piwik no script img

Vorstandsgehälter bei VWArmutsrisiko für Manager

VW will Managergehälter auf 10 Millionen Euro begrenzen. Die SPD findet das gut – obwohl sie Verantwortung für die Spitzensaläre trägt.

Nur zehn Millionen? Die Sorgenfalten werden tief und tiefer Foto: dpa

Berlin taz | Ulrich Hocker freut sich, dass seine alte Forderung nun auch beim VW-Konzern Gehör findet. „Vorstandsgehälter über 10 Millionen Euro pro Jahr stören den sozialen Frieden“, sagt der Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, die die Interessen von Aktionären vertritt. Genau diese Summe will der Aufsichtsrat des Autobauers nun offenbar als künftige Obergrenze für VW-Chef Matthias Müllers Bezahlung und die seiner Kollegen festlegen.

10 Millionen Euro – das kann man immer noch für sehr viel Geld halten. Es wäre aber deutlich weniger, als früher mitunter gezahlt wurde. Ex-VW-Chef Martin Winterkorn erhielt zu Spitzenzeiten 17,5 Millionen Euro. Mit der angepeilten Begrenzung zöge Deutschlands größter Fahrzeugproduzent eine weitere Konsequenz aus dem Betrugsskandal um gefälschte Dieselabgaswerte.

Offenbar könnte der Aufsichtsrat am 24. Februar die Begrenzung beschließen. Die Bewegung bei VW passt zur aktuellen Debatte über soziale Gerechtigkeit. Mit ihrem Kanzlerkandidaten Martin Schulz befeuert die SPD diese Auseinandersetzung. Schulz selbst hat überhöhte Vorstandsgehälter jüngst kritisiert. SPD-Vizechef Thorsten Schäfer-Gümbel forderte einen „Gesetzentwurf noch in dieser Legislaturperiode.“

Darin solle stehen, dass Unternehmen Managergehälter von über 500.000 Euro im Jahr nicht mehr von der Ertragssteuer abziehen könnten. Die Folge: Die Eigentümer und Aktionäre müssten Millionensaläre vollständig selbst finanzieren, was mäßigend wirken könnte. Die absolute Höhe der Verdienste lasse sich per Gesetz allerdings nicht reglementieren, sagte Schäfer-Gümbel. Außerdem regte der SPD-Vize an: „Wir brauchen ein festgeschriebenes Maximalverhältnis zwischen der Vergütung von Vorständen und Managern auf der einen Seiten und dem Durchschnittseinkommen der Arbeitnehmer auf der anderen Seite.“ Als Beispiel nannte er eine Proportion von eins zu acht.

Absoluter Deckel existiert nicht

Wenngleich Linke und Grüne im Bundestag derartige Idee grundsätzlich unterstützen, dürfte daraus in dieser Legislaturperiode nichts mehr werden. Die Union wird ein solches Gesetz verhindern.

Diese Blockade ist aber nur ein Teil der Geschichte. Auch die SPD trägt eine Verantwortung dafür, dass Exzesse bei der Vorstandsbezahlung bisher möglich sind. So wirkten an der besonderen Vergütungskultur bei VW diejenigen sozialdemokratischen Politiker mit, die im Aufsichtsrat des Konzerns saßen.

Ex-VW-Chef Martin Winterkorn erhielt zu Spitzenzeiten 17,5 Millionen Euro

Und selbst SPD-Bundesregierungen brachten nur Regelungen zuwege, die allenfalls gewisse Einschränkungen beinhalteten. Seit 2001 gibt es eine unter Bundeskanzler Gerhard Schröder ins Leben gerufene Regierungskommission, die einen Verhaltenskodex für Aktiengesellschaften weiterentwickelt. Darin stehen Empfehlungen und Anregungen. Ein absoluter Deckel oder ein festgelegtes Verhältnis zwischen Manager- und Arbeitnehmerverdiensten existiert im hiesigen Recht jedoch nicht.

Im Vergleich zu anderen Staaten macht Deutschland mit dieser Haltung keine Ausnahme. „Absolute Gehaltsobergrenzen legte die Politik nach der Finanzkrise nur für Banken fest, die sie mit öffentlichem Geld stützte“, sagte Michael Kramarsch, Chef der Unternehmensberatung HKP-Group. „Darüber hinaus sind mir international keine Vergütungsdeckel oder festgelegten Abstände zwischen Arbeitnehmer- und Vorstandsbezahlung bekannt.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Die sogenannten Manager sollten maximal das 5-fache des geringsten Lohns in ihrer Firma verdienen können. Dann würden ganz schnell die Löhne der ganzen Belegschaft nach oben schnellen.

  • "Auch die SPD trägt eine Verantwortung dafür, dass Exzesse bei der Vorstandsbezahlung bisher möglich sind. "

     

    Nicht zu vergessen die Gewerkschaften, die eigentliche Macht im VW-Konzern, die im Gegensatz zum Ministerpräsidenten im Konzern hervorragend vernetzt sind.

  • Das ist bei weitem nicht genug! Ich fordere die Kürzung der Gehälter auf eine Mio. € im Monat. Das sollte genügen um Drittfrau, Privatjet und das Haus auf den Bahamas zu finanzieren.

    • @TV:

      Nicht mehr als eine Million Euro im Jahr, das wäre richtig.

  • Danke. Das sind die Aufmacher - wie ich sie in der taz liebe.

     

    "Vorstandsgehälter bei VW Armutsrisiko für Manager

    VW will Managergehälter auf 10 Millionen Euro begrenzen. Die SPD findet das gut – obwohl sie Verantwortung für die Spitzensaläre trägt."

     

    kurz - Bis zu Kenntlichkeit entstellt. Herrlich.

    Sebastian Haffner wird´s auf welcher Wolke auch immer -

    Zerreißen - Vor Lachen! Hauptsache. - & -

    Nicht nur ihn - wa!

    • @Lowandorder:

      Die Parteien sind natürlich gehalten, die Kirche im Dorf zu lassen &die Anschlußverwendung verdienter Politikaster Hinterbänkler Parteisoldaten

      Im Auge zu behalten - Ja. Sie vor einem Absturz

      In die Armutsfalle zu bewahren. Newahr .

       

      Das nämlich ist sonst der Dank.

      In zwei Großkonzernen erfolgreich

      Ethikmaßstäbe einziehen - & Nach Abgastest - gell!

      Dann wg einer Abfindung von schlappen

      12 Mio Ocken ins Gerede geraten.

      Nicht auszudenken - wenn da gar nur die Hälfte -

      Fällig gewesen wäre - wa!

      Frauman gönnt sich ja sonst nichts. Stieß selbst der faz auf. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/hohmann-dennhardt-millionenabfindung-setzt-weil-unter-druck-14808582.html

      "Das üppige Abschiedsgeld für die VW-Compliance-Chefin sorgt für Empörung. Rechtlich ist daran aber wohl nichts auszusetzen." - Na bitte! Alles in Butter aufm Kutter.

      So geht das.

  • Ja, es ist eine Schande. Immer mehr prekäre Arbeit im Lande. Sogar die unermüdlichen, allwissenden und unheimlich wichtigen Topmanager müssen jetzt bald für ein Taschengeld arbeiten.

    Wie soll man denn von lumpigen zehn Millionen seine Familie satt kriegen?

    Dieses undankbare Arbeiterpack. Maßt sich tatsächlich an, sich mit den Topmanagern vergleichen zu wollen. Was wissen die denn, was der Unterhalt für eine Villa am Mittelmeer kostet? Die Instandhaltung der Yacht? Die ständigen teuren Einladungen und Reisen? Die Shoppingorgien der Familienmitglieder? Sollen die etwa bei Aldi einkaufen gehen?

     

    Nee, das Deckeln der Topgehälter ist höchst unsozial. Deckelt lieber die Löhne der Arbeiter, die sind das schließlich gewöhnt. Und so wichtig sind die auch nicht.

  • 10 Millionen inkl. Boni und sonstiger Sachvorteile oder nur dass bisschen festes Gehalt?

    • @Jalella:

      Wenn man das gewünschte 1:8 Verhältnis annimmt verdient der Durchschnitt ja immer noch ne Million im Jahr. Mein jetziger Arbeitgeber schuldet mir wohl noch 1.200.000 Euro für das letzte Jahr.