Kongos Wahlkampf in heißer Phase: Das Land schwitzt

Präsident Tshisekedi setzt Auftritte nach Toten bei Kundgebung aus. Sorge vor Wahlfälschung und Gewalt nimmt zu.

Soldaten neben Zivilisten

Misstrauisches Beäugen: Polizisten und Katumbi-Fans auf Wahlkampfrally in Goma, 23. November Foto: Arlette Bashizi / reuters

BERLIN taz | Die heiße Phase des Wahlkampfs in der Demokratischen Republik Kongo ist in vollem Gange, und sie fordert Opfer. Präsident Felix Tshisekedi setzte am Samstagabend seinen Wahlkampf für drei Tage aus, nachdem kurz zuvor im Rahmen seiner Wahlkundgebung im Sportstadion der westkongolesischen Stadt Mbanza-Ngungu sechs bis acht Menschen zu Tode kamen. „Die Leute drängelten sich, um das Stadion zu verlassen, und das Schlimmste trat ein“, berichtete ein lokaler Journalist.

Der Vorfall ereignete sich, während Spekulationen um eine Verschiebung oder Absage der für den 20. Dezember angesetzten Parlaments- und Präsidentschaftswahl immer lauter werden. Die vorzeitige Abreise der EU-Wahlbeobachter vergangene Woche sowie zunehmende Kritik an der Wahlkommission nähren dies. Hintergrund ist die Sorge, dass die Wahlkommission CENI, wenn man sie lässt, diese Wahlen ebenso massiv fälschen könnte wie die von 2018.

Damals hatte sie in Nachfolge des damaligen Präsidenten Joseph Kabila, der nicht wieder antrat, zur allgemeinen Überraschung den Oppositionspolitiker Felix Tshisekedi zum Sieger ausgerufen, während alle unabhängigen Zahlen den von einem breiten Bündnis unterstützten Oppositionellen Martin Fayulu als Gewinner sahen.

Nun sucht Tshisekedi den Wahlsieg aus eigener Kraft. Sein Hauptgegner ist diesmal der langjährige Oppositionsführer Moise Katumbi, schwerreicher und dynamischer Unternehmer, ehemaliger Gouverneur der Bergbauregion Katanga und jahrelang politischer Hauptgegner von Kabila. Katumbi war 2018 aus den Wahlen ausgeschlossen worden und förderte stattdessen Fayulu. Seine Hoffnung, diesmal könne er anstelle Fayulus als gemeinsamer Oppositionskandidat auftreten, hat sich allerdings zerschlagen: Fayulu kandidiert erneut. Als weiterer Oppositionskandidat von Bedeutung gilt Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege.

Wer ist der größte Patriot?

Im Kontext des Krieges gegen die von Ruanda unterstützte Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. März) im Osten des Landes wetteifern alle Kandidaten darum, patriotischer aufzutreten als die anderen. Jeder behauptet, nur er könne den Krieg beenden.

Tshisekedi, der paramilitärische „patriotische“ Jugendmilizen gegen die M23 aufgestellt hat, nannte seine Kontrahenten am 25. November auf einer Kundgebung im nordkongolesischen Gemena pauschal „Kandidaten des Auslands“ – eine Anspielung darauf, dass Mukwege und Katumbi beide in der EU und den USA große Sympathien genießen.

Fayulu bezeichnet sich derweil als den einzig wahren Patrioten: Tshisekedi habe „die Macht gestohlen und wir akzeptieren keine Verräter in diesem Land“, rief er auf seiner Kundgebung im ostkongolesischen Goma am 30. November. Fayulu wird im Wahlkampf vom Staat aber weitgehend in Ruhe gelassen, denn er gilt als ungefährlich.

Ganz anders Katumbi, auf den der Staatsapparat sehr empfindlich reagiert. Mehrmals wurden seine Mitarbeiter in den vergangenen Monaten verhaftet oder gar getötet. Als Katumbi am 28. November in der ostkongolesischen Stadt Kindu auftrat, Hauptstadt der vom Tshisekedi-Lager regierten Provinz Maniema, überfielen Angreifer mit Sturmgewehren und Macheten seinen Wahlkampfkonvoi und töteten seinen lokalen Jugendorganisator.

Die Konfrontation könnte weiter eskalieren. Katumbis südkongolesische Heimatregion Katanga und Tshisekedis zentralkongolesische Heimatregion Kasai sind historische Rivalen im Kampf um Macht und Einfluss in der Hauptstadt Kinshasa. Ob der eine in der Hochburg des anderen toleriert wird, ist also die größte Bewährungsprobe für diesen Wahlkampf.

Tshisekedi will nach seiner dreitägigen Pause am Dienstag in Lubumbashi auftreten, Hauptstadt der Provinz Haut-Katanga und lange Zeit Amtssitz von Katumbi als Gouverneur. Katumbi wird seinerseits schon am Montag in Kananga erwartet, Hauptstadt von Tshi­sekedis Heimatprovinz Kasai-Centrai. Am Sonntag war dieser Auftritt fraglich, nachdem das Tshisekedi-Wahlbündnis für Montag in Kananga zu einem „Tag ohne Politik“ in Gedenken an die Opfer des M23-Krieges aufrief – damit wäre jeder, der stattdessen zu Katumbis Kundgebung geht, automatisch suspekt.

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