Volksinitiative „Hamburg werbefrei“: Verfassungsgericht macht Hoffnung

Am Freitag verhandelte das Hamburgische Verfassungsgericht über die Zulässigkeit der Volksinitiative. Die zeigte sich anschließend zufrieden.

Außenwerbe-Schild an einer Hausfassade

Zwar noch nicht digital, aber auch nicht schön: Außenwerbung an einer Hausfassade Foto: Martin Gerten/dpa

HAMBURG taz | Es kommt nicht oft vor, dass Ver­tre­te­r:in­nen einer Hamburger Volksinitiative optimistisch aus einer Verhandlung vor dem Hamburgischen Verfassungsgericht kommen. Grund dazu gab es auch nicht, denn in den vergangenen Jahren hatte das Gericht ausnahmslos alle Initiativen auf Antrag des Hamburger Senats für verfassungswidrig erklärt. Bei der Volksinitiative „Hamburg werbefrei“ aber war die Stimmung am Freitag hoffnungsvoll, dass ihnen nicht dasselbe Schicksal droht. „Es sieht gut aus“, sagte ihr Rechtsanwalt Fadi El-Ghazi.

Die Initiative möchte per Gesetz die Zahl der Werbeflächen in der Stadt massiv einschränken. Insbesondere die wachsende Zahl energieintensiver digitaler Werbeflächen ist ihr ein Dorn im Auge. „Die zunehmende optische Dominanz von Werbung im Stadtraum wirkt sich negativ auf das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild sowie die architektonische und städtebauliche Gestaltung aus“, kritisieren die Aktivist:innen. Auf öffentlichem wie privatem Grund sollen sie deshalb nur noch mit Ausnahmeerlaubnis aufgestellt werden können.

Im Oktober 2022 hatte die Initiative dafür die Unterschriften von rund 15.000 Un­ter­stüt­ze­r:in­nen im Rathaus abgegeben. Weil die Bürgerschaft dem Ansinnen nicht folgen wollte, beantragte die Initiative als nächste Stufe auf dem Weg zu einem Volksentscheid die Durchführung eines Volksbegehrens. Daraufhin klagte der rot-grüne Senat beim Verfassungsgericht gegen die Durchführung.

Aus Sicht des Senats, das wiederholte er am Freitag vor Gericht, verstößt die Initiative vor allem in zwei Punkten gegen geltendes Recht: Einerseits greife sie unzulässig in das Recht der Bürgerschaft ein, allein über den städtischen Haushalt zu entscheiden. Denn die Stadt nimmt knapp 70 Millionen Euro im Jahr von Werbefirmen ein, die öffentlichen Grund zur Aufstellung von Werbeflächen nutzen. Hätte die Initiative Erfolg, gäbe es also gegen den Willen des Parlaments Einnahmeausfälle. Die Initiative bezweifelt, dass diese substantiell sind.

Ganz normaler Eingriff per Bauordnung

Ebenso gehen die Meinungen darüber auseinander, ob gegen Regelungen des Grundgesetzes verstoßen würde. Der Senat meint, es sei ein unverhältnismäßiger Eingriff ins Eigentumsrecht, wenn Ei­gen­tü­me­r:in­nen verboten würde, Werbeflächen aufzustellen. Rechtsanwalt El-Ghazi erwiderte, dass solche Eingriffe üblich seien – jede Bauordnung im Land setze Ei­gen­tü­me­r:in­nen im Interesse des Gemeinwohls in vielen Aspekten Grenzen.

Wie das Gericht diese beiden Streitpunkte bewertet, ließ es am Freitag nicht durchblicken. Andere Argumente des Senats aber, das machte die Vorsitzende Richterin Birgit Voßkühler deutlich, überzeugen nicht komplett. Hinzu sprach das Gericht noch eine Möglichkeit an: Es kann auch nur Teile des Volksbegehrens für unzulässig erachten – dann könnten In­itia­to­r:in­nen die zulässigen Teile bis zum Volksentscheid weiterverfolgen.

Sein Urteil will das Gericht am 6. September bekannt geben.

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