Wahlen in Frankreich: Desolate Spaltung der Linken

Macron und Le Pen dominieren. Die politische Linke in Frankreich steht sich selbst im Weg.

Macron gewinnt erste Wahlrunde.

Macron gewinnt die erste Runde der Präsidentschaftswahlen in Frankreich

Jubel herrscht im Hauptquartier von Emmanuel Macron. Nach Tagen der bangen Ungewissheit ist es offenbar nochmal gut gegangen. Wirklich? Der Präsident liegt mit mehr als 28 Prozent der Stimmen mit einem beruhigend großen Abstand vor Marine Le Pen an der Spitze. Er hat mit dem Ergebnis des ersten Wahlgangs bewiesen, dass er sich auf eine solide Wählerschaft stützen kann, die seine Bilanz der letzten fünf Jahre positiv betrachtet. Jetzt schon seine Wiederwahl zu feiern, wäre für die Fans des Präsidenten aber mehr als verfrüht.

Zum ersten Mal nämlich hat die Kandidatin einer extremen Rechten, die man in Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg wegen ihrer Kooperation mit den Nazis definitiv diskreditiert glaubte, eine echte Chance, die Präsidentschaftswahlen zu gewinnen. Noch nie in den letzten Jahrzehnten war diese reaktionäre, ultranationalistische Rechte so stark und nur noch einen Schritt von der Machtergreifung entfernt. Und niemand soll heute in Paris sagen, das sei eine Überraschung. Von Beginn an machten in den Umfragen die Wahlabsichten für die drei Kandidaturen von Le Pen und Éric Zemmour plus jene des „Souveränisten“ Nicolas Dupont-Aignan ein Drittel aus. Leider haben sich die Meinungsforscher nicht getäuscht.

Jean-Luc Mélenchon von der linken „France insoumise“ erzielt mit fast 22 Prozent und seinem dritten Platz mehr als einen Achtungserfolg. Laut den letzten Hochrechnungen fehlte ihm wenig, und er und nicht Marine Le Pen wäre in der Stichwahl. Fast hätte also die Wählerbasis zustande gebracht, was die Parteiführungen nicht wollten oder konnten: die Einigung auf einen gemeinsamen Kandidaten der Linken.

Wie schon 2002 haben Sozialisten, Grüne und Kommunisten eine geradezu stupide und politisch suizidale Konkurrenz der Einheit vorgezogen. Es wäre zumindest arithmetisch klar, dass die französische Linke zusammen und mit einem vorstellbaren politischen Minimalkonsens mehr als genug wiegen würde, um in der Stichwahl gegen Macron anzutreten.

Nun aber müssen die „Gauchistes“, die „Écologistes“ und die linken „Bobos“ einen Macron-Wahlzettel in die Urne stecken, um „das Schlimmste zu verhüten“ und „das kleinere Übel“ wählen. Das war schon 2002 so und auch 2017. Dankbar oder politisch entgegenkommend hatte sich weder Jacques Chirac vor zwei Jahrzehnten noch Macron vor fünf Jahren für diese Wahlhilfe wider Willen von links gezeigt. Allenfalls liefern im Juni die Abgeordnetenwahlen eine neue Chance, doch noch gegen Macron und gegen die extreme Rechte eine linke Einheit gegen rechts zu bilden.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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