Waffentest Nordkoreas: Raketenfehlalarm in Südkorea
Nordkoreas fehlgeschlagener Raketentest hat in Südkorea einen fälschlichen Evakuierungsaufruf ausgelöst. Das könnte im Ernstfall fatale Folge haben.
Nordkoreas Regime hatte in den Morgenstunden versucht, einen Satelliten ins All zu schießen. Doch kurz nach dem Start der Trägerrakete stürzte das Flugobjekt ins Meer – mehrere hundert Kilometer vom koreanischen Festland entfernt.
Eine reale Gefahr ging von dem zuvor angekündigten Raketentest also niemals aus. Auch dass über Seoul womöglich Trümmer abstürzen könnten, wie es in der Warnbotschaft der Stadtregierung hieß, war schon aufgrund der Flugroute ausgeschlossen.
In Seoul kam es trotzdem zu vereinzelter Panik. In sozialen Medien schilderten viele ihre Erfahrungen: „In zehn Minuten habe ich meinen Laptop und meine zwei Katzen zusammengepackt“, kommentiert ein 30-jähriger Koreaner: „Mein Herz ist ein Moment lang stehengeblieben.“
Wer nimmt Warnungen nun noch ernst?
Der in Seoul ansässige Journalist Raphael Rashid twitterte: „Zwar kamen mehrere verwirrte Menschen aus ihren Häusern gelaufen, aber nur wenige schienen die Aufforderung zur Evakuierung wirklich ernst zu nehmen.“
Immerhin gab es so viele besorgte Suchanfragen bei der Online-Plattform Naver, dass diese unter dem Ansturm für fünf Minuten zusammenbrach.
Erst knapp eine halbe Stunde später räumte die Stadtregierung den Fehlalarm ein: Die Evakuierungsaufforderung ziehe man zurück. Das Präsidentenbüro sprach von einer „Überreaktion“. Doch hat der Fehlalarm das Vertrauen in das öffentliche Warnsystem beschädigt.
„Ich bin derzeit mehr besorgt über die Inkompetenz der südkoreanischen Regierung als die Kriegslust der nordkoreanischen Regierung“, twitterte Ben Forney, Doktorant der Seoul National University. Denn sollte es wirklich einmal zum Ernstfall kommen, dürften mehr Südkoreaner die Behördenwarnungen auf die leichte Schulter nehmen.
Nordkorea fehlen Sprengköpfe
Nordkoreas Regime modernisiert weiter unter Hochdruck sein Raketenarsenal. Während der Pandemie hatte es zum Teil im Wochentakt neue Geschosse getestet – meist Kurzstreckenraketen, die international für wenig Aufschrei sorgten.
Doch im April testete Nordkorea eine Interkontinentalrakete, die potenziell die US-Westküste erreichen kann. Noch fehlen Pjöngjang Sprengköpfe, die den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre überstehen, um den USA ernsthaft mit einem Atomschlag drohen zu können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!