Vor de Maizières Lesung in Göttingen: Anschlag auf Amtshaus
Heute will Thomas de Maizière in Göttingen sein Buch „Regieren“ vorstellen. Um das zu verhindern, haben Unbekannte das Amtshaus angezündet.
In einem der taz vorliegenden Bekennerschreiben heißt es: „Die Politik von Politikern wie Thomas de Maizière ist eine mörderische Politik.“ Der Ex-Bundesinnenminister stehe für ein „menschenverachtendes System“. Jeden Tag kämen Menschen zu Tode: „Im Mittelmeer durch unterlassene und behinderte Seenotrettung, an den Grenzen der Festung Europa“ oder durch deutsche Waffenlieferungen an die „faschistische Türkei“. De Maizière trage die Verantwortung für Verbote von kurdischen Vereinen sowie linken Medienplattformen.
In dem Schreiben wird auch scharfe Kritik an der Göttinger Ausländerbehörde geübt. Sie leite Abschiebungen ein und lasse „Polizeikommandos nachts unangekündigt in Wohnungen stürmen, reißt Menschen aus dem Schlaf, aus ihrem Leben, aus ihrer Sicherheit, und verschleppt sie in Armut, Unterdrückung oder den Tod“.
Die Polizei sprach am Nachmittag von einer mutmaßlich linksextremistischen Tat und hat eine Sonderkommission eingerichtet. Wenn Gewalt- oder Straftaten eingesetzt würden, um Politiker oder Verwaltungsmitarbeiter einzuschüchtern, handele „es sich nicht mehr um eine legitime Form der politischen Meinungsäußerung“, sagte der Göttinger Polizeipräsident Uwe Lührig. „Dabei erreicht der Brandanschlag eine Qualität, die nach meiner Auffassung ganz klar als Linksterrorismus zu bezeichnen ist.“
Den Ermittlern zufolge haben die Täter den Anschlag gegen drei Uhr morgens verübt. Die Feuerwehr sei bis kurz vor sechs Uhr mit dem Löschen beschäftigt gewesen, der Brand habe „erhebliche Schäden“ verursacht.
De Maizière will am heutigen Dienstag in Göttingen sein Buch „Regieren“ vorstellen. Die zunächst am 21. Oktober angesetzte Lesung war damals von rund 100 linken Demonstranten verhindert worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann