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Wahlkampf in TschechienHauptsache, nicht Babiš

Am Freitag wählen die Menschen in Tschechien den künftigen Präsidenten. Keiner der drei Favoriten hat eine wirklich weiße Weste.

Pünktlich zur Wahl von den „Storchennest“-Vorwürfen freigesprochen: Andrej Babiš Foto: David Josek/ap

Prag taz | Vorhang auf: Am Freitag den 13., Punkt 14 Uhr, öffnen die Wahllokale. Das tschechische Volk ist aufgerufen zur Abstimmung über sein neues Oberhaupt. Zum dritten Mal in fünfjähriger Folge stimmen Tschechinnen und Tschechen in einer direkten Wahl selbst darüber ab, wer in den kommenden fünf Jahren, inklusive einmaliger Wiederwahlmöglichkeit, in der Rolle des Präsidenten schlüpfen darf, der im tschechischen Idealismus als Väterchen der Nation von der Prager Burg aus die Geschicke der Republik im Auge behält.

Mutterfiguren sind dabei keinesfalls ausgeschlossen: Die Brünner Akademikerin Danuše Nerudová gilt als eine der drei heißen FavoritInnen im Wettlauf um den Platz in der Burg. Neben ihr stehen in der ersten Reihe: Ex-Armeegeneral Petr Pavel und der inzwischen allseits bekannte Ex-Ministerpräsident und Oligarch Andrej Babiš.

Der 68-Jährige hat in den vergangenen Wochen vor allem durch eine eher hybride Wahlkampagne auf sich aufmerksam gemacht. Zum einen, weil er im eigentlich üblichen Zirkus der Vorwahldebatten durch Abwesenheit glänzte. Im Hinblick auf das vulgäre Auftreten des gebürtigen Slowaken, der Mitte der 1990er nach Tschechien übergesiedelt war, ein weiser Zug.

Umso mehr, als Babiš am Montag vor den Wahlen gerichtlich von den Vorwürfen freigesprochen wurde, die ihm seit Beginn seiner politischen Laufbahn anhafteten: Die Aktienschacherei um das Luxusprojekt „Storchennest“ stellt keine Straftat dar.

Oligarch gegen Militär gegen Akademikerin

Am Tag nach dem Freispruch wurde Andrej Babiš vom französischen Präsidenten Emanuel Macron im Élysée-Palast empfangen. Man wolle über Frieden in der Ukraine reden, ließ Babiš mit entsprechend siegreichem Unterton über sämtliche sozialen Medien wissen. Am Tag vor Öffnung der Wahllokale stilisierte er sich auf den Titelseiten der ihm nahestehenden Massenpresse in einer dramatisierten Zeichnung zum „einzig möglichen Präsidenten“, weil „unser Land leidet“.

Während Babiš auf Staatsmann macht, spielen die beiden anderen FavoritInnen etwas wie „Schwiegertochter gesucht“. Andrej Babiš mag von Macron empfangen worden sein, er aber sei Träger des französischen Militärverdienstkreuzes, kommentierte Kandidat Petr Pavel die PR-Aktion Babiš’ mit dem französischen Präsidenten. Als Befehlshaber der Unprofor in der Republik Serbische Krajina in den Jahren 1992/93 war es Pavel gelungen, eine französische Einheit aus der Gefahrenzone der Gefechte zu evakuieren.

Der 61-Jährige hat eine aalglatte Militärkarriere hinter sich: ausgebildet in Camberley und London, stellvertretender Oberbefehlshaber der tschechischen Streitkräfte, Chef des Generalstabs, Vorsitzender des Nato-Militärausschusses. Den Kratzer im Image gibt der Beginn seiner Militärkarriere.

Als hoffnungsvoller Rekrut aus einer regimetreuen Familie erhielt Pavel schnell das Angebot in die Elite: Teil der militärischen Aufklärung zu werden, die die Vorfront des kommunistischen Regimes bildete. Auch nach innen hin. Dass Pavel diese Möglichkeit nutzte und dafür ohne zu zögern der Kommunistischen Partei beitrat, macht ihn bis heute, 33 Jahre nach der Wende, für viele unwählbar.

Doktortitel im Angebot

Danuše Nerudová kann zumindest mit der Gnade der späten Geburt aufwarten. Die 44-Jährige will die erste wahrlich postkommunistische Generation Tschechiens verkörpern. Sie sei die einzige ernsthafte Kandidatin, die nicht Mitglied der Kommunistischen Partei war, betonte Nerudová, die 1989 gerade mal zehn Jahre alt war, in ihrer Wahlkampagne.

Die Ökonomin hat ihr bisheriges Leben seit ihrem Abitur auf die Brünner Mendel Universität beschränkt, bis sie an derselben zu Professorin und Rektorin berufen wurde. Trotz Verbundenheit und Führungspositionen sieht sie sich allerdings nicht in der Verantwortung dafür, dass die Mendel-Universität über Agenturen in Deutschland und Österreich Doktortitel bei minderer akademischer Anforderung verkauft. Kein Wunder, dass Nerudová vielen als ein um noch viel künstlicheres Produkt gilt als General Pavel.

Neben dem favorisierten Dreier aus Babiš, Pavel und Nerudová, kandidieren weitere vier Kandidaten: Ex-Minister Jaroslav Bašta fabuliert schon jetzt davon, die Regierung par ordre du mufti auszutauschen. Zwei weitere Kandidaten, Marek Hilšer und Pavel Fischer, waren schon bei den letzten Wahlen unter den Verlierern. Schon jetzt jammern viele Tschechinnen und Tschechen, in der Wahl ginge es um das kleinste Übel. Alles nur nicht Babiš.

Wenn am Samstag die Wahllokale schließen, ist noch nichts entschieden. Die Frage, die den ersten Wahlgang beherrscht, lautet nicht: Wer macht in der Stichwahl das Rennen? Sondern: Wer hat die besten Chancen gegen Andrej Babiš?

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6 Kommentare

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  • Die Haltung ´Egal wer, Hauptsache nicht Babiš´ ist im progressiv-städtischem Milieu verbreitet und ist der völlig falsche Ansatz.



    Statt dessen muss gefragt werden, welcher Kandidat am ehesten die eigenen Positionen wieder spiegelt und Wahlchancen hat.



    Aus proeuropäischer und linksliberaler Sicht sollte nicht Babis das Problem, sein, sondern der von den Blaunen unterstützte Kandidat und einige, zum Glück wenig unterstützte der katholisch Konservativen.



    Aus proeuropäischer und linksliberaler Sicht scheint mir (und dem wahlomaten) ione eindeutige Reihenfolge zu geben, wenn man seinen Stimmzettel nicht vergeuden will: Nerudová, Fischer, Pavel, Babiš

  • Leider ein sehr schwacher Artkel.



    Die oberflächliche Darstellung eines Präsidenten "der im (tschechischen) Idealismus als Väterchen der Nation (von der Prager Burg aus) die Geschicke der Republik im Auge behält" würde auch für Deutschland passen.



    Welche Macht hat der tschechische Präsident im Vergleich zum deutschen ?



    Was treibt einen ehemaligen Ministerpräsidenten (entspricht dem deutschen Kanzler) an, sich als Präsident zu bewerben ?



    Den Fragen der anderen Kommentatoren zu politischen Positionen kann ich mich nur anschließen.

  • Okay - jeder der drei Kandidaten scheint nicht die vollkommene Persönlichkeit zu sein.



    Wenn ich mir die drei Kurzbeschreibungen anschaue, scheint mir aber der General die wenigsten schwarzen Flecken auf der Weste zu haben. Ist zwar pfuiteuflisch, vor 40 Jahren mal der (nochmal: pfuiteuflisch!) Mitglied einer kommunistischen Partei gewesen zu sein, aber das scheint mir kein europäisches sondern speziell westdeutsches Problem zu sein.



    Dann haben wir noch den Oligarchen - ganz miese Zeit, mit so einer Bezeichnung herumzulaufen!



    Naja, und die Chefin einer Uni, die Doktortitel verkauft - bei den gesammelten Ex-Doktoren in Deutschland scheint das ja eher ein europaweiter Sport zu sein...

    Daher hätte ich eigentlich lieber etwas über die politischen und gesellschaftlichen Ziele der drei Kandidaten erfahren. Das wäre sicher tiefschürfender gewesen.

    • @Oliver Korn-Choodee:

      Politische Positionen sind doch unwichtig.

      Aber ein General würde in die Zeit passen...

  • Ist ja interessant, was die lieben Leute in ihrer Freizeit so treiben und gewiss komplett egal ist das nicht, aber leider hat mir der Artikel nichts über die politischen Positionen die vertreten werden verraten. Wählen wir Personen oder Politik?

    • @Lukas Baderschneider:

      Personen