EU-Lieferkettengesetz beschlossen: „Meilenstein für Menschenrechte“

Die EU-Lieferketten-Richtlinie ist abgesegnet. „Nicht praxistauglich“, sagen Lobbyisten, andere sehen eine „gute Nachricht für Mensch und Umwelt“.

Ein Kind arbeitet an Kleidungsstücken in einer örtlichen Konfektionsfabrik

Kinderarbeit in einer örtlichen Konfektionsfabrik in Dhaka, Bangladesch Foto: Ziaul Haque Oisharjh/SOPA/imago

BERLIN taz | Elf Jahre nach dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch mit über 1.000 Toten hat die Europäische Union endgültig ihre Lieferketten-Richtlinie beschlossen. Nach dem EU-Parlament stimmte am Freitag auch der Rat der Regierungen mit Mehrheit zu – bei Enthaltung der Bundesregierung, welche die FDP gegen SPD und Grüne durchgesetzt hatte.

Unter anderem um katastrophale Unfälle wie Rana Plaza zu verhindern, müssen europäische Unternehmen bald eine gewisse Verantwortung für die Arbeitsbedingungen bei ihren weltweiten Lieferanten übernehmen. Damit sollen sie die sozialen und ökologischen Menschenrechte der Beschäftigten gewährleisten, die die Produkte herstellen. Es geht etwa um das Recht auf ausreichenden Lohn, gewerkschaftliche Betätigung, Mindesturlaub, Arbeitssicherheit, Land, Wasser und gesunde Umwelt. Die EU-Mitgliedsländer müssen Behörden benennen, die die Einhaltung kontrollieren. Strafen gegen Unternehmen sind möglich, falls diese den Vorschriften nicht nachkommen.

In einigen Jahren sind zunächst große Unternehmen ab 5.000 Beschäftigten und mit einem Umsatz von 1,5 Milliarden Euro an die Richtlinie gebunden. Danach sinkt die Grenze, bis auch Firmen mit 1.000 Leuten und 450 Millionen Euro Umsatz erfasst werden. Die EU-Staaten haben nun gut zwei Jahre Zeit, um die Richtlinie in Kraft zu setzen.

In der Übergangszeit ist das bereits existierende deutsche Lieferkettengesetz teilweise schärfer als die EU-Regelung. Denn die Untergrenze von 1.000 Beschäftigten gilt hierzulande bereits jetzt. Andererseits enthält die europäische Richtlinie einige Vorschriften, die über das hiesige Gesetz hinausgehen. Zum Beispiel: Wenn eine europäische Firma mitverantwortlich ist für einen Schaden, den Beschäftigte eines Zulieferers erleiden, haftet sie bald dafür. Sie kann dann später in ihrem Heimatland, etwa Italien, Deutschland oder Dänemark, auf Schadensersatz verklagt werden. Der Bundestag muss das deutsche Gesetz entsprechend anpassen.

„Zivilgesellschaftlichen Druck aufrechterhalten“

Der Verband der Industrie- und Handelskammern (DIHK) forderte, das hiesige Gesetz in der Übergangszeit auszusetzen. Die EU-Richtlinie kritisierte er als „weder praxistauglich noch verhältnismäßig“.

Andere Organisationen äußerten sich dagegen positiv. „Die Zustimmung der EU-Mitgliedsstaaten zum EU-Lieferkettengesetz ist ein Meilenstein für den Schutz der Menschenrechte weltweit“, erklärte die grüne EU-Abgeordnete Anna Cavazzini.

Von einer „guten Nachricht für Mensch und Umwelt“, sprach die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. „Die deutsche Bundesregierung muss das Gesetz nun zügig in deutsches Recht überführen und konsequent umsetzen“, sagte Dagmar Pruin, Präsidentin des evangelischen Hilfswerks Brot für die Welt. „Gemeinsam mit unseren weltweiten Partnern werden wir den zivilgesellschaftlichen Druck aufrechterhalten und Betroffene von Menschenrechtsverletzungen unterstützen.“

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