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Waffenverbot im Hamburger NahverkehrSchweizer Messer müssen zu Hause bleiben

In Hamburg gilt künftig ein Waffenverbot im öffentlichen Nahverkehr. Zusätzliches Personal für die Kontrollen soll es allerdings nicht geben.

Gilt schon am Bahnsteig: Wer in Hamburg im öffentlichen Nahverkehr unterwegs ist, sollte Schusswaffen und Messer zu Hause lassen Foto: Gregor Fischer/dpa

Hamburg taz |Was mit den Messern der Schweizer Tou­ris­t:in­nen sei, fragt ein Journalist bei der Pressekonferenz zum neuen Waffenverbot im Hamburger Nahverkehr. Die Schweizer führten doch häufig ein Taschenmesser mit sich, sagt der Journalist und fragt, ob man sie mit Piktogrammen auf das Verbot aufmerksam machen wolle. Es gibt viele Fragen zum Waffenverbot auf dieser Pressekonferenz, aber eine wird nicht gestellt: warum gerade ein Waffenverbot das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste erhöhen soll.

Vermutlich wurde sie auch deshalb nicht gestellt, weil Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) gleich zu Beginn sagte, was der Hintergrund für das Verbot ist: das Sicherheitspaket der Bundesregierung, das den Bundesländern neue Möglichkeiten für Waffenverbote im öffentlichen Raum schafft. Das Paket war nach den Terroranschlägen in Mannheim und Solingen verabschiedet worden, sowie dem Messer-Attentat in einem Zug bei Brokstedt, das Grote besonders erwähnte.

Und so war es ein Stichwort, das der Innensenator und auch der Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) immer wieder nannten: Sicherheit, vor allem: gefühlte Sicherheit. Für Tjarks geht es darum, den stetig stärker genutzten Nahverkehr auch für die attraktiv zu machen, die ihn derzeit aus Angst vor Übergriffen meiden. Laut dem diesjährigen Sicherheits- und Kriminalitätsbericht der Polizei (SKID) vermeidet es ein Drittel der Ham­bur­ge­r:in­nen häufig bis sehr oft, nachts den ÖPNV zu nutzen. Ihnen ein sicheres Gefühl im Nahverkehr zu vermitteln, sei keine Einschränkung der Bürgerrechte, sagte Tjarks, sondern „eine Erweiterung der Bürgerrechte“.

Bei Verdachtsfällen sollen Fahrgäste angesprochen werden

In der Theorie sollen die Mit­ar­bei­te­r:in­nen der Hochbahn künftig bei Verdachtsfällen Fahrgäste ansprechen und sie darum bitten, ihre Taschen einsehen zu können. Sollten sich die Angesprochenen weigern, wird die Polizei hinzugezogen und die Hoch­bahn­mit­ar­bei­te­r:in­nen steigen mit den Fahrgästen an der nächsten Station aus. Dort kontrolliert die Polizei, ob die Betroffenen eine Waffe mit sich führen. Sollte das der Fall sein, droht ein Bußgeld zwischen 150 und 10.000 Euro.

Laut Tjarks ist die Zahl von Polizeieinsätzen wegen Waffen im ÖPNV ohnehin gestiegen. In den S-Bahnen und großen Bahnhöfen gilt bereits ein Waffenverbot. Für Menschen, die aus beruflichen Gründen Messer bei sich haben, etwa Köche oder Handwerker:innen, gelten Ausnahmeregelungen. Ebenso für das Küchenmesser, das Fahrgäste für den privaten Gebrauch gekauft haben und verpackt mit sich führen.

Probleme wegen Racial Profiling sieht Senator nicht

Probleme wegen Racial Profiling, also einer verdachtsunabhängigen Kontrolle von Menschen allein wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes, sieht er nicht. Man sei sich des Problems bei der Hochbahn sehr bewusst, sagte Tjarks; bislang habe es nur einmal eine Beschwerde zu diesem Thema gegeben.

Tatsächlich ist es Innensenator Grote, der nebenbei darauf hinweist, dass die Gruppe derjenigen, die ein Messer bei sich tragen, heterogen ist: vom Opfer von Kriminalität über Jugendliche bis hin zu älteren Menschen. Laut Sicherheits- und Kriminalitätsbericht ist der Anteil von Menschen ohne Migrationshintergrund, die häufig ein Messer zur Verteidigung mit sich tragen, mit 1,6 Prozent um 0,1 Prozent höher als derjenigen mit Migrationshintergrund.

Umsetzung des Verbots noch unklar

Unklarer wird es bei der praktischen Umsetzung des Verbots: Denn weder die Hochbahn noch die DB-Sicherheit erhalten mehr Mit­ar­bei­te­r:in­nen für die Kontrollen. Wie allein das Aufstellen von Verbotsschildern für ein subjektiv größeres Sicherheitsgefühl sorgen soll, bleibt ungeklärt. Wie man auch hinterfragen kann, ob es die sehr seltenen Fälle von Waffenanwendung im ÖPNV sind, die für Verunsicherung sorgen. Oder sind es Pöbeleien und aggressives Verhalten, dem man nicht durch Verbote, sondern durch mehr Personal in den Zügen begegnen müsste?

Innensenator Grote lobt zwar die bereits bestehenden Waffenverbotszonen auf St. Pauli, in St. Georg und rund um den Hauptbahnhof. Allein am Bahnhof habe man seit der Einführung des Verbots vor gut 14 Monaten 500 Messer eingezogen. Schaut man sich aber die Zahl der Messerangriffe hamburgweit an, so sind sie seit 2023 um sechs Prozent gestiegen.

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7 Kommentare

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  • "warum gerade ein Waffenverbot das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste erhöhen soll" genau das ist die Frage. Rassistische Diskriminierung aller Schweizer mit Schweizermessern in der Tasche auf deutschen Bahnhöfen? Ist das eigentlich mit den Menschenrechten und dem EU-Recht kompatibel? Sollte man der berühmten Schweizer Messerfirma die Auflage erteilen, zu allen ihren Mordwaffen auch gleich ein abschließbares Behältnis mitzuliefern? Oder besser noch, die Schweizermesser ohne Messerklinge auszuliefern.

    Nee, im Ernst, wie kann es sein, dass solche Gesetze beschlossen und ausgeführt werden, von denen jeder weiß, dass sie absolut nichts bringen?

    Die wunderbaren Erfolgsmeldungen "wir haben 500 Messer beschlagnahmt" bei gleichzeitigem Anstieg der Messerkriminalität sprechen da ja Bände: Leute werden angezeigt und müsssen Bußgelder bezahlen, Polizei und Justiz werden beschäftigt und das Ziel, nämlich weniger Messerkriminaltät wird nicht erreicht. Vermutlich weil man eben bei bislang unbescholtenen Bürgern "Waffen" findet, die diese niemals zum Mord benutzt hätten.

    Das Messer des Attentäters von Mannheim war sowieso schon verboten und die Tat wurde dennoch verübt.

  • "Tatsächlich ist es Innensenator Grote, der nebenbei darauf hinweist, dass die Gruppe derjenigen, die ein Messer bei sich tragen, heterogen ist: vom Opfer von Kriminalität über Jugendliche bis hin zu älteren Menschen ..."



    Danke für die Klarstellung, auch wenn das einige wahrscheinlich nicht glauben wollen.



    Das Schweizer Taschenmesser (für Attacken recht ungeeignet, die Klinge klappt ab) ist ohnehin in manchen Generationen mal in fast jeder Hosentasche gewesen.

  • Ach Kinners, es weiß doch jeder, dass das nur ein Vehikel ist, um verdachtsunabhängige Kontrollen zu ermöglichen. Es geht nicht um Waffen, es geht um die Macht der Polizei. Das pöhse Messer ist da nur die Ausrede. Wer schon mal mit einem Schweizer Messer auf etwas eingestochen hat, weiß wie gefährlich das ist...für die eigenen Finger, wenn die nicht festellbare Klinge dabei einklappt. Und die Ausbeute der letzten Kontrollen war daher auch eher underwhelming. Keine Macheten und UZIs, nur ein paar Rentner von ihrem alten Taschenmesser befreit. Das schafft Sicherheit!!



    Es hat seine Gründe, warum die Polizei nicht einfach jeden überprüfen kann, der ihnen nicht gefällt. Darum braucht es einen Verdacht. Ja, auch der ist schnell herbeifantasiert, aber es ist immerhin noch eine Hürde. Jetzt also Wiedereinführung durch die Hintertür des Waffenrechts. Ich fahre jetzt 30 Jahre im HVV, zu allen Zeiten, aber Angst um meine Sicherheit hab ich nur bei besoffenen deutschen Fußballfans. Und DIE werden, huch, auch gar nicht kontrolliert.

  • Es wird sich also gar nichts ändern dabei liegen die Rezepte gegen die Ängste der überwiegend älteren einheimischen Bevölkerung doch auf der Hand. Es bräuchte erstens wieder mehr Präsenz von Personal auf Bahnhöfen und im ÖPNV. Da bräuchte es wahrscheinlich nicht mal Polizei für. Zusätzlich muss mit höchster Dringlichkeit versucht werden die Gruppen junger Männer vor denen alle Angst haben von der Straße zu kriegen. Menschlich habe ich vollstes Verständnis dafür, dass diese Personengruppe ihre Zeit nicht in Sammelunterkünften und anderen wenig einladenden Orten verbingen möchte. Diese Gruppen, die inzwischen aber fast jedes Innenstadtbild rund um Bahnhöfe und Einkaufsmeilen prägen, sind aber ein Grund warum von den älteren Nachbarinnen in unserer Straße zwei schon komplett aufgehört haben das Haus zu verlassen. Jetzt machen sie mal einer 85jährigen klar, dass es sich dabei nur um rassischtische Vorurteile handelt. Da wäre es einfacher für eine sinnvolle Beschäftigung dieser Personengruppe zu sorgen um das Stadtbild wieder etwas zu entspannen.

    • @Šarru-kīnu:

      Das wird sich wahrscheinlich auch nicht mehr verbessern.

  • "Zusätzliches Personal für die Kontrollen soll es allerdings nicht geben." - eine sehr deutsche Lösung also: halb Symbolpolitik, halb Anklagebeschaffungsprogramm (ist doch schön, wenn man jetzt bei Leuten, die man ohnehin rauszieht (racial profiling? Iwo!), die Chance hat juristisch nachzulegen).

  • "In Hamburg gilt künftig ein Waffenverbot im öffentlichen Nahverkehr. Zusätzliches Personal für die Kontrollen soll es allerdings nicht geben. "



    Und der zweite Satz zeigt bereits die Lächerlichkeit des Ganzen.



    Es wird hier etwas verboten, um Handlungen zu verhindern, die verboten sind. Kontrolliert wird das aber nicht. Das ist nicht mal mehr aktivistischer Populismus, hier wird der Bürger für dumm verkauft.