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Wahlnachlese in HamburgGrüne Party-People

Die Grünen wollen ihren Wahlerfolg in mehr politischen Einfluss und mehr Posten im Hamburger Senat ummünzen. Die SPD droht mit Gesprächen mit der CDU.

Lassen keine Jubelpose für die FotografInnen aus: Die Grünen bei ihrer Wahlparty Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Hamburg taz | Alles wirkt ein wenig inszeniert und auch ein wenig drüber auf der grünen Wahlparty. Der Einzug der grünen Gladiatorinnen, Katharina Fegebank, Annalena Baerbock und – sich immer ein bisschen mit ins Bild drängelnd – Landeschefin Anna Gallina. Selbst die Schnitte und Farben der Kleider der Frauen sind perfekt aufeinander abgestimmt, und auch der Jubel ist durchchoreographiert: Erst frenetischer Beifall, dann fliegen Sonnenblumen durch die Luft, später wagen Fegebank und Baerbock ein vermeintlich spontanes Tänzchen.

Fraktionschef Anjes Tjarks lässt sich von der Basis auf Händen tragen, damit die Botschaft bloß ankommt: Auch wenn die Grünen die SPD haben davonziehen lassen müssen und Fegebank nicht Erste Bürgermeisterin wurde – sie sind die Wahlgewinner. Die einzige Partei, die massiv Stimmen dazugewonnen hat. Aus grüner Sicht muss es in den Analysen darum gehen, dass sie ihren Stimmanteil fast verdoppelt und die CDU weit hinter sich gelassen haben, nicht darum, dass sie den Kampf um Platz eins deutlich an die SPD verloren haben.

Die Inszenierung des Sieges ist bereits das Vorspiel zu den Koalitionsverhandlungen­ mit der SPD. „Die können schon wieder vor Kraft kaum laufen“, klagt eine grüne Funktionsträgerin über den bisherigen Koalitionspartner. Sieben Prozent verloren, bundesweit am Boden, nun einmal gepunktet und schon wieder von sich selber berauscht. So nehmen viele Grüne die SPD wahr. Deshalb gilt es, den erfolgstrunkenen­ Sozis in den anstehenden­ Gesprächen ein gesundes Selbstbewusstsein entgegenzusetzen. Winner meets Winner.

Je mehr es den Grünen gelingt, in der öffentlichen Meinung zu etablieren, dass es der Wunsch der WählerInnen ist, dass die Partei mehr Einfluss hat, umso schwieriger wird es der SPD fallen, mit dem Wahlverlierer CDU zu flirten, um die Grünen­ und ihre Forderungen in den Verhandlungen klein zu halten. Koalitionsbildung ist auch Psychologie.

Die Inszenierung des grünen Sieges ist das Vorspiel zu den Koalitionsgesprächen

Die Verdoppelung der WählerInnenstimmen muss nach der politischen Logik zu mehr Macht führen. Der „grüne Anbau“, wie Ex-Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) den Koalitionspartner vor fünf Jahren nannte, ist zum fast gleichgroßen Teilbau geworden. Inhaltlich wird ein Entgegenkommen nicht schwierig: Mehr Geld für den schnelleren Ausbau der Fahrradwege und die Verkehrs- und Klimawende wird es sicher geben, hier liegen Rot und Grün inzwischen nahe beieinander.

Was noch? Mehr Posten für die Grünen natürlich, die ein bis zwei Behörden mehr führen wollen als bislang. Jens Kerstan (Umwelt), Katharina­ Fegebank (Wissenschaft) und vermutlich auch Till Steffen (Justiz) dürften im Senat bleiben.

Aber auch Fraktionschef Anjes­ Tjarks drängt mit Macht in den Senat.­ Er ist nach Fegebank mittlerweile die Nummer zwei bei den Hamburger Grünen. Und seine Lieblingsthemen – Hafen und Verkehrswende – machen ihn zum Kandidaten für das Amt des Wirtschafts- und Verkehrssenators. Doch in genau­ diesen Bereichen möchte die SPD die Hände am Steuer behalten – ein Machtkampf ist hier programmiert. Das Amtsinhaber Michael Westhagemann parteilos ist, könnte es Tjarks leichter machen, den Senatsjob­ zu ergattern.

Einfacher wird es, Landeschefin Gallina zu versorgen. Es muss noch eine grüne Frau Senatorin werden, damit die Quote stimmt. Gallina wäre gerne Sozialsenatorin, doch diesen von der SPD-Parteichefin Melanie Leonhard besetzten Posten wird die SPD nicht räumen. Zur Debatte stehen könnte aber das Gesundheits- und Verbraucherschutzressort. Die 63-jährige, amtsmüde wirkende Amtsinhaberin Cornelia Prüfer-Storcks hat in der SPD keine große Hausmacht.

Viele Grüne wünschen sich auch die frühere Bürgerschaftsabgeordnete Stefanie von Berg als Schulsenatorin.­ Doch die ist nun Altonaer­ Bezirksamtsleiterin und soll das wohl auch bleiben.

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5 Kommentare

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  • „Die können schon wieder vor Kraft kaum laufen“, klagt eine grüne Funktionsträgerin

    Ja, wirklich? Die SPD hat verloren und zwar sehr deutlich.

    Dass die SPD sich feiert, liegt einzig und alleine daran, dass die Grünen die SPD mit Hilfe von CDU und FDP absetzen wollten. Dieses Unterfangen hatte die Führung aber nicht wirklich durchdiskutiert, so dass sehr viele Grüne es nicht wollten, besonders die Wählen wollten das nicht haben.



    Der absurde Effekt ist aber, dass die SPD deutlich verloren hat, sich aber als Gewinnerinn der Wahlen vermarktet. Und das gelingt ihr - Dank der Grünen. Ohne diesen Eiertanz und die Idee, es müsse eine Fegebank als Bürgermeisterin geben, wäre es so gar nicht gekommen.

    Und eine grüne Schulsenatorin?

    Was soll die machen? Die Stadtteilschulen weiter ruinieren? Das 14-jährige Abitur an der Elbchaussee einführen?

    = Die Grünen haben eine Leiche im Keller, dank Ole von Beust. Wer sich Stadtteilschulen ansehen muss, weil der Nachwuchs nur da hin kan, der liest solche Sätzen: 'Lehrer haben ein Recht unterrichten zu dürfen' oder 'Wir respektieren einander', 'Wir beleidigen uns nicht' - diese Slogans werden da nicht hingehängt, weil es dort so harmonisch, inklusiv und solidarisch abläuft, sondern weil diese Schulen für die Restgrössen gemacht wurden - von den Grünen.

    Und selbst bei Schulen, wo kaum 22 oder 25 Schüler angemeldet werden, heißt es dann, seien Sie mal nicht so optimistisch, ab der 7. Klasse müssen wir die gescheiterten vom Gymnasium integrieren, dann können es auch 31 oder 29 Schüler werden.

    Vielen Dank!



    Wenn ich hier einen Wunsch äußern darf: Bitte keine Grüne im Schulressort. Wenn eine Partei nur in besseren Orten und auf dem Gymnasium zuhause ist, dann merkt man das am Ende. Christa Götsch hat sich jahrelang als links-liberale Politikerin vermarktet, bis sie mit Ole von Beust im Bett lag. Das Ergebnis ist die Stadtteilschule und die Elite-Gymnasien für die Reichen und Gebildeten.

  • Sollen die Sozen doch ne Groko machen. Würde ihnen nicht gut bekommen, jede Wette.

  • "Sieben Prozent verloren, bundesweit am Boden, nun einmal gepunktet und schon wieder von sich selber berauscht."



    Nun ja, der Hauptgegener die CDU hat 11,sowieso % verloren.



    Und viele haben SPD gewählt um eine "grüne" Bürgermeisterin zu verhindern.



    Der Zuwachs bei eben denen lässt sich eigentlich auch nur auf die FFF und ErstwählerInnen zurückführen, da grün in Hamburg ja schon einen deutlich liberalen Touch hat.



    Das lässt für den Bund hoffen, dass hier endlich eine linke Mehrheit in Form von RRG heranwächst.



    Aber den "Grünen" mag ich hier definitiv nicht zu sehr vertrauen. Schwarz Grün ist immernoch zu verlockend. Es fehlt hier die scharfe Abgrenzung nach rechts.

  • Ihre Stärke wird den Grünen nicht viel nutzen, wenn die SPD stets mit der Option einer kleinen Koalition winken kann. Im Übrigen: Alle Vorbehalte, die je gegenüber Großen Koalitionen geäußert wurden, sind natürlich auch hier anwendbar.

  • 6G
    64984 (Profil gelöscht)

    Tja, wenn die SPD den Grünen die Pistole auf die Brust setzt und sagt:"Entweder ihr koaliert mit uns zum Preis der CSU (die das fast umsonst machen wird) oder wir koalieren mit der CDU",



    dann werden die Grünen zu allem Ja und Amen sagen.



    Zur Elbvertiefung und allem anderen haben sie schließlich auch Ja und Amen gesagt.