sich von dem allgegenwärtigen Gedanken der Multifunktionalität von Forsten und Wäldern zu verabschieden“. Klassischerweise soll der Wald in Deutschland Holz liefern und zugleich der Erholung dienen und dem Artenschutz als Wasserpuffer und als CO2-Senke fungieren – alles gleichzeitig. „Vielleicht geht das nicht mehr alles zusammen“, sagt Hartmann, „vielleicht müssen wir einige Wälder, die wir besonders wertvoll finden, forstwirtschaftlich stilllegen und dafür auf anderen, landwirtschaftlichen oder ungenutzten Flächen intensiv in Plantagenwirtschaft Holz produzieren“.

Synchron ziehen die Förster Zeiss und Engeter die Augenbrauen hoch, als der Wissenschaftler das vorschlägt, und verschränken ihre Arme vor der Brust. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben die Förster ihre Wälder in den Dienst der rasant wachsenden Volkswirtschaft mit ihrem hohen Rohstoffbedarf gestellt und schnell wachsende Fichten gepflanzt. Als in den 60er Jahren die Wohlstandsgesellschaft den Wald als Freizeitort entdeckte, haben sie Trimm-dich-Pfade und Bänke in die Fichtenforste gestellt, und auf das wachsende Umweltbewusstsein in den 80er Jahren mit einem – zögerlichen – Waldumbau hin zu mehr Mischwald reagiert. In ihrem Selbstverständnis haben die Förster stets den Wald geformt, der nachgefragt wurde.

Und nun: gemanagte Plantagen hier, Urwald dort? Das ist für Engeter und Zeiss nicht vorstellbar, sie denken eher in eine andere Richtung. Warum muss der Wald immer die Bedürfnisse von Wirtschaft und Gesellschaft erfüllen? Warum können diese sich jetzt nicht nach den Bedürfnissen des Waldes richten?

Vielleicht kommt bald die Zeit der Birken und Pappeln

„Wir haben hier zwar zurzeit ein Überangebot an Fichten- und Buchenholz“, sagt Zeiss, „aber es ist ja absehbar, dass das nicht so bleibt.“ Die Holzindustrie aber poche weiter auf Stammholz, dass in ihre Sägewerke passe. „Wenn die Fichten und Buchen weg sind, vielleicht kommen dann Robinien, Birken, Pappeln“, sagt Zeiss, „auch damit muss die Industrie zukünftig arbeiten können.“

Das allerdings ist nicht so leicht. „Es gibt 70.000 Holzarten weltweit“, sagt Andreas Krause, der Leiter des Thünen-Instituts für Holzforschung in Hamburg. Um sie zu verarbeiten, muss man ihre jeweiligen Eigenschaften kennen. Einzelne Firmen gingen voran, berichtet er, etwa das Unternehmen Pollmeier, das ein Furnierholz aus Buche herstelle. Der Stamm werden geschält, die Schichten neu zu einem Produkt verklebt. Damit schafft es der Hersteller, Buchen als Bauholz einzusetzen, was bisher unüblich ist. „Ihr Werk haben sie völlig neu aufgebaut, extra mitten in ein Buchengebiet“, sagt Krause. „Die aktuelle Diskussion, alte Buchenwälder aus der Nutzung zu nehmen, beobachten andere Sägewerke ganz genau“, sagt Krause. „Die fragen sich, worauf lasse ich mich da ein?“, wenn die Buchenwälder für die Holzwirtschaft ausfallen?

Der wichtigste Grund, warum die Unternehmen nicht noch stärker in innovative stoffliche Nutzungen von Holz investierten, sei aber die hohe Nachfrage nach Holz als Brennmaterial, so Krause. Die Lobbyverbände der erneuerbaren Energien betonen stets, es würden nur Qualitäten verbrannt, die als Bau- oder Möbelholz sowieso nicht genutzt werden könnten. „Das ist ein Märchen“, sagt Krause. Vor allem Pellet-Werke arbeiteten nur mit frischem, sauberen Material, aus dem etwa auch Spanplatten für den Gebäude- oder Möbelbau hergestellt werden. „Die konkurrieren um genau die gleichen Sortimente“, sagt Krause.

So sieht kein „Zukunftsbaum“ aus: Fraßschäden an einem Baum im Waldgebiet Wölmisse Foto: Heike Holdinghausen

Hier treffen sich Krause, Arnold und Hartmann: Die großflächige energetische Nutzung des Holzes in Pelletheizungen oder gar -kraftwerken verkraftet der Wald nicht – nicht hierzulande, nicht global, da sind sie sich einig.

„Wir müssen jetzt versuchen, so viel Wald zu erhalten wie möglich“, sagt Wissenschaftlerin Arnold. Dafür seien längst nicht alle Mittel ausgeschöpft. Dazu gehöre etwa ein Wassermanagement, das nicht nur auf den Forst ziele, sondern die gesamte Landschaft in den Blick nehme: „Wer Moore entwässert, um Ackerflächen zu gewinnen, entzieht auch dem benachbarten Wald Wasser.“ Außerdem müsse man versuchen, die Kronendächer der Wälder geschlossen zu halten, sagt Arnold. Überall dort, wo Lücken entstünden, erhitze sich der Waldboden zu stark, was zu noch mehr Schäden führe.

Derzeit bestimme der Preis für Industrie- oder Energieholz den Wert eines Waldes: „Wenn wir das volkswirtschaftlich anders berechnen, kommen wir doch auf ganz andere Werte.“ Sie schlägt vor, landwirtschaftliche Flächen mit naturschutzfreundlichen Agroforst-Konzepten zu bewirtschaften, also etwa Ackerflächen zwischen Hecken aus schnell wachsenden Gehölzen anzulegen. Nötig sei nicht bloß eine Waldnutzungs-, sondern eine Landnutzungswende. So könne Holzproduktion stattfinden, die wichtig für den Artenschutz sei und zugleich gegen Bodenerosion schütze. „Wir müssen nicht alles aus dem Wald holen“, sagt sie. Es gehe darum, den Wäldern mit einem besseren Wassermanagement und Stilllegungen Zeit zu erkaufen, damit sie sich auf die neuen Verhältnisse einstellen könnten.

„Wir müssen uns Zeit erkaufen“ – diesen Satz sagt auch Henrik Hartmann, als er zwischen den kranken Bäumen am Hirschruf steht. Aber er meint etwas anderes als Arnold: „Artenreiche Wälder streuen die Risiken“, sagt er, und natürliche Waldentwicklung sei unsere größte Chance: „Aber langfristig werden wir uns in einigen Regionen von den Wäldern, wie wir sie kennen, verabschieden müssen.“ Das heiße nicht, dass die Baumarten, die jetzt hier wüchsen, komplett verschwinden müssten. Aber sie würden nicht mehr so hoch wachsen, lichter vielleicht. Förster Engeter blickt nach oben. „Aber ein Wald bleibt das“, sagt er, „das ist schon mein Ziel, dass ich den erhalte.“

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19 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Wir haben die Natur mit stetiger Zunahme ausgebeutet. Selbst jetzt, da sie kurz vor dem Kollabieren ist, suchen wir krampfhaft nach Wegen, damit weitermachen zu können.

    Bäume und Wälder sind vor allem komplexe Lebensräume für unzählige Lebewesen.



    Aber außer dem Homo sapiens hat ja scheinbar keine Spezies Lebensrecht auf diesem Planeten. (Was Wunder, - so wie der Mensch sogar mit seiner eigenen Gattung verfährt ...)

    Artenschutz? Ein Hohn.

    Als nächstes fliegen uns schon bald die Ozeane um die Ohren, - also noch schnell ran und die Rohstoffe aus der Tiefsee bergen!

    Wir sägen uns den Ast ab, auf dem wir sitzen. Und gleichzeitig reißen wir die Wurzeln unseres Baumes aus dem Boden.

  • taz: "Sie sollten heranwachsen, die „Zukunftsbäume“, zu stattlichen Exemplaren."

    „Zukunftsbäume“? Nun ja, der Blick in die Zukunft ist ja bekanntlich immer sehr schwierig, oder wie Mark Twain es mal formulierte: "Voraussagen soll man unbedingt vermeiden, besonders solche über die Zukunft". Das Wort „Zukunftsbäume“ ist natürlich auch wieder so ein Begriff aus der Forstwirtschaft. Wer sich auch mal das Wort 'Forstwirtschaft' etwas genauer anschaut, dem fällt vielleicht auf, dass darin das Wort 'Wirtschaft' steckt. Wälder sind viele Millionen Jahre ohne den Menschen ausgekommen - und natürlich auch besser ausgekommen - denn Wälder waren keine von Forst"wirten" angelegten nachwachsenden Werkstoffe die man zu Geld machen möchte, sondern Bäume sind Lebewesen die für uns kleinen "Sauerstoffatmer" erst das Leben ermöglichen. Aber bringe so etwas mal einem Wirtschaftsmenschen bei, der nur in Dollar und Euro denken kann.

    Der Förster Peter Wohlleben, den die "Abholz-Lobby" immer gerne als Spinner hinstellen möchte - damit die Wälder weiterhin in den Fabriken zu unnützen Dingen verarbeitet werden können - sagt ja schon seit Jahren, dass man mit dem Irrsinn aufhören muss und der Wald wieder ein normaler Wald sein soll/darf (momentan sind Wälder ja nur anfällige Monokulturen, also kränkelnde Fichtenwälder), aber der Homo idioticus (wer hat den Menschen eigentlich mal 'sapiens = weise, klug' genannt?) wird sicherlich das klimaschädliche Monopolyspiel bis zum bitteren Ende weiterspielen und auch noch die letzten Bäume vernichten – auch wenn er einige Bäume jetzt ganz theatralisch „Zukunftsbäume“ nennt.

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Plantagenwirtschaft ist das Ziel der Bau-, Maschinen-, Holz- und Forstindustrie. Nicht blenden lassen von betulichen Erklärungen.



    Das wird z. B. auch erkennbar, wenn Bürger genaue Daten über die Baumartenverteilung in den Forsten erfahren möchten, die in öffentlichem Besitz sind. Das sind schließlich die Forsten der Bürger. Wer das prüfen möchte, braucht das nur mal dort zu erfragen.

  • "Wir müssen uns Zeit erkaufen".

    Nein, müssen wir nicht. Wir müssen vom Kaufwahn, vom Kaufzwang wegkommen. Verwertungslogik, Profitstreben und Renditedenken aufgeben. Loslassen.

    Die hemmungslose Ausbeutung von Mutter Erde ist am Ende angelangt.

    Versteht die Menschheit dies nicht, wird sie leider vom Antlitz dieses wunderschönen Planeten gefegt. Einfach so.

  • Am Einfachsten wäre es, statt diese Diskussion immer wieder neu anzufachen, einfach die Geschichte des Nationalparks Bayr. Wald zu betrachten. 30 Jahre lang glaubte man nicht an einen selbstständigen Umbau der Natur hin zu einem Urwald. heute wissen wir, ohne Menschen geht es am besten. Leider aber wird eher Glyphosat als Reetter angepriesen werden, als die Natur selber

  • Beim BUND Stuttgart steht:



    /



    "In Deutschland gibt es auch viele Arten, die mit Trockenheit klarkommen. Anstatt jetzt die exotischere Edelkastanie zu pflanzen, setzen wir lieber auf heimische Arten wie Spitzahorn, Kirschen die Elsbeere oder Eichen. Aber auch Fremdländer wie die Douglasien kommen in Mischung vor. Die Mischung macht es aus. Wenn wir jetzt wieder nur auf eine Baumart setzen, weil sie so klimaresistent ist, haben wir in ein paar Jahren vielleicht das gleiche Problem wie mit den Fichten."



    /



    Konzepte gibt es schon, aber die Zeitfenster sind klein.



    Der Buchautor Martin Janner hat als Forstwirt auch einen mehr populärwissenschaftlichen Beitrag geleistet.



    Mit Züchten ganz ohne Genschere wird es wohl eine Herkulesaufgabe zur Waldrettung durch Umbau werden.

  • Ein Lösungsansatz,



    weg mit der Holzverbrennung für Heizungszwecke ein Irrweg ohne Gleiches!



    Die Feinstaubbelastung der Umwelt ( besonders an windarmen Tagen) ist unverzeilich hoch und die Gesundheitsgefährdung enorm.



    Schluss und zwar sofort, mit dem offenen Kamin, hier lohnt sich ein Verbot allemal.

  • Bäume sind Lebewesen. Sie sollten Rechte haben. Bäume sind mehr als Lebensraum und CO2-Speicher und schön. Solange sie im Wald stehen, sind sie auch Sauerstoff-Lieferanten; verbaut oder verbrannt sind sie das nicht mehr. Der meiste Sauerstoff wird von Meeresalgen produziert? Der bleibt aber im Meer; Fische brauchen auch Sauerstoff. Unser Recht auf Möbel muss da zurückstehen.



    Plantagen? So sind wir in diese Situation gekommen! Unter den zukünftigen Bedingungen werden die angedachten Baumplantagen eingehen, bevor die Bäume für Zahnstocher taugen.



    Der Wald sollte in Ruhe gelassen werden. Es werden sich neue Arten etablieren, denn Samen können sehr weit reisen, oder es wird keinen Wald mehr geben. Kakteen? Tannen? Noch ist nicht einmal klar, wie sich das europäische Klima entwickeln wird, wenn in ein paar Jahren oder Jahrzehnten der Golfstrom versiegt. Er schwächelt schon.

  • Das größte Problem sind nicht Trockenheit oder Wärme, sondern, dass nur Lösungen innerhalb der bestehenden Waldwirtschaft gesucht werden. Ein bewirtschafteter Wald büßt massiv an eigener Widerstandskraft ein. Gründe sind die Monokulturen, das etwa gleiche Alter der Bäume, die sinkende Artenvielfalt und Dichte von Pilzen und anderen Mikroorganismen verursacht durch die genannten Monokulturen und der Fragmentierung durch Bodenverdichtung aufgrund der schweren Arbeitsgeräte, welche die vielen Schneisen nutzen. Ein gesunder, heimischen Laubwald ist in der Lage auch Dürren von mehreren Jahren zu überstehen. Diese zwei Jahre Dürre die wir erlebt haben war noch nichts im Vergleich zu dem was hier klimatisch mit oder auch ohne Klimawandel möglich ist. Die Bäume werfen in solche Phasen ihr Laub ab und nach etwa 1 bis 2 Jahren grünt der Baum wieder. Solche Dürren gab und gibt es in der Regel alle paar hundert Jahre. Nadelbäume sind bis auf Kiefern auf sandigen Böden und boreale Nadelbäume in den Hochgebirgen in unseren Breiten absolut standortsfremd und wären ohne menschliches zutun nach wenigen Generationen verdrängt. Naturnahe, minimal und ohne schweren Maschinen, oder nicht bewirtschaftete, natürlich gewachsene Laubwälder wären das Rezept. Mit dem ganzen Thema Mischwälder oder neue Arten suchen möchte man sich nur die Wirtschaftlichkeit bewahren.

    • @Oh Mann:

      Ihre These mit im 1-2 Jahren kommt das Laub wieder bei einem Baum der bei einer großen Trockenheit sein Laub abwirft sollten Sie prüfen. Im südlichen Afrika der Bushmans Candle vllt.? Buche usw. sicher nicht.

    • @Oh Mann:

      Genau so ist es.



      Ich untersuche die Situation gerade in viel schneller wachsenden bewirtschafteten Sekundärwäldern in Costa Rica. Es gibt noch genug Wasser, das ist überhaupt kein Problem.



      Wenn man sich allerdings die Bodenbeschaffenheit im gegensatz zu einem Urwald ansieht, weiß auch jeder Laie sofort, wo das Problem liegt.



      Die Wassermengen kommen überhaupt nicht in den verdichteten humuslosen Boden und fliessen sofort ab, mit Erosion als Folge.



      Mikroorganismen kommen kaum noch vor, was einen gesunden Nährstoffhaushalt verhindert. Bäume wachsen in solchen Verhältnissen viel langsamer, als in Urwäldern. Empfindliche Arten sterben ab und lassen sich garnicht erst anpflanzen.

    • @Oh Mann:

      Na ja, wenn der Grundwasserspiegel absinkt ist das schon ein Problem. Was Sie beschreiben sind die Träume unserer Umweltschutzverbände.

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Über Bodenverdichtung wird nicht gesprochen. Sie wird weder systematisch und umfassend erfasst noch ausreichend beforscht.



    Ohne dies wird es keine gesamtökologisch zielführende Wald- und Landnutzungswende geben können.

  • Vielleicht muss man sich angesichts des Klimawandels halt doch von den einheimischen Bäumen verabschieden, wenn Fichte, Buche und selbst Eiche das neue Klima nicht mehr aushalten, und hitze- und trockenresistentere Bäume aus anderen, südlichen Gefilden anpflanzen...?

    • @Herumreisender:

      Es gibt ja mehr Folgen der Klimakrise und damit "Belastungsfaktoren" für die Wälder als Hitze und Dürre (Brände nicht vergessen): Starkregen, Hagel, Sturm, vermehrter Blitzschlag besonders in Bergregionen ... Wald/Bäume müssen also viele verschiedene Belastungen aushalten. (Einfache) Lösungen im bestehenden System wird es offenbar nicht geben. Weniger Nutzung scheint eine zu sein. Hieraus müsste auch anderes Wirtschaften (zumindest Holzwirtschaft ohne Wachstum) und anderer Konsum folgen. "Technologieoffene" Lösung wie Pelletheizungen müssten beschränkt werden. Aber das begreifen Parteien wie die Spaßpartei mit ihrer Wachstumsdoktrin nur bedingt. U.a. die vermeintlichen Profis sägen an dem Ast, auf dem die Gesellschaft sitzt. Die Ärmsten bekommen das zuerst zu spüren und dennoch werden sie ignoriert.

    • @Herumreisender:

      Das geht mir auch durch den Kopf. Ich denke dabei aber weniger an andere Arten sondern an Varietäten der bestehenden heimischen Arten aus dem Mittelmeerraum.

      Das wäre dann auch nicht mehr der heimische Genpool und von alleine kommen auch die nicht im notwendigen Tempo herüber geflogen.

    • @Herumreisender:

      Bambuswälder so weit das Auge reicht.

    • @Herumreisender:

      Nur hängt da - im Wortsinne - so einiges andere dran an den angestammten regionalen Baumarten. Pilzmyzele, Flechten, Mikroleben aller Art ... das kann man nicht ersetzen, indem andere Baumarten in großem Maßstab angepflanzt werden. Fast immer waren solche Maßnahmen des Menschen zum Scheitern verurteilt.

    • @Herumreisender:

      Die Fichte ist hier außer in den Alpen nicht heimisch. Die meisten Wälder sind Wirtschaftswald, keine Natur.



      Die Frage ob eine "ökologische" Bewirtschaftung solcher nach wirtschaftlichen Kriterien angepflanzten Wälder zielführend ist dürfte ja in Teilen beantwortet sein. Der Klimawandel wird das noch vorantreiben und es ist fraglich ob menschliche Eingriffe das erwünschte Ergebnis bringen. Der Wald wie wir ihn kennen scheint ein Auslaufmodell zu sein.