Vor den Wahlen in der DR Kongo: EU bricht Wahlbeobachtung ab
Drei Wochen vor Kongos Wahlen packen die EU-Wahlbeobachter in Kinshasa ihre Koffer. Grund: Sie dürfen keine Satellitentelefone benutzen.
Als Grund nennen EU-Diplomaten, die Mission könne nicht wie vorgesehen arbeiten. Kongos Geheimdienst ANR (Agence Nationale de Renseignement) gibt demnach die Nutzung der Satellitentelefone der EU-Beobachter nicht frei. In einem Land von der achtfachen Größe Deutschlands, wo die Mobilfunknetze längst nicht flächendeckend sind und jederzeit vom Staat abgeschaltet werden können, sind Satellitentelefone unverzichtbar für sichere und unabhängige Kommunikation, heißt es im EU-Parlament.
Die Anträge zur Genehmigung des Gebrauchs von Satellitentelefonen liegen den kongolesischen Behörden seit Oktober vor, aber es wurde ihnen bis heute nicht stattgegeben, sondern lediglich unverbindliche Versprechen abgegeben, die Situation zu regeln.
Am Mittwoch verkündete der diplomatische Dienst der EU offiziell den Abbruch der Mission. Man sei dazu „aus technischen Gründen jenseits unserer Kontrolle gezwungen“, sagte eine Sprecherin. Zuvor hatten die Monusco und Frankreich vergeblich versucht, das zu verhindern. Ein EU-Sprecher bestätigte gegenüber der taz bereits am Dienstagabend, die seit 17. November in Kinshasa präsenten EU-Wahlbeobachter hätten aus „Sicherheitsgründen“ nicht wie vorgesehen ab 21. November landesweit stationiert werden können. „Dies macht die nötige Langzeitbeobachtung unmöglich. Die EU prüft derzeit die verfügbaren Optionen.“
Sorgen um die Wahlen in Kongo
Die Blockade verstärkt Mutmaßungen, die Regierung von Präsident Félix Tshisekedi wolle eine ebenso weitreichende Wahlfälschung organisieren wie die Regierung von Präsident Joseph Kabila bei den vorhergehenden Wahlen 2011 und 2018. Ohnehin mehren sich Sorgen, dass die Wahlen nicht wie geplant am 20. Dezember stattfinden können.
Zahlreiche kongolesische Kritiker der Arbeit der Wahlkommission CENI verweisen darauf, dass das Wahlregister intransparent sei, viele Wähler mangelhafte oder nicht zu gebrauchende Wählerausweise erhalten hätten und dass es immer noch keine öffentlich einsehbare Aufstellung der Wahlzentren und Wahllokale gebe. Dieses ist nötig, um zu verhindern, dass bei der Auszählung Stimmen fiktiver Wähler aus nichtexistierenden Wahllokalen unter die realen Ergebnisse gemischt werden.
Am vergangenen Sonntag hatte der katholische Erzbischof von Kinshasa, Kardinal Fridolin Ambongo, in seiner Sonntagspredigt diese Sorgen aufgegriffen und gesagt, es sei nicht sicher, dass es Wahlen am 20. Dezember geben werde. Die Wahlkommission CENI reagierte darauf am Dienstag scharf und warf dem obersten Katholikenführer des Landes vor, er wolle mit „verfrühten und grundlosen“ Anschuldigungen „den Wahlprozess diskreditieren“. Kongos katholische Kirche hatte schon bei den Wahlen 2018 Fälschungen aufgedeckt, die Präsident Tshisekedi damals den offiziell verkündeten Sieg beschert haben sollen.
Luc Lutala, Leiter der kongolesischen Wahlbeobachterkoalition Symocel (Synergie des missions d'observation citoyennes des élections), bekräftigte am Dienstag in einem Interview mit dem UN-geförderten Rundfunksender Radio Opaki die Sorgen. Die Wahlkommission habe zwar einen Zeitplan vorgelegt, gebe aber keine Rechenschaft über die zu dessen Erfüllung getätigten Ausgaben. Die in Südkorea von der Firma Miru Systems erworbenen Wahlmaschinen, die eine elektronische Stimmabgabe und Stimmauswertung ermöglichen sollen, seien nicht in ausreichender Zahl gekauft worden, nur zwei Drittel seien bisher ausgeliefert, und das unter intransparenten Umständen.
Hinweis: In einer früheren Version des Artikels hatte die EU den Abbruch noch nicht bestätigt. Dies hat der diplomatische Dienst der EU am Mittwochnachmittag getan. Die betreffende Stelle wurde am Mittwoch aktualisiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Täter von Magdeburg
Schon lange polizeibekannt
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt