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Volksentscheid in Basel zum ESCSchlappe für die Spaßverderber

Jan Feddersen
Kommentar von Jan Feddersen

Die christlich-fundamentalistische Minipartei EDU ist mit dem Volksentscheid gegen den ESC in Basel gescheitert. Das ist gut so – nicht nur für Basel.

Nemo aus der Schweiz nach dem Gewinn im Finale des Eurovision Song Contest (ESC) 2024 Foto: Antti Aimo-Koivisto/STT-Lehtikuva/dpa

W er sich nicht vollständig apokalyptischen Gedankengespinsten hingegeben hat, wer nicht umgehend erwartete, dass in diesen kriselnden Zeiten christlich-fundamentalistische Menschen dem ja immer noch weitgehend liberalen Zeitgeist den Garaus bereiten – musste mit diesem Ergebnis rechnen: Bei einer Volksabstimmung in Basel erlitt eine christliche Frömmlerpartei eine krachende Niederlage.

Die christlich-konservative Kleinpartei Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU) hatte gefordert, dass die Stadt Basel einen zuvor zugesagten Betrag von 40 Millionen Euro wieder sperrt – weil mit diesem Beitrag im kommenden Jahr weitgehend das Rahmenprogramm zum Eurovision Song Contest in ebendieser schweizerischen Mikrometropole Mitte Mai finanziert werden soll.

Die Gruppe, die den Volksentscheid zu gewinnen hoffte, entstammt einer christofrömmlerischen Fundipartei, die den ESC als „blasphemische“ Musikveranstaltung und „Propagandaplattform“ für queere Menschen kritisiert. Der größte Popwettbewerb des Fernsehens, den im Mai der eidgenössische Mensch Nemo mit dem Titel „The Code“, gewann, leiste, die Initiative recht verstanden, Satanismus und Okkultismus Vorschub. Nemo identifiziert sich als nonbinär.

Für Basel durchaus lohnend

Die PetitionärInnen der rechts-klerikalen Partei ahnten offenbar nicht, dass ihr Wunsch derart scheitern würde. Was aber hätten die BaslerInnen tun sollen? Der internationale Songwettbewerb wird mit seinem schillernden Rahmenprogramm aus dem eher trübsinnigen Basel eine europäische Festmetropole machen – wenigstens für zwei Wochen. Das verspricht viel Open-Air-Unterhaltung und Abwechslung vom öden Alltag.

Außerdem werden tausende ESC-Fans anreisen wollen, auch das eine Abwechslung vom baselischen Alltagseinerlei. Das Geld, das wissen Marketingmenschen, spielt sich für Basel rasch wieder ein – der Imagegewinn wird enorm sein. All diese Umstände haben die Kritiker moderner Massendekadenz übersehen: Sie mussten als Spaßverderber abgelehnt werden, was denn sonst. Die ESC-Planung geht weiter, die FundiklerikerInnen sind betrübt: Das werden sie aushalten müssen.

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Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin,und des taz Talks, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders des Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan, aktuell auch noch Bayer-Leverkusen-affin. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!
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13 Kommentare

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  • Es ist jedenfalls großartig, dass Basel darüber abstimmen durfte.



    Wenn man seine Verantwortung kennt und gewohnt ist, kommen meistens auch bessere Ergebnisse dabei heraus, als wenn wenige vermeintlich alternativlose Entscheidungen treffen - oder viele über eben diese Entscheidungen ohnmächtig lästern.

    Denn der Witz ist: Die Baseler mussten eben nicht so abstimmen - sie wollten es.



    Das ist der Zauber der Demokratie.

  • Vielleicht muss mensch das Thema ESC unter Lifestyle und Alle nach ihrer Façon abheften. Und nicht positiv oder negativ überhöhen. Das entspannt.

  • Mal schauen, was in Sachen Populär-Antisemitismus wieder aufgefahren wird. Da hat Mr. Nemo sich ja neben dem Gesanglichen auch sehr engagiert... (zumindest so lange es trendy war).

  • Wie kommen sie darauf, dass Basel "eher trübsinnig" sei?

    • @HRM:

      Das schreibt man halt so, wenn man noch ein paar Sätze braucht. War auch nie mein Eindruck.



      Jedenfalls, gut dass die Initiatoren mit ihrer Begründung gescheitert sind.



      Allerdings wundert man sich schon, dass derartige Veranstaltungen grundsätzlich auf riesige Steuergeldbeträge angewiesen sind. Wieso ist das so, wenn sie sich doch rechnen?



      Naja, wenn die Basler Lust drauf haben.

    • @HRM:

      Basel hat den Rhein, St. Ursula, die Handelsstadtgeschichte und das Schwimmen mit Wickelfisch, -zig Museen, Musik, Theater, Fastnacht, den Reichtum durch die Chemie, die Universität und das Dreiländereck. Die wohl kulturellste Stadt der Eidgenossen.



      Hr. Feddersen hat die Fakten gedehnt, dass sie zu seinem Privatanliegen passen sollten.

    • @HRM:

      ...ach der Herr Feddersen...

  • Das für diese Schund-Veranstaltung mit mittelmäßig bis schlechten Küntlern, die mehr Wert auf ihr schrilles Aussehen als auf musikalisches Talent legen, 40 Mio an Steuergeld ausgegeben werden, würde ich auch nicht wollen. Da es aber wohl einige Touris in die Stadt locken dürfte, kommen die 40 Mio wohl hoffentlich irgendwie wieder rein.

  • Das ist doch das schöne an Volksabstimmungen.

    Es ist vollkommen egal, wer letztlich gewinnt, entscheidend ist, daß das Volk entscheidet.

    Würde ich mir auch für Deutschland wünschen.

    • @Don Geraldo:

      Volksabstimmungen verwässern die Verantwortlichkeit, die in einer repräsentativen Demokratie bei den vom Volk Gewählten liegt.

      Sie sind vielleicht noch sinnvoll nur bei fehlenden Regierungswechseln (Bayern, Schweiz) oder um Bundesländer sehr feierlich zu vereinen.

      Ob Abstimmungen in meinem persönlichen Sinne ausgehen oder nicht, ist da übrigens ein irrelevanter Punkt.

    • @Don Geraldo:

      Nicht alles was glänzt ist Gold. Gilt auch für die Schweiz.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Aber zumindest ist das meiste Silber - und nicht Blech wie in der EU.



        Siehe auch die Abstimmung zum Autobahnausbau letztes WoE!

        • @Emmo:

          Der abgelehnte Autobahnausbau ist eine Meldung wert. ESC fürchte ich, wird wegen Nervensäge Raab wieder hochgekocht werden bis alle weglaufen. Seit ABBA kam da doch kaum was ernstzunehmendes raus.