Volkswagen startet Produktion: Bald laufen die Bänder wieder
In Zwickau werden ab Donnerstag wieder E-Autos gebaut. Zur Krisenbewältigung fordert VW eine neue Abwrackprämie.
In Zwickau werden zunächst die neuen E-Autos ID3 und ID4 produziert. Ab kommender Woche soll die Fertigung des Golf Variant folgen, der einen konventionellen Verbrennermotor hat. Die Produktion beginne mit den Elektroautos, weil die Nachfrage dafür bereits vorhanden sei, sagte ein Sprecher des Zwickauer Werks der taz. „Es gibt dafür 30.000 Reservierungen“, sagte er. Konventionelle Fahrzeuge zu produzieren sei nur sinnvoll, wenn auch Autohäuser geöffnet seien, in denen sie verkauft würden.
Zwickau ist der erste deutsche Standort, an dem VW die Produktion aufnimmt. In Brastislawa hat der Betrieb bereits am Montag wieder begonnen. Zwickau ist das Vorzeigewerk des größten deutschen Autobauers, hier baut der Konzern die konventionelle Fabrik im laufenden Betrieb zum weltweiten Vorbild für die Herstellung von E-Autos um. Zuletzt liefen hier täglich 120 Elektrofahrzeuge vom Band. „Jetzt werden wir erst einmal die Hälfte davon täglich produzieren und das Woche für Woche steigern“, sagte der Sprecher.
Bevor die Bänder am Donnerstag anlaufen, werden die Beschäftigten am Mittwoch in Schutzmaßnahmen eingewiesen. In bestimmten, als „rot“ ausgewiesenen Bereichen, in denen die Beschäftigten eng zusammenarbeiten, ist ein Mund- und Nasenschutz vorgeschrieben. Die Bänder werden langsamer als sonst laufen. Anders als früher dürfen nicht mehr zwei Beschäftigte gleichzeitig im Innenraum eines Autos arbeiten. Wie ursprünglich geplant soll die Auslieferung der neuen E-Autos im Sommer beginnen.
Rufe nach neuer Abwrackprämie
Auch andere Autobauer haben die Wiederaufnahme der Produktion angekündigt, etwa Daimler. Mitte März hatten alle Autobauer in Deutschland die Arbeit eingestellt. Noch ist unklar, wie stark die Coronakrise die Autobauer treffen wird. Schon vor Ausbruch der Pandemie hat die Branche unter dem Rückgang der Konjunktur gelitten. Jetzt sind die Autobauer zweifach unter Druck: Sie leiden unter unterbrochenen Lieferketten und der Zurückhaltung möglicher KäuferInnen. Denn VerbraucherInnen haben derzeit andere Sorgen als den Kauf eines neuen Autos.
Die Rufe aus Gewerkschaften, Politik und Industrie nach einer Stützung der Autobranche werden deshalb lauter. Gefordert wird etwa eine Abwrackprämie, wie sie nach der Finanzkrise unter der Bezeichung „Umweltprämie“ eingeführt worden ist, um Kaufanreize zu schaffen. Am Montag meldete sich nun auch der VW-Manager Ralf Brandstätter im Handelsblatt mit der Forderung nach einer neuen staatlichen Prämie für KäuferInnen zu Wort. „In dieser Situation sollte eine Prämie breit angelegt sein und auch moderne Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor umfassen“, forderte er. Die bisherige Förderung der E-Autos von einigen Tausend Euro soll nach seinen Vorstellungen weitergehen. Darüber hinaus könnte sich ein neues Fördermodell an eingesparten CO2-Emissionen orientieren, sagte er. „Wir gehen damit aus der Krise hinaus und hinein in die grüne Transformation.“
Konversion statt Kaufprämie
Führende Mobilitätsforscher warnen vor Zugeständnissen gegenüber der Branche. „Die Autohersteller wollen weitermachen wie bisher und dazu viel Geld von den nationalen und supranationalen Institutionen erhalten“, heißt es in einem Positionspapier des Berliner Mobilitätsforsches Markus Wissen von der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin und rund 30 weiterer ForscherInnen und VerkehrspolitikerInnen aus dem Umfeld etwa von Attac oder der Linkspartei. „Die Unternehmen wollen die Krise nutzen, um Arbeitsschutz, Verkehrssicherheit, Klima- und Umweltschutz zu deregulieren“, heißt es weiter.
Nötig sei stattdessen eine Konversion, etwa den Straßenneubau zu beenden und das Geld in den ÖPNV zu stecken: „Es ist an der Zeit, den politisch-industriellen Komplex des Autos zu überwinden.“ Die AutorInnen schlagen dafür unter anderem ein Reform der Kfz-Steuer vor, bei der es einen Bonus für Kleinwagen und einen exponentiell steigenden Malus für Luxus- und größere Autos gibt und sämtliche Steuervorteile und Subventionen wie das Dienstwagenprivileg gestrichen werden. Auch solle die Errichtung der Ladeinfrastruktur nicht mit Geldern der öffentlichen Hand finanziert werden.
Unterdessen ist VW dabei, den Betrugsskandal um manipulierte Abgaswerte bei Diesel-Fahrzeugen in Deutschland aufzuarbeiten. Der Konzern hat sich mit rund 200.000 geschädigten KäuferInnen auf einen Vergleich geeinigt, die am Musterfeststellungsverfahren des Bundesverbands der Verbraucherzentralen teilgenommen haben. Verbraucherschützer und VW hatten sich Anfang des Jahres auf einen Vergleich verständigt. Die KundInnen erhalten zwischen 1.350 bis 6.250 Euro, insgesamt stellt VW 620 Millionen Euro zur Verfügung. In 21.000 Fällen steht die Prüfung noch aus. Ursprünglich sollte die Frist für die Registrierung für den Vergleich am Montag enden, sie wurde aber bis zum 30. April verlängert.
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