Virtueller EU-China-Gipfel: Neuer Wind weht nach Peking
Von Europas Gipfel mit China sind keine substanziellen Ergebnisse zu erwarten. Doch das virtuelle Treffen bietet die Chance zu geeinter China-Politik.
Im bestmöglichen Szenario einigen sich beide Seiten zumindest auf jenes Investitionsabkommen, auf das Peking und Brüssel seit über sechs Jahren hinarbeiten. Die weltpolitische Gemengelage spielt der EU in die Hände, schließlich kann sich die Volksrepublik angesichts Donald Trumps schriller Anti-China-Politik nicht leisten, auch noch seinen wichtigsten Handelspartner Europa zu verlieren. Doch bisher gibt es kein Anzeichen für Zugeständnisse Pekings.
Spätestens mit Ausbruch der Coronapandemie wurde ein deutlicher Paradigmenwechsel der europäischen China-Politik sichtbar. Zum einen hat man in Brüssel Pekings präpotente „Maskendiplomatie“ bis heute nicht vergessen: Chinas diplomatische „Wolfskrieger“ inszenierten sich mit pompös inszenierten Hilfslieferungen als weltweite Retter, blockierten jedoch jede Frage zum Ursprung des Virusausbruchs wie zur anfänglichen Vertuschung seitens der Behörden in Wuhan.
Schwer wiegt auch Chinas Machtdemonstration in Hongkong: Mit dem aufgezwungenen Gesetz für nationale Sicherheit lähmte Peking dort nicht nur die Oppositionsbewegung, sondern brach auch internationale Verträge.
EU-Kritik wegen Wirtschaft, Hongkong, Uiguren und Corona
Auch die systematische Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren in Xinjiang sorgt zunehmend für Kritik – mittlerweile nicht nur bei Politikern, sondern auch in Unternehmensvorständen.
Auch auf wirtschaftlicher Ebene herrscht längst Ernüchterung: Pekings Rhetorik, seine Märkte für ausländische Investoren zu öffnen und die heimische Wirtschaft zu reformieren, steht im Kontrast zu seinen Taten.
Denn unter Xi setzt China wieder verstärkt auf aufgeblähte Staatsunternehmen. Der Trend hat sich seit Corona noch verschärft. Private Firmen – chinesische wie ausländische – haben dabei das Nachsehen.
Dass aus Brüssel mittlerweile ein neuer Wind weht, bekam gerade erst Chinas Außenminister Wang Yi bei seiner Europa-Reise zu spüren. Von Chinas Propaganda wurde die Tour als Charmeoffensive gepriesen, doch letztlich war sie ein Fiasko.
Trotz Trump gewinnt auch China keine Sympathien
Von Oslo bis nach Rom hielt die europäische Seite nicht mit Kritik an Peking hinterm Berg. Vor allem provozierte die gleichzeitige Reise des tschechischen Senatspräsidenten Miloš Vystrčil nach Taiwan, der aus Chinas Sicht „abtrünnigen Provinz“. Außenminister Wang ließ sich darauf zu offenen Drohungen hinreißen – und stellte damit zur Schau, warum es Chinas Regierung trotz eines US-Präsidenten namens Trump nicht gelingt, internationale Sympathien zu gewinnen.
Die EU scheint sich inzwischen im Klaren zu sein, wie wichtig eine geeinte China-Politik ist – schließlich ist Europa Pekings wichtigster Absatzmarkt. Und Chinas Regierung braucht die EU als politischen Partner für ihren Aufstieg zur Weltmacht.
Doch wäre es nicht im europäischen Interesse, sich von Washington einspannen zu lassen und einen erneuten Kalten Krieg herbeizubeschwören. Zugleich sind auch die Zeiten vorbei, in denen ausschließlich wirtschaftliche Interessen die europäische China-Politik bestimmen.
Zu beachten ist jedoch, dass sich in die Psyche von Chinas Kadern das Trauma der Kolonialzeit tief eingebrannt hat. Wer seine China-Kritik oberlehrerhaft formuliert, erreicht unter Xi nur sturen Trotz.
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