Vorsitzender der Kohlekommission: Pofalla will Klimaschützer spalten
CDU-Mann Ronald Pofalla prescht mit einem eigenen Plan zum Kohleausstieg vor. Demnach soll der Kohleausstieg zwischen 2035 und 2038 kommen.
BERLIN/HAMBACHER FORST taz | Der Kohleausstieg soll zwischen 2035 und 2038 kommen – mit diesem Vorschlag sorgt Ronald Pofalla, einer der Vorsitzenden der Kommission für den Kohleausstieg, in ebendiesem Gremium für Aufregung. Die Energiebranche ist in Rage. Um die Kohlekommission auch nach einer Rodung des Hambacher Forsts zu erhalten, versucht Pofalla offenbar zudem, das Lager der Klimaschützer zu spalten.
Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Spiegel hat Pofalla, Bahnvorstand und ehemaliger Chef des Bundeskanzleramts, im Alleingang ein Konzept für den Kohleausstieg erstellt. Der Christdemokrat ist einer von vier Vorsitzenden der Kohlekommission. Als Vertrauter von Bundeskanzlerin Angela Merkel vertritt er dort ihre Interessen.
Das Gremium soll bis Ende dieses Jahres einen Plan für den Ausstieg aus der Kohleverstromung erarbeiten. Dann findet in Kattowitz der Weltklimagipfel statt, wo die Bundesregierung ein Konzept zur Senkung des CO2-Ausstoßes vorlegen soll. In Deutschland sind noch 100 Kohlekraftwerke in Betrieb.
In der Kommission sind Vertreter von Industrie, Gewerkschaften, Politik, Bürgerinitiativen, Umweltorganisationen wie Greenpeace und BUND sowie Wissenschaftler. Derzeit belasten die Auseinandersetzungen um den Hambacher Forst die Arbeit: Vertreter der Umweltverbände haben gedroht, das Gremium im Fall einer Rodung zu verlassen.
Dem Spiegel zufolge soll Pofalla nun alle Umweltverbände bis auf den BUND überredet haben, auch nach einer Rodung in der Kommission zu bleiben. Sie sollen zugesagt haben, das Ausscheiden des BUND-Vertreters und seinen Ersatz durch den Abgesandten eines anderen Verbandes zu akzeptieren.
Pofallas Vorschlag stößt auf Unmut
Martin Kaiser, Geschäftsführer von Greenpeace und Mitglied der Kohlekommission, bestreitet das. „Das Gegenteil ist richtig“, sagte er der taz. Die Umweltverbände seien sich darüber einig, dass sie einheitlich entscheiden, ob sie die Kommission verlassen oder nicht. Die Entscheidung falle, wenn die Rodung des Hambacher Forsts bevorstehen sollte. „Vorher gibt es dazu keine Aussage“, sagte er. Von Pofallas Zeitplan hält er nichts: „Der Ausstieg 2035 bis 2038 ist viel zu spät.“ Die Umweltverbände fordern das Ende der Kohle bis 2030.
Mehrere tausend Braunkohlegegner haben am Sonntag am Hambacher Forst gegen die Räumung und geplante Rodung des uralten Waldes demonstriert. Die Lage spitzte sich am Nachmittag zu, als rund 200 Demonstranten in den von der Polizei abgesperrten Wald vordrangen. Einsatzkräfte setzten den vierten Tag in Folge die Räumung der Baumhäuser der Aktivisten fort. (dpa)
Dem Spiegel zufolge soll Pofalla seinen Plan mit Mitgliedern der Kommission abgestimmt haben. Er soll ein Sofortprogramm zum baldigen Abschalten der ersten Kraftwerke vorsehen, eine Übergangszeit von mehreren Jahren bis zum endgültigen Ende der Kohlekraftwerke in Deutschland und ein Infrastrukturprogramm in Milliardenhöhe, das vor allem in der Lausitz für Ausgleich sorgen soll. Bis 2020 will Pofalla fünf bis sieben Kohlekraftwerke abschalten.
Der Vorstoß stößt auch in der Kohlebranche auf großen Unmut. Der Energiekonzern RWE teilte mit, ein Ausstieg bis 2038 sei „nicht akzeptabel“. Auch Michael Vassiliadis, Chef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie und Mitglied der Kohlekommission, ging auf Abstand. Wenn Pofalla mit Ausstiegsdaten „jongliert, die nichts mit den in der Kommission besprochenen Sachverhalten zu tun haben, dann kappt er fahrlässig das zarte Pflänzchen des Vertrauens, das sich in dem Gremium gerade erst gebildet hatte“, erklärte er. Als Feigenblatt für die Kommission stehe die Gewerkschaft nicht zur Verfügung. Der Konzernbetriebsrat des Lausitzer Energieunternehmens Leag forderte Pofalla auf, die Kohlekommission zu verlassen.
NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP), ebenfalls Mitglied der Kommission, nannte es unverständlich, dass zu so einem frühen Zeitpunkt Ausstiegsdaten genannt würden. Auch die Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), und Sachsen, Michael Kretschmer (CDU), sind gegen ein festes Ausstiegsdatum.
Leser*innenkommentare
Klartexter
jetzt will ein CDU Mann aus der Kohle raus, und sagt das....und schon wird darüber gemeckert ;-)
76530 (Profil gelöscht)
Gast
@Klartexter Für Sie will jemand aus der Kohle raus, wenn er den Ausstieg sehr medienwirksam auf 2038 datieren möchte, also in 20 (zwanzig) Jahren?
Wirklicher, echter Ausstieg geht anders. Das ist durchschaubares Spielen auf Zeit.
Ps. Gerne gemeckert. Määäääh.
Demokrat
Vielleicht sollte erst 2038 der ausstiegplsn bekannt gemacht werden.
Bibo
Klar, da hat er einen Zeitpunkt gewählt der keiner Seite passt, so kann dann das Märchen eines demokratischen Komprisses erzählt werden, bei dem niemand seine Forderung zu 100% durchsetzen kann. Wahrscheinlich wird er auch noch einen "Fahrplan" erarbeiten haben lassen, der dann, im Sinne der Energiewirtschaft und im Stil der Bahn, mit fadenscheinigen Begründungen, völlig verfehlt wird.
Age Krüger
Man kann nur hoffen, dass dieser Sommer einige Lebensmittelpreise so in die Höhe noch treibt, dass der Unmut über das anstehende Kippen des Klimas so groß wird, dass eine Öffentlichkeit für den sofortigen Braunkohleausstieg entsteht.
Ich bin jetzt schon am überlegen, ob ich noch an einer Ecke, wo noch Sträucher hinsollen tatsächlich die in mitteleuropäischem Klima gedeihende pflanzen soll oder lieber gleich auf südeuropäische umsteigen soll.
Demokrat
@Age Krüger Interessant Hypothese und Hoffnungen.
Ich befürchte allerdings, dass dann die Diskussion darum geht, dass die Preise so hoch sind. Das Thema Klimaschutz wird dann wohl eher hinten runterfallen.
76530 (Profil gelöscht)
Gast
@Age Krüger Diese Frage ist doch wohl eine eher rhetorische?
Age Krüger
@76530 (Profil gelöscht) Nee, das wird durchaus schon diskutiert, wie die zukünftige Flora aussehen soll.
www.mein-schoener-...i-trockenheit-3471
Und ich bin gerade dabei, etwas bei mir im Garten zu machen, also eine durchaus praktische Frage, keine rhetorische. Ich versuche nämlich die Rasenflächen zu beseitigen und möglichst viele Außenblütler für Schmetterlinge, Hummeln und vielleicht auch mal wieder für Bienen in einem möglichst wilden Garten anzupflanzen.
Lowandorder
@Age Krüger Blüten & mailtütenfrisch
“Südlicher(e) (T)Age Krüger:
www.taz.de/!5533190/#bb_message_3689690
"Befiehl den letzten Früchten voll zu sein,
Gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
Dränge Sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein..."
(Rilke)
Die Weinstöcke an der südlichen Seite unsrer Hütte
am nörlichen Rande des Wiehengebirgs tragen köstliche Reben...
Herbsttag www.handmann.phant...rbsttag_rilke.html “
kurz - Dem Manne kann bei seinem -
Erden.
Doch glatt&fein geholfen werden!;)
&
Masel Tov.
76530 (Profil gelöscht)
Gast
@Age Krüger Sorry für meine Frage. Machen Sie das wie beschrieben ... selbst wenn es nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein sollte ... viele Tropfen machen einen Regenschauer ...
tomás zerolo
Herr Pofalla outet sich mal wieder als ein Ausbund an Kompetenz und Effizienz.
Aber lassen wir uns nicht täuschen: es ist sein (verdammter) Job: während wir damit beschäftigt sind, uns entweder über ihn lustig zu machen oder auf ihn einzuprügeln werden auf der anderen Seite knallharte Interessen durchgedrückt -- auf unser aller Kosten.
Die Filzmaschine funktioniert mal wieder perfekt.
76530 (Profil gelöscht)
Gast
Viel erlebt ... und nichts begriffen. Das Leit(d)thema der Schwarzen Nullen.
Der sogenannte Ausstieg aus der Kernenergie soll hier den Paten spielen. Öffentlichkeitswirksam hinausgezögert bis zum St. Nimmerleinstag. Aus dem Sport bekannt als Spielen auf Zeit.
Nun also the same procedure beim Kohleausstieg? Wollen wir dabei mitmachen?
Pofalla? Ich muss mich erst mal übergeben.
76530 (Profil gelöscht)
Gast
@76530 (Profil gelöscht) 2035 bis 2038 .... wieso schon so früh?
In the year 2525 ...
91690 (Profil gelöscht)
Gast
Genauso... es bringt nix spitzdfindig zu verklausulieren :-) .. einfach das real machbare schon mal sofort umsetzen .. anstatt stundenlang zu diskutieren
nzuli sana
Das von Profit und Bürokratie bedrohte Gebiet ist übrigens ein Wald und kein Forst.
91690 (Profil gelöscht)
Gast
@nzuli sana so what ?
Bodo Eggert
@91690 (Profil gelöscht) Genau, warum soll man einen Wald nicht wie einen Forst regelmäßig abholzen? Google hilf uns!
Mitch Miller
@91690 (Profil gelöscht) Ein WALD ist ein natürlich entstandenes Biotop, in diesem Fall nach der Eiszeit, also rund 12'000 Jahre alt.
Ein Forst ist Monokultur-Nutzwald und vielleicht 50-100 Jahre alt, artenarm und rein zur Bewirtschaftung angelegt.
91690 (Profil gelöscht)
Gast
@Mitch Miller Und nach dem Abholzen ist das Wuscht :-( ging es nicht um Bäume und RWE und Leute die Demonstrieren..Das get bis dahin jeden etwas an und hier wird ein Fass aufgemacht ob es ein Forst oder ein Wald ist .. So argumentiert die Linke :-)))) na Prost
danny schneider
Pofalla. nachdem er wohl so schnell nicht Bahnchef wird macht er das was er als Politiker gelernt hat: Im Sinne der Lobby handeln führt zu lukrativen Jobs.
Was macht eine geistige Null wie der eigentlich in dieser wichtigen Kommission? Wer hat den ernannt?
Mainzerin
@danny schneider Steht doch im Artikel, er vertritt Merkels Position - wird also wohl auch von ihr ernannt worden sein.
Dass Merkel mal Umweltministerin war und sich mit der Thematik also bestens auskennen sollte, macht es um so unverständlicher, dass sie mal wieder dem Großkapital nach dem Mund reden lässt. Aber nicht erstaunlich, da konsistent mit ihrem bisherigen Verhalten.
Wer erinnert sich noch an ihren Videobeitrag, indem sie erklärte sie sei Physikerin und kenne sich deshalb damit aus, wie ungefährlich Atomenergie sei - wenige Tage vor Fukushima? Da wurde ihre Lüge sehr schnell öffentlich aufgedeckt( - wenn ich auch einen solchen Anlass nie wieder erleben will!).
Dass der Klimawandel längst schon da ist, beweisen seit Jahren z.B. die Zugvögel, die teilweise gar nicht mehr wegfliegen oder erst, wenn der Winter ausnahmsweise doch mal kommt und die immer früher einsetzende Baumblüte (Daten, die vom Wetterdienst gesammelt und vorgehalten werden.) Aber natürlich auch dieser Sommer.
Merkel hat als Naturwissenschaftlerin keinerlei Entschuldigung, so zu tun als verstünde sie das nicht. Ein vorgeschickter Pofalla dagegen darf sich öffentlich in die Schusslinie stellen. Nur bitte nicht vergessen, in wessen Auftrag er argumentiert!
Bodo Eggert
@Mainzerin Immerhin hat sie danach konsquent gehandelt - und nebenbei den AKW-Betreibern ein paar Milliönchen zugeschustert.
Eulenspiegel
Wie wäre ein so später Kohlenaustieg mit den 2016 vereinbarten Treibhausgasemissionenreduzierungzielen, die im Klimaschutzplan 2050 stehen, und dass die Bundesregierung offiziell als "Meilenstein für Modernisierung Deutschlands" stolz online darstellt?
"bis 2030 wird Deutschland seinen Ausstoß von Treibhausgasen um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990, bis 2040 um mindestens 70 Prozent senken. Damit bleibt Deutschland Vorreiter, die Verpflichtung des Pariser Klimaabkommens in die Tat umzusetzen."
www.bundesregierun...050.html?nn=754402
76530 (Profil gelöscht)
Gast
@Eulenspiegel Wenn ich nicht irre, heißt dieser Mechanismus (nicht nur) unter Politikern Sonntagsreden.
Was zählt: Montags handeln. Nur daran haben wir Politiker zu messen. Für schöne Worte sind andere zuständig: Poeten, Philosophen, Seelsorger et. al.
Unvernunft
Pofallas unseriöses Vorgehen bei Stuttgart21 und in Folge dessen seine Anti-Bahn Lobby-Arbeit im Bahnvorstand disqualifizieren ihn als glaubwürdigen Verhandlungspartner in einer derart wichtigen Kommission, die Sachfragen erörten sollte.
Bisher hat er sich als interessengeleiteter Gegner jeglicher sinnvollen Politik präsentiert: gegen Bahn, gegen Bürger, gegen finanzpolitischen Sachverstand, aber als Merkels Kettenhund - rückgradlos eben.
Kein Umweltverband kann seinen Aussagen und Zusicherungen trauen. Also wozu noch mitmachen, wo das Ergebnis kanzlerinnenbestimmt schon feststeht?
Uranus
Örks! Selbst wenn ich mal auf der realpolitischen Ebene bleibe: die garantierten Laufzeiten einiger Kohlekraftwerke sind abgelaufen. D.h. diese können sofort abgeschaltet werden, ohne das Regressforderungen befürchtet werden müssen. Zweitens erzeugt D einen Energieüberschuss und exportiert diesen. Es ist also genug Strom da.
81331 (Profil gelöscht)
Gast
...darf ich lachen? Kohleausstieg in 20 Jahren.
Wann wachen wir endlich auf? Unsere Politiker sind von der Industrie, den Banken, ferngesteuerte Roboter.
Der Klimawandel kommt nicht, er ist bereits hier.
Aber, Hauptsache es gibt genug Grillwürstel für alle.
91690 (Profil gelöscht)
Gast
@81331 (Profil gelöscht) Und deswegen sollen wir denen nicht klarmachen, was wir wollen....... ?