Waffenlieferungen an die Ukraine: Der Taurus wird nicht kommen
Großbritannien und Deutschland rüsten auf, den Taurus gibt der Kanzler nicht frei. Die erste Tranche aus den USA soll bald kommen.
„Die Welt ist gefährlicher geworden“, sagte der britische Premier nach seinem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz. Das britische Verteidigungsministerium hatte am Dienstag von 75 Milliarden Pfund zusätzlichen Militärausgaben bis 2030 gesprochen, um das neue Ziel zu erreichen. Dafür müsste in anderen Bereichen gespart werden. Laut Sunak seien mehr Ausgaben für Verteidigung aber nicht nur notwendig, sondern auch machbar, da sich die britische Wirtschaft erholt habe. Der Wert von 2,5 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung könnte sich innerhalb der Nato-Staaten zur neuen Marke entwickeln. Bisher erreichen oder übererfüllen lediglich 18 der 32 Mitgliedsstaaten das 2-Prozent-Ziel.
Die finanzielle Unterstützung für die Ukraine steht also. Scholz betonte erneut, dass Deutschland mit die meisten Mittel in Europa für die Ukraine aufgebracht hätte. Dennoch: Nach der Abstimmung im US-Senat zu Militärhilfe in Höhe von knapp 61 Milliarden US-Dollar am Dienstag ist die Erleichterung beim Treffen zwischen Scholz und Sunak in Berlin zu spüren.
US-Präsident Joe Biden unterzeichnete das Gesetzespaket am Mittwoch und kündigte an, dass die Übergabe eines ersten Hilfspakets mit militärischer Unterstützung für die Ukraine in wenigen Stunden beginnen solle. Vermutet wird, dass die erste Tranche Luftverteidigungskapazitäten, Artilleriegeschosse, gepanzerte Fahrzeuge und andere Waffen umfasst.
EU darf sich nicht aus der Verantwortung stehlen
Konkret gibt es die Hoffnung, dass sehr bald weitreichende US-Waffensysteme geliefert werden. Dazu zählen ATACMS-Raketen mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern. Großbritannien hat auf der Lieferliste Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow. Die viel geforderte panzerbrechende Waffe Taurus aus Deutschland wird aber nach wie vor nicht kommen. Kanzler Scholz machte erneut deutlich, dass er bei seiner Haltung bleibe, den Marschflugkörper nicht für die Ukraine freizugeben.
Doch Sunak und Scholz machen auch klar, dass sich die EU, Deutschland und Großbritannien beim Thema Verteidigung und Aufrüstung in Europa nicht aus der Verantwortung stehlen dürfen. Beide Regierungschefs kündigten engere Zusammenarbeit bei diversen Rüstungsprojekten an, etwa selbstfahrenden Artilleriesystemen, die in gepanzerte Boxer-Fahrzeuge eingebaut werden sollen.
Zentral für die ukrainische Verteidigung bleiben zusätzliche Luftverteidigungssysteme. Deutschland hat eine drittes System vom Typ Patriot zugesagt. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) haben an die G7-Staaten sowie die Mitglieder von Nato und EU appelliert, nach weiterem Luftabwehrgerät für die Ukraine zu suchen.
Umstrittene Patriot-Systeme
Die Aufforderung richtet sich auch an Griechenland, doch Athen mauert. Griechenland integrierte das Patriot-System 2003 in seine eigene Luftwaffe. Sie verfügt laut offizieller Angaben über zwei Koordinations- und Informationszentren (ICC) sowie sechs Einsatzkontrollstationen (ECS) mit jeweils sechs Abschussstationen. Regierungssprecher Pavlos Marinakis sagte nun aber, es werde „keinen Schritt geben, der die Abschreckungsfähigkeit und die Luftverteidigung unseres Landes gefährden würde“.
Deutlicher wurde Verteidigungsexperte Angelos Syrigos von der konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia (ND): „Unsere Position ist eindeutig und absolut, ob es Druck gibt oder nicht. Die Raketensysteme sind für die Flugabwehr unseres Landes vorgesehen“, sagte Syrigos am Dienstag dem TV-Sender Naftemporiki.Wie die taz erfuhr, steht zudem die Führung der griechischen Streitkräfte einer Patriot-Lieferung an die Ukraine ablehnend gegenüber. Griechenland fühlt sich vom Nachbarland Türkei weiter bedroht, für Athen bleibt die Türkei militärisch die Gefahr Nummer eins. Das Motto: Luftverteidigung stärken, nicht schwächen. Dazu trägt auch das russische Raketenabwehrsystem S-300 bei. Griechischen Medienberichten zufolge wäre Athen höchstens dazu bereit, drei russische S-300-Batterien durch ein Patriot-System ersetzen zu lassen – dies könnte im Falle der Lieferung der S-300 in die Ukraine jedoch zu juristischen Problemen führen.
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