Vorstoß von Wirtschaftsminister Habeck: Lieferkettengesetz soll pausieren
Plan von Wirtschaftsminister Habeck bringt erneut Unruhe in die Ampel: Das deutsche Lieferkettengesetz soll für zwei Jahre ausgesetzt werden.
![Wirtschaftsminister Habeck bei einer Veranstaltung. Wirtschaftsminister Habeck bei einer Veranstaltung.](https://taz.de/picture/7049063/14/35511071-1.jpeg)
Die Wirtschaft hat das Gesetz immer wieder scharf kritisiert, weil es bürokratische Dokumentationspflichten mit sich bringe und kaum umzusetzen sei. Habeck plädierte angesichts der Stagnation der deutschen Wirtschaft für eine Pause, bis die entsprechende europäische Richtlinie greife. „Das wäre das Beste. Das halte ich für absolut vertretbar“, sagte er beim Tag der Familienunternehmen im Berliner Nobelhotel Adlon. Manche Betriebe wollten die Vorgaben umsetzen. Man könne die Verpflichtung aber aussetzen. Das könnte ein Befreiungsschlag sein. Habeck deutete zudem an, dass es noch zwei bis drei Wochen dauern könnte, bis ein Ergebnis vorliege.
Die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP will sich bis Anfang Juli auf einen Haushaltsentwurf für 2025 verständigen. Parallel sollen Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts präsentiert werden, der in den vergangenen Jahren an Attraktivität eingebüßt hat. Viele Experten attestieren Deutschland strukturelle Schwächen, weshalb Investitionen deutscher Firmen immer öfter im Ausland getätigt werden.
FDP zufrieden, SPD verwundert
Lindner begrüßte den Habeck-Vorschlag. „Es wäre ein Baustein der Wirtschaftswende.“ Es sei sinnvoll, das deutsche Lieferkettengesetz jetzt aufzuheben und die europäische Richtlinie in schlanker Form umzusetzen. Der Mittelstandsexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Carl-Julius Cronenberg, ergänzte, es liege nun am eigentlich zuständigen Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), schnell zu handeln. „Mit der Aussetzung schaffen wir eine Atempause für den Mittelstand.“ Dies wäre in wirtschaftlich angespannten Zeiten überfällig.
Das Gesetz soll Unternehmen für Missstände in ihren Lieferketten in die Pflicht nehmen, etwa bei Verstößen gegen Umweltauflagen oder Menschenrechtsverletzungen wie Zwangs- oder Kinderarbeit. Eine Sprecherin des SPD-geführten Arbeitsministeriums sagte, Ausbeutung dürfe kein Geschäftsmodell sein. Eine bürokratiearme Umsetzung stehe stets im Fokus.
Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Martin Rosemann, zeigte sich wegen der Habeck-Forderung verwundert. „Will hier ernsthaft ein Spitzenpolitiker der Grünen die Menschenrechte opfern, um sich bei den Familienunternehmern anzubiedern?“ Faire Lieferketten seien keine Belastung, sondern eine moralische Verpflichtung. „Wiederholt äußert sich der Wirtschaftsminister zu Themen, für die aus gutem Grund andere zuständig sind“, so Rosemann.
Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte, Habeck vertrete seine Position bereits öffentlich seit dem vergangenem Herbst. Er wolle Doppelungen bei den Berichtspflichten von Unternehmen vermeiden. Weite Teile der Grünen sind allerdings für das Gesetz.
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