Waffenlieferungen an die Ukraine: Ampelzank geht weiter
Vertreter:innen von Grünen und FDP sprechen sich für die direkte Lieferung von Panzern aus. Die SPD will an Ringtausch-Vereinbarungen festhalten.
„Es gibt keine Änderung der Grundsätze unserer Lieferungen“, sagte am Montag eine Sprecherin von Bundeskanzler Olaf Scholz. Ebendies hatten Vertreter*innen der Koalitionspartner zuvor gefordert, weil in den Verhandlungen über sogenannte Ringtausch-Vereinbarungen bislang keine Erfolge erzielt wurden.
Die Gespräche verliefen „konstruktiv“ und seien „zum Teil weit fortgeschritten“, sagte dagegen die Regierungssprecherin. Man gehe davon aus, dass es bald zu Abschlüssen komme.
Auch der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner widersprach den Forderungen der Koalitionspartner. „Aus guten Gründen hat der Kanzler deutsche Alleingänge ausgeschlossen und ebenso gut begründet haben bislang weder die USA, Großbritannien, Frankreich und Italien noch Deutschland westliche Kampfpanzer oder Kampfflugzeuge an die Ukraine geliefert“, sagte Stegner, der im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags sitzt, der taz. „Der Ringtausch ist zugesagt und wird bei gutem Willen aller Seiten peu à peu funktionieren.“
„Verengung auf Waffenlieferungen“ falsch
Ohnehin bleibe die „Verengung auf Waffenlieferungen“ falsch. Dagegen sei das Abkommen über den See-Export ukrainischen Getreides, das in der vergangenen Woche geschlossen wurde, ein „Signal der Hoffnung für weitere diplomatische, ökonomische und humanitäre Initiativen als Alternative zu rein militärischer Unterstützung eines Dauerkriegs“.
Die Bundesregierung hatte im April Ringtausch-Vereinbarungen mit osteuropäischen Nato-Staaten angekündigt: Sie sollten Waffensysteme sowjetischer Bauart an die Ukraine abgeben und als Ersatz Panzer aus Deutschland bekommen. Verhandlungen über entsprechende Vereinbarungen verlaufen aber zäh.
Zuletzt kam aus der polnischen PiS-Regierung Kritik an Berlin: Polen hat der Ukraine nach eigenen Angaben bislang über 200 Panzer zur Verfügung gestellt. Als Ausgleich habe die Bundesregierung 20 Leopard-2-Panzer angeboten, deren Lieferung sich über 12 Monate strecke. Benötigt würden nach Ansicht Warschaus allerdings mindestens 44 der Kampfpanzer.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) entgegnete am Freitag in einem Interview mit der Bild-Zeitung zwar, dass von Beginn an klar gewesen sei, dass „wir natürlich nicht von heute auf morgen mit einem Fingerschnips jeden einzelnen Panzer ersetzen können“. Die Bundesregierung prüfe aber, warum der Ringtausch nicht klappe und „ob wir dann andere Unterstützung leisten müssen“.
Baerbocks Parteikollegin Katrin Göring-Eckardt zeigte sich daraufhin offen für die direkte Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine. Ähnlich äußerten sich aus der FDP die Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmerman und Generalsekretär Bijan Djir-Sarai.
Während die Bundesregierung bisher Kampf- und Schützenpanzer zurückhält, werden andere schwere Waffen geliefert. So sind inzwischen die ersten Gepard-Flugabwehrpanzer in der Ukraine eingetroffen. „Die ersten drei Geparden kamen heute von Deutschland“, sagte Verteidigungsminister Oleksij Resnikow am Montag.
Insgesamt soll die Ukraine 30 Gepard-Panzer erhalten. Noch sind aber nicht alle davon instand gesetzt. Ebenfalls schon eingetroffen sind sieben deutsche Panzerhaubitzen, angekündigt sind zudem unter anderem drei Mehrfachraketenwerfer.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Forscher über Einwanderungspolitik
„Migration gilt als Verliererthema“
Sauerland als Wahlwerbung
Seine Heimat
Abschied von der Realität
Im politischen Schnellkochtopf
Erstwähler:innen und Klimakrise
Worauf es für die Jugend bei der Bundestagswahl ankommt
Pragmatismus in der Krise
Fatalismus ist keine Option
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte