Waffenexport für Saudi-Arabien: Unseliger Kreislauf

Die Ampel liefert jetzt doch Waffen an Saudi-Arabien und bricht damit den eigenen Koalitionsvertrag. Das wird die Konflikte in der Region anheizen.

Ein Eurofigter-Kampfjet wird startklar gemacht.

Die Bundesregierung gibt die Lieferung von Eurofigter-Kampfjets an Saudi-Arabien frei Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Früher lautete die deutsche Prämisse, keine Waffen in Kriegs- und Krisengebiete zu liefern. Das hatte sich dann über die Jahre zu einem dehnbaren Begriff gewandelt. Spätestens mit dem Ukraine-Krieg war damit Schluss – doch damit waren nicht alle Dämme für deutsche Waffenexporte gebrochen. Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien etwa wurden weiterhin restriktiv gehandhabt. Die Ampel hatte in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, keine Rüstungsgüter an Staaten zu genehmigen, die unmittelbar am Krieg im Jemen beteiligt waren. Noch im Juli hatte die Bundesregierung beschlossen, die Lieferung von Eurofightern an Saudi-Arabien bis zum Ende der Wahlperiode zu unterbinden.

Nun wurde auch das über Bord geworfen. Erst gab die Bundesregierung die Lieferung von Eurofightern an die Saudis frei. Jetzt genehmigte sie den Export von 150 Raketen des Typs Iris-T an das autokratische Regime. Dabei wurden die AGBs für deutsche Rüstungsexporte mit der neuen Zusatzbedingung „wohlwollend gegenüber Israel“ erweitert. Mit diesen Worten rechtfertigte Wirtschaftsminister Robert Habeck die Lieferungen. Der Regierungssprecher spricht von einer „sehr konstruktiven Haltung“ Saudi-Arabiens gegenüber Israel. Und flugs wird Saudi Arabien zum Teil der westlichen Wertegemeinschaft.

Die deutsche Rüstungsindustrie freut es; Saudi-Arabien ist einer der größten Rüstungsimporteure weltweit. So geht der unselige Kreislauf weiter: Deutschland liefert Waffen in die Kriegs- und Krisenregion Nahost, mit der dann wieder die Kriege befeuert werden, die dann die Flüchtlinge produzieren, die dann nach Europa kommen.

Europa und die arabische Welt, das ist eine komplizierte Nachbarschaft. Egal was in der arabischen Welt passiert, von der Energieversorgung, über Migration bis hin zu militanten Organisationen, die auch immer automatisch zu einem Sicherheitsproblem Europas werden: Was in der arabischen Welt passiert, betrifft auch uns. Mit den deutschen Waffenlieferungen stellen wir sicher, dass das keine Einbahnstraße ist und auch Europa ein Problem für die arabischen Nachbarn darstellt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Karim El-Gawhary arbeitet seit über drei Jahrzehnten als Nahost-Korrespondent der taz mit Sitz in Kairo und bereist von dort regelmäßig die gesamte Arabische Welt. Daneben leitet er seit 2004 das ORF-Fernseh- und Radiostudio in Kairo. 2011 erhielt er den Concordia-Journalistenpreis für seine Berichterstattung über die Revolutionen in Tunesien und Ägypten, 2013 wurde er von den österreichischen Chefredakteuren zum Journalisten des Jahres gewählt. 2018 erhielt er den österreichischen Axel-Corti-Preis für Erwachensenenbildung: Er hat fünf Bücher beim Verlag Kremayr&Scheriau veröffentlicht. Alltag auf Arabisch (Wien 2008) Tagebuch der Arabischen Revolution (Wien 2011) Frauenpower auf Arabisch (Wien 2013) Auf der Flucht (Wien 2015) Repression und Rebellion (Wien 2020)

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.