Vorwahlen der Demokraten in den USA: Erstmals Muslima im US-Kongress?
Bekannt wurde Rashida Tlaib weil sie 2016 eine von Trumps Reden störte. Jetzt hat die Demokratin gute Chancen, in den US-Kongress einzuziehen.
Die 42-jährige Tlaib wurde in Detroit als erste von 14 Kindern einer palästinensischen Einwandererfamilie geboren. Ihr Vater arbeitete in einer Fabrik von Ford. Die Juristin zog bereits 2008 als erste Muslima in das Landesparlament von Michigan ein. Dort diente sie drei zweijährige Legislaturperioden, die erlaubte Höchstzahl.
Überregional bekannt wurde die Mutter zweier Kinder, als sie 2016 eine Rede des damaligen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump störte mit der Aufforderung, er solle die Verfassung lesen. Auf ihrer Website beansprucht sie, den konservativen Koch-Brüdern beim Umweltschutz erfolgreich die Stirn geboten zu haben. „Der 13. Bezirk wollte eine Kämpferin“, schrieb sie auf Twitter zu ihrer Nominierung. „Und sie bekommen eine.“
Tlaibs Twitter-Site zeigt auch ihre Beziehung zu ihrem Glauben: Dort nennt sie sich selbst eine „stolze Muslima“. In einem CNN-Bericht vom Juni wird beschrieben, wie sie im Südwesten von Detroit trotz der Hitze bei einem Besuch bei Wählern auf Wasser verzichtet – es war Ramadan. Religion sei allerdings bei ihrem Gang von Haustür zu Haustür nie ein Thema gewesen, berichtet der Sender. In diesem Teil von Michigan leben überdurchschnittlich viele Muslime. Die Bevölkerung der Stadt Dearborn im Großraum Detroit etwa stammt nach einer Erhebung aus dem Jahr 2000 zu 30 Prozent aus dem arabischen Raum.
Der erste Muslim war Keith Ellison
Bei den Vorwahlen in Michigan waren zwei weitere Kandidaten islamischen Glaubens angetreten – einer davon für den Gouverneursposten. Beide scheiterten. Insgesamt berichten US-Medien von 90 Muslimen, die sich in diesem Jahr bei der Wahl im November für Ämter auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene bewerben.
Der erste Muslim im Kongress war 2006 der Demokrat Keith Ellison. Dort sind Muslime unterrepräsentiert. Zur Größe der Religionsgemeinschaften in den USA gibt es wenige amtliche Statistiken, weil das Statistikamt sie wegen der Trennung von Kirche und Staat nicht systematisch erhebt. Der Gruppe Pew Research zufolge gehörten 2017 knapp 3,5 Millionen Amerikaner dem islamischen Glauben an – 1,1 Prozent der Bevölkerung. Im Kongress sitzen gegenwärtig zwei Muslime, was 0,4 Prozent der Abgeordneten entspricht. Damit teilen sie das Schicksal der drei Buddhisten und drei Hindus im Kongress (jeweils 0,6 Prozent der Abgeordneten), deren Glaubensgemeinschaften ebenfalls grob ein Prozent der amerikanischen Bevölkerung ausmachen.
Dass Tlaib erfolgreich war, ist für den ehemaligen Islam-Beauftragten von Ex-Präsident Barack Obama, Zaki Barzinji, auch eine Frage der Vorbereitung. „Sie ist das perfekte Beispiel dafür, wie man systematisch politische Macht aufbaut“, sagt er CNN. „Sie sprang nicht einfach aus dem Nichts in die Kongresswahl, sie hat mehr als ein Jahrzehnt damit zugebracht, sich systematisch hochzuarbeiten.“ Er wünsche sich, dass die islamische Gemeinde in den USA diese Lektion lernen würde: Trotz des Frustes über das Fehlen von Vertretern auf höchster Ebene machten sich zu wenige die Mühe, „im Erdgeschoss anzufangen“.
In dem Ort Beit Ur al-Fauka im Westjordanland feierten Tlaibs Großmutter mit Onkels und Tanten, Nachbarn und Freunden Mitte der Woche den Sieg der Auswanderin. Rashida habe dort 1997 geheiratet und sei zuletzt 2006 zu Besuch in das israelisch besetzte Gebiet gereist, erklären sie. Ihr Onkel Bassam Tlaib sagt zu dem Sieg: „Es erfüllt uns mit Stolz – als Mitglieder der Tlaib-Familie, als Einwohner von Beit Ur, als Palästinenser, als Araber und als Muslime – dass ein einfaches Mädchen eine solche Stellung erreicht.“
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