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Wahlschlappe der FDP in BerlinKeine Besserung in Sicht

Jasmin Kalarickal
Kommentar von Jasmin Kalarickal

Berlin ist für die FDP die fünfte Landtags-Wahlniederlage in Folge. Trotzdem sieht Parteichef Christian Lindner keinen Anlass zur Kurskorrektur.

FDP-Chef und Finanzminister Christin Lindner Foto: Sebastian Gollnow/dpa

S chon wieder. Bei der fünften Landtagswahl in Folge kassiert die FDP eine Niederlage. Seitdem die Liberalen auf Bundesebene mitregieren, können sie keinen Erfolg für sich verbuchen. Die FDP leidet in der Ampel, heißt es.

Doch das Versagen der Partei auf die ungewöhnliche Regierungskoalition im Bund zu reduzieren, greift viel zu kurz. Als die FDP zuletzt von 2009 bis 2013 regierte, tat sie das mit der Union. Intern zerstritten und als „Mövenpickpartei“ verschrien, flog sie danach aus dem Bundestag.

Die FDP leidet demnach nicht an SPD und Grünen, sondern in erster Linie an sich selbst und einer völlig ausgehöhlten Programmatik. Sie muss in einer veränderten Parteienlandschaft klarmachen, warum sie gebraucht wird. Gesellschaftspolitisch will sie moderner sein als die Union, was aber in der konservativ-bürgerlichen Wählerschaft nicht nur begrüßt wird. Finanzpolitisch legt sie Wert auf eine restriktive Finanzpolitik, macht aber Rekordschulden.

Dass Christian Lindner an seiner bisherigen Strategie festhalten will, offenbart nur die beschränkten Handlungsoptionen. Er kann weder hinschmeißen noch komplett in den Krawallmodus schalten. Beides kommt bei Wäh­le­r*in­nen nicht gut an.

Wie viele Niederlagen braucht es, bis es auf Lindner fällt?

Innerhalb der Partei gibt es zwei Ansätze: Die einen wollen mehr „FDP pur“. Andere wollen konstruktiver auftreten und eigene Projekte voranbringen. Wahrscheinlich ist ein Mittelweg. So kündigte Lindner gleich nach der Wahl an, dass man Regierungserfolge besser kommunizieren wolle, aber auch, dass „eine Politik gegen das Auto“ nicht im Interesse der Menschen sei. Das kann als Kampfansage im schwelenden Konflikt um die Planungsbeschleunigung verstanden werden.

Das Dilemma der FDP birgt für das ganze Land die Gefahr, dass sich Verhandlungen innerhalb der Ampel unverhältnismäßig lang ziehen – was sich exemplarisch am Atomstreit zeigte. Erstaunlich ist, dass sich bislang noch alle um den Parteichef scharen. Wie viele Niederlagen kann die Partei noch einstecken, ohne dass es auf Lindner zurückfällt?

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Jasmin Kalarickal
Redakteurin
Jahrgang 1984, ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.
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20 Kommentare

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  • Ob die lütsche FDP nach hier oder dorthin steuert ist doch wumpe und darüber zu debattieren Zeitverschwendung. Verantwortlich snd und waren in Bund, Länder und Kommunen in fast allen Fällen die drei Parteien Grüne, SPD und CDU.



    Planungsbeschleunigung wird es gegen diese drei Parteien gar nicht geben. Nicht mal bei Windkraftanlagen.

  • Die Regierungserfolge besser kommunizieren, ja bitte, denn wo bitte kommen eigentlich all die "Sondervermögen" her, mit denen unsere Bundesregierung so famos regiert?

    Diese Erklärung muss Lindner klipp und klar liefern, um Vertrauen der WählerInnen, nicht nur denen der FDP, sondern denen aller Ampelparteien, zu schaffen. Er ist neben dem Sozialminister der mächtigste Mann hinter dem Bundeskanzler (Frauen sind bei den Top-3 außen vor!). Denn Fakt ist:

    Die WählerInnen sehen sich konfrontiert mit lange nicht mehr gewohnter Inflation bei längst nicht mithaltenden Löhnen, verdoppelten Gas-Abschlagsforderungen trotz gesunkenem Gaspreis, Wohnungsnot, Bahnneubauprojekten bei Heidelberg, die da niemand haben will und auch keiner braucht, bevor die wichtigste aller Strecken, die Rheintalbahn vollständig zukunftsfähig nachhaltig saniert ist - was nützt das 49-Euro-Ticket, wenn das Rückgrat des Bahnnetzes marod ist? Warum ist dafür KEIN Sondervermögen da? Und keines für Wohnungsbau? Und speisen die Sondervermögen nicht die Inflation? Fragen über Fragen, die der Antwort Lindners harren.

    Die FDP wieder sozialliberal - gerne doch, aber erklären muss man's eben doch, wie es funktioniert, ohne eine Schuldenbürde für nachfolgende Generationen zu schaffen. Falls der Kanzler dann mit einem Maulkorb kommt, dreh das Ding um und mach den Wortkargen stumm, Chris!

    Anderenfalls muss stracks gelten: Agnes Strack-Zimmermann strackstens befördern: Parteivorsitz, Finanzministerium, Frauenquote, Gegengewicht zu taffen Ministerinnen anderer Parteien, und die ist nicht auf den Mund gefallen, also eine Waffe gegen Oppositionsführer's Beredtheit :-)

  • 3G
    33556 (Profil gelöscht)

    Es klingt zynisch - aber ich meine es nicht zynisch; ich meine es allenfalls "von meinen politischen Präferenzen gesteuert":



    Lindner, Wissing, Buschmann, Vogel, Theurer und diese Rüstungs-Lobbyistin führen die FDP dorthin, wo sie m.E längst hingehört: Ins politische Aus.



    Un dich hoffe, hoffe sehr, dass sie auf diesem Weg weitergehen.



    Die FDP ist seit der Führung unter den politischen Ränkeschmieden Genscher und Lambsdorf längst nicht mehr das, was sie in die sozial-liberalen Koalition war: Sozial, liberal.



    Zwar auch ihrer Klientel, den Leuten "mit mehr Geld" verbunden - aber das ist in dieser Form dann auch in Ordnung.



    Wenn man allerdings nur noch KLintelpolitik zugusten der REichen macht und "liberal" nur noch darin versteht, dass die wirtschaftlich starken jedes REcht haben, die wirtschaftlich Schwächeren für ihre Zwecke auszunutzen, dann ist der Puntk überschritten, an dem man nach dem Niedergang sagt: Schade dass es diese Partei nicht mehr gibt.



    Man sagt dann: Schade, dass es diese Politik nicht mehr gibt - und gut, dass die Partei verschunden ist.



    So weit ist es (noch) nicht - aber hoffentlich in absehbarer Zeit.



    Es sei den, die FDP-Basis besinnt sich, schickt ihre aktuelle Führung in die Wüste, lässt die Poltik, in der "liberal" nur ein heuchlerisches Etikell ist, hinter sich und kehrt zu echt liberaler Politik zurück.

  • Naja.



    Mal so objektiv betrachtet brauchen wir aktuell halt keine Bremsschuh- und Blockierpartei sondern treibende Kräfte die die aktuellen Probleme angehen.

    In welcher Konstellation auch immer - auf jeden Fall ist's besser ohne die Blockierpartei.

  • Lindner ist einfach zu schön zum Absägen. Selbst eine Freundin mit Verstand sagte mir vor der Wahl, dass sie ihn kanzlertauglicher gefunden hätte als die drei antretenden Kandidat:innen. Bloß weil er halt so nett und seriös wirkt.



    Und hinter der Stirn ein Greis von anno Pief ...

    • @Annette Thomas:

      Lindner nett und seriös? Schön wenn man so humorvolle Freundinnen hat :-)

  • Jünger halten zu ihrem Guru bis zum Ende. Lindner ist erst fällig wenn sie bei der nächsten Bundestagswahl bei unter 5% landen. Mit seiner starren Ideologie ist der Mann null tauglich um auf Krisen zu reagieren.

    • @Andreas J:

      Zum Glück. Denn die FDP und allen voran Lindner verspielt unsere Zukunft und das weil er diese doofe Schuldenbremse auf Teufel komm raus halten will.

  • Die FDP ist eine Partei die sehr ehrlich ist, sie steht ganz klar auf der Seite des Kapitals und je größer das Kapital umso mehr sieht sich die FDP in einer Anwaltschaft. Es wird kaum verschleiert, dass man jetzt schon Starke fördern will und sich auf die Seite der Gewinner stellt um sich die Verlierer mit ihren störenden Bedürfnissen (Gesundheit, gute Bildung für Kinder die so dumm waren sich in arme Familien hineingebären zu lassen, behindertengerechte Ausstattung etc) vom Leib zu halten. Das gilt heute allerdings eher als "asozial" denn als "Leistungsorientiert" und ist für die meisten unattraktiv geworden. Sie haben im Bund einzig und allein wegen Bubatz eine Chance bekommen, denn ein erstaunlich großer Teil der Bevölkerung findet es nicht schön als kriminelle Drogenabhängige zu gelten...wenn sie das nicht durchsetzen können dann war es das endgültig für die FDP.

  • Die FDP versuchte sich in den letzten Monaten mit Verlängerung der AKW-Laufzeiten und schnellerem Autobahnbau zu profilieren. Autobahnbau ist für 95% - im besten Falle - irrelevant, und längere AKW-Laufzeiten ist 80er Jahre. Und das in Zeiten, in denen "nebenan" ein imperialistisch motivierter Eroberungskrieg stattfindet, und die Inflation bei 8% liegt.



    Und da wundert sich irgendjemand, dass die Partei keine Wähler zieht? Du liebe Güte, das war ne Wähler-Ohrfeige mit Ansage.

    • @Kaboom:

      "Autobahnbau ist für 95% - im besten Falle - irrelevant"

      Weil 95% eh keinen PKW haben? Oder weil 95% so glücklich damit sind, dass der LKW Verkehr durch ihren Ort fährt?

  • Die FDP wird nur von ca. 1 % der Gesamtbevölkerung in D gebraucht, nämlich den Superreichen.



    Bin froh, wenn diese Partei endlich wieder aus dem Bundestag und sämtlichen Landtagen fliegt.



    Gut auch, dass Lindner das Problem darin sieht, dass die FDP nicht klar genug zeigt, warum sie in der Ampel ist und deshalb noch radikaler an seiner Sparpolitik festhalten will und somit das Problem der FDP noch vergrößert.

  • " So kündigte Lindner gleich nach der Wahl an, dass man Regierungserfolge besser kommunizieren wolle, "

    besser kommunizieren, oje, wenn dem nichts besseres einfällt, dann sehe ich für die FDP schwarz. Lindner will so weitermachen wie bisher, anstelle die Lage objektiv zu analysieren und dann zu handeln. Schadet z.B. Strack-Zimmermann der FDP anstelle ihr zu nützen? Das alles zeigt wohl dass Lindner ein Teil des Problems ist, und daher von ihm keine Lösung kommen kann. Es wird also so weitergehen..

    • @Gerald Müller:

      " So kündigte Lindner gleich nach der Wahl an, dass man Regierungserfolge besser kommunizieren wolle, "

      besser kommunizieren, oje, wenn dem nichts besseres einfällt, dann sehe ich für die FDP schwarz".

      Was mich an die Schwarzgelbe Koaltion erinnert. Da hieß es (im Wahlkampf) auch man müsse seine Erfolge besser kommunizieren.. Slogan damals:" wer hats gemacht.?..wir hams gemacht". Ergebnis: die FDP flog aus dem Bundestag.

      Die Crux ist also: es ist egal mit wem die FDP regiert. Offensichtlich macht die FDP eben nur eine Politik für 1% der Wähler..

      Insofern ist das mit der Profilierung in der Ampel auch nur ne Ausrede..

      Also bye bye FDP... ;-)

    • @Gerald Müller:

      Ausgerechnet Strack-Zimmermann soll der FDP schaden? Haben Sie dafür irgendwelche Belege?

      Ich würde eher sagen, dass z.B. die Arbeitsverweigerung von Wissing beim Klimaschutz und das generelle Auftreten der Partei als regierungsinterne Opposition und Bremsklotz bei wichtigen Vorhaben schaden. Allerdings gehöre ich auch nicht der FDP-Wählerschaft an...

      • @Ebenenwanderer:

        Dem kann ich nur zustimmen @Arbeitsverweigerung & Bremsklotz.

        Zusätzlich werde ich nie verstehen, wie man ständig nach diesen "Wahlanalysen" dazu kommen kann, dass wenn man nicht gewählt wird, weil man nichts oder nichts hilfreiches tut es bestimmt besser wird, wenn man noch mehr Nichts oder noch mehr Sinnfreies tut und das gleichzeitig noch lauter in die Welt posaunt. Good luck and good bye.

      • @Ebenenwanderer:

        Strack-Zimmermann ist doch einer der lautesten Teile der regierungsinternen Opposition.

      • @Ebenenwanderer:

        "Ich würde eher sagen, dass z.B. die Arbeitsverweigerung von Wissing beim Klimaschutz und das generelle Auftreten der Partei als regierungsinterne Opposition und Bremsklotz bei wichtigen Vorhaben schaden."

        Das Problem der FDP bei ihren eigenen Wählern ist doch nicht, daß die Pläne der Grünen blockiert werden.



        Sondern daß zuviele der Grünen-Pläne durchgewunken werden und Widerstand bestenfalls verbal geleistet wird.

        • @Don Geraldo:

          Klar, wenn wir über die neoliberale Kernwählerschaft reden. Aber ich bezweifle, dass viele, die bei der letzten Bundestagswahl ein Kreuz bei Gelb gemacht haben, wirklich überzeugte Neolibs sind, sondern sich von Tiktok-Quatsch und leeren Versprechen veräppeln ließen. Und bei denen kommt eine Blockadehaltung nicht immer gut an.

  • Jede Werbekampagne (so hoffe ich doch) hat auch mal ein Ende.