Waffenstillstand im Jemen: Ein Funken Hoffnung
Seit dem Wochenende herrscht Waffenstillstand im Jemen. Selbst wenn der halten sollte, hat das Land noch einen weiten Weg vor sich.
Auf einen zunächst zweimonatigen Waffenstillstand hatten sich die Kriegsparteien vergangene Woche geeinigt: die von den Saudis geführte Koalition, bestehend aus deren Verbündeten im Jemen und den Vereinigten Arabischen Emiraten, auf der einen Seite; und den vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen auf der andern.
Begonnen hat die Waffenruhe letzten Samstag, dem ersten Tag des Ramadan. Sie war bereits am Freitag von Hans Grundberg, dem UN-Sondergesandten für den Jemen, verkündet worden. „Alle Seiten akzeptieren, sämtliche offensive militärischen Handlungen am Boden, in der Luft oder auf dem Meer innerhalb Jemens, aber auch jenseits seiner Grenzen anzuhalten“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.
Außerdem dürfen 18 Schiffe mit Treibstoff den von den Huthi-Rebellen gehaltenen Hafen Hudeida am Roten Meer anlaufen. Der Flughafen in Sanaa, der von den Huthis kontrollierten Hauptstadt des Landes, soll zweimal wöchentlich erstmals wieder von kommerziellen Flügen angeflogen werden dürfen. Beides waren Bedingungen, die die Rebellen für ihre Zusage zum Waffenstillstand gestellt hatten. Im Gegenzug öffnen die Huthis die Zufahrten zu der von ihnen seit sieben Jahren belagerten Stadt Taizz.
Zweimal ist ein Waffenstillstand schon gescheitert
Der schwedische Diplomat Gundberg, der den Deal ausgehandelt hat, gab sich vorsichtig optimistisch. „Der Erfolg dieser Initiative hängt davon ab, ob die Kriegsparteien die Vereinbarungen und die damit einhergehenden humanitären Maßnahmen auch durchsetzen“, erklärte er. Ziel des Abkommens sei es, den Jemeniten eine überfällige Pause von der Gewalt zu verschaffen und das menschliche Leid zu mindern, in der Hoffnung, dass der Konflikt endgültig endet, fügte er hinzu.
Die Geschichte der Waffenstillstandsversuche in diesem Krieg verheißt eigentlich nicht Gutes. Bereits zweimal – 2016 und 2018 – waren derartige Vereinbarungen kurz nach ihrer Ausrufung sofort gebrochen worden. Dass es diesmal anders sein könnte, hat vor allem zwei Gründe.
In den letzten Monaten haben die Huthi-Rebellen vermehrt mit Drohnen und Raketen Ziele tief im Staatsgebiet Saudi-Arabiens und der Emirate angegriffen, darunter Ölanlagen und Flughäfen. Damit haben sie den Krieg außerhalb der jemenitischen Landesgrenzen getragen und unter Beweis gestellt, wie verwundbar Saudi-Arabien und die Emirate sind, trotz des Erwerbs teurer Antiraketensysteme.
Aber auch die Huthis haben in den letzten Monaten die Grenzen ihrer militärischen Schlagkraft kennengelernt. Obwohl sie einen großen Teil ihrer Ressourcen eingesetzt haben, um Marib und damit die letzte strategisch wichtige Stadt im Norden des Landes zu belagern und zu erobern, ist ihnen dieser militärische Erfolg verwehrt geblieben.
Die politische Zukunft Jemens ist schwerer zu klären
Diese Kombination aus der empfundenen Verwundbarkeit Saudi-Arabiens und der Emirate und den militärischen Misserfolgen der Huthis innerhalb Jemens hat nun dazu geführt, dass beide Seiten gleichzeitig ein Interesse am Ende des Krieges haben.
Für die Zivilbevölkerung könnte diese Erkenntnis der Kriegsparteien nun endlich dazu führen, dass ihr Leid gemindert wird, vor allem wenn internationale Hilfsorganisationen nun auch Zugang zu den zuvor schwer umkämpften Gebieten bekommen und Flug- und Seehäfen wieder ohne Probleme zugänglich werden. Mehr als 80 Prozent der 30 Millionen Einwohner Jemens hängen von internationalen Hilfslieferungen ab.
Während ein längerer Waffenstillstand nun eine echte Chance hat, dürfte der nächste Schritt, die politische Zukunft Jemens auszuhandeln, ungleich schwieriger werden. Die Kriegsparteien sind zwar im Moment bereit, die Waffen schweigen zu lassen. Doch davon, sich langfristig die Macht zu teilen, sind sie noch meilenweit entfernt.
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