piwik no script img

Wahlprogramm der GrünenKampfdrohnen? Ja, nein, vielleicht

Das Nein der Grünen zur Bewaffnung von Drohnen wackelt. Es ist ein unangenehmes Thema für den Wahlkampf. Der Parteitag soll abstimmen.

Heron-Drohne der Bundeswehr, bisher unbewaffnet Foto: Jörg Böthling/imago

Berlin taz | Die Grünen für Kampfdrohnen? Bisher war das schwer vorstellbar. „Wir sind gegen die Beschaffung bewaffnungsfähiger Drohnen für die Bundeswehr“, stand noch 2017 im Programm für den Bundestagswahlkampf. Im Dezember 2020 forderte die Bundestagsfraktion die Regierung auf, vom „Einsatz bewaffneter Drohnen abzusehen“. Mit großer Mehrheit hatten die Abgeordneten die Forderung beschlossen.

Jetzt könnte sich die Partei in der Frage aber bewegen. In mehreren Anträgen für den Parteitag am Wochenende fordern Mitglieder, dass sich die Grünen in ihrem Wahlprogramm für bewaffnete Drohnen öffnen. Dem gegenüber stehen Anträge, die das klare Nein fortschreiben wollen. Bemühungen um einen Kompromiss sind gescheitert, auf dem Parteitag kommt es wohl zur Abstimmung. Klar ist: Der Plan der Parteispitze, das Thema im Wahlprogramm auszusparen, geht nicht auf.

Mit der Drohnenfrage erben die Grünen ein Problem, mit dem sich zuletzt die SPD herumquälen musste. Lange sah es danach aus, dass die Große Koalition eine Entscheidung trifft und das Thema damit abräumt. Am realistischsten schien eine Bewaffnung mit klaren Regeln: keine Drohnenkriege im Stile der USA, stattdessen vor allem Schützenhilfe für Patrouillen der Bundeswehr in deren Einsatzgebieten.

Im Dezember kündigte die SPD-Spitze aber überraschend an, vor der Wahl keine Entscheidung treffen zu wollen. Das Thema sei noch nicht ausreichend diskutiert. Ärgerlich für die Union, die schon lange auf die Bewaffnung drängt. Ärgerlich aber auch für die Grünen, die in möglichen Koalitionsverhandlungen nach der Wahl nicht um das Thema herumkommen werden.

„Einen Beitrag zum Schutz vor Hinterhalten leisten“

Trotzdem wollte der Bundesvorstand die Kampfdrohnen ursprünglich aus dem Wahlkampf heraushalten. Im Entwurf für das Wahlprogramm taucht die Frage mit keinem Wort auf. Verschiedene Änderungsanträge zielen darauf ab, die Leerstelle zu schließen.

Klar gegen die Bewaffnung richten sich Anträge von Basismitgliedern aus der Parteilinken und der Friedensbewegung, aber auch der Bundestagsabgeordneten Katja Keul und Agnieszka Brugger. „Der Einsatz bewaffneter Drohnen hat dazu beigetragen, ganze Regionen zu destabilisieren und Konflikte zu eskalieren“, schreiben sie. Die Schutzwirkung der Drohnen für Sol­da­t*in­nen sei im Vergleich zu herkömmlichen Mitteln gering, unterm Strich überwiege das Risiko.

In drei weiteren Anträgen wird dagegen gefordert, die Bewaffnung zu prüfen oder unter bestimmten Auflagen direkt zu beschließen. Einen der Anträge unterstützt auch eine Reihe von Basismitgliedern, die beruflich im Militär tätig sind. Sol­da­t*in­nen mit grünem Parteibuch sind vielleicht selten, aber nicht mehr ganz so selten wie noch vor einigen Jahren. Mit ihnen kommen neue Perspektiven in die Partei.

Bewaffnete Drohnen könnten zwar die „Hemmschwelle zur Ausübung militärischer Gewalt senken“, aber auch „einen Beitrag zum Schutz vor Hinterhalten leisten“, heißt es in dem Antrag. In der Abwägung sei ihr Einsatz in solchen Fällen richtig, allerdings nur mit strengen Regeln. So solle zum Beispiel jedes Mal der Bundestag informiert werden, wenn eine Drohne eine ihrer Raketen abschießt.

Keine Bewaffnung, Prüfung der Bewaffnung, Bewaffnung mit Regeln: Diese Positionen stehen im Raum. Die Versuche der Antragskommission, einen Kompromiss auszuhandeln, sind gescheitert. Am Mittwoch hat die Parteizentrale den An­trag­stel­le­r*in­nen daher vorgeschlagen, dass der Parteitag über die drei Varianten abstimmt. Der genaue Wortlaut dafür steht noch nicht fest.

Nur ein Minimalkonsens kommt wohl auch ohne Abstimmung durch: „Bewaffnete Drohnen wurden und werden vielfach auch von unseren Bündnispartnern für extralegale Tötungen und andere völkerrechtswidrige Taten eingesetzt.“ So ein Einsatz sei für die Grünen undenkbar.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Mit Drohnen haben die Grünen ein Problem, aber mit der Zustimmung des verfassungswidrigen Angriffskrieges auf de Ex - Bundesrepublik Jugoslawien nicht?



    Ja soll man dann Piloten opfern, wenn diese bequem vom Homeoffize arbeiten können?

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Thomas Borchert:

      Völkermord ist auch gegen das Völkerrecht, Unrecht zu begehen um Unrecht zu beenden ist legitim.



      Außerdem war es kein Angriff man sprang vielmehr den Verteidigern gegen serbische Aggression bei.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    „Der Einsatz bewaffneter Drohnen hat dazu beigetragen, ganze Regionen zu destabilisieren und Konflikte zu eskalieren“, stimmt aber es wurden zugleich Hubschrauber, Flugzeuge, Cruise Missiles und Spezialeinheiten eingesetzt. Militär kann destabilisieren oder stabilisieren das ist kein explizites Argument gegen Drohnen.

    "Die Schutzwirkung der Drohnen für Soldaten sei im Vergleich zu herkömmlichen Mitteln gering" Das müsste man belegen, tatsächlich ist die Fähigkeit den Feind aufzukären, zu bekämpfen und oft tagelang in der Luft bleiben zu können etwas was nur Drohnen können.

    Im Krieg zählt Geschwindigkeit, wenn man eine Aufklärungsdrohne hat und die entdeckt bspw. eine feindliche Artilleriestellung die eine deutsche Basis unter Beschuss nehmen will und man muss erstmal Kampfflugzuge anfordern geht viel Zeit verloren die im Zweifelsfall Leben kostet.

    Azerbaijan hat gezeigt wie entscheidend Drohnen in einem modernen Krieg sein können.

    • 9G
      97287 (Profil gelöscht)
      @83379 (Profil gelöscht):

      Wegen der Drohnen , eingesetzt durch die Türkei, herrschen in Azerbaijan/ Armenien sowie Libyen einigermaßen stabile Verhältnisse in einer vorher unruhigen Gegend. Ist also nicht so schlecht. Außerdem, wenn vorher durch Geistliche gesegnet , können diese Drohnen doch viel Gutes tun.

  • „einen Beitrag zum Schutz vor Hinterhalten leisten“...

    Warum sollten das unbewaffnete Drohnen mittels Aüfklärung nicht können?

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @MC:

      Wenn jede Patrouille von einer oder mehren bewaffneten Drohnen begleitet wird können die auch helfen wenn der Hinterhalt nicht vorher erkannt wird. Flugzeuge müssen erstmal bereit gemacht werden, anfliegen etc.