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Virale „Dubai-Schokolade“Dabei sein ist alles

Bei der süßen Versuchung aus TikTok schmelzen Bescheidenheit und Disziplin, alle wollen die Schokolade um jeden Preis. Die Frage ist, wie lange noch?

Heißer Scheiß: Dubai-Schokolade in einem Lindt-Shop in Aachen Foto: Daniel Niemann/ap

Genüsslich schmatzt eine TikTokerin in die Kamera: „Ich schwöre, die Dubai-Schokolade hat mein Leben auseinandergenommen. Die macht süchtig. Noch nie hat eine Schokolade so geil geschmeckt und noch nie hat mich eine Schokolade so arm gemacht“, beschreibt sie ihr Erlebnis mit der viralen Süßigkeit. Doch der Aufwand habe sich auf jeden Fall gelohnt, erzählt sie weiter. Immerhin könne sie jetzt „flexen“, also Eindruck schinden.

Schon seit Monaten wabert die sogenannte „Dubai-Schokolade“ als Must-have durch sämtliche soziale Medien. Als Erfinderin gilt die Unternehmerin Sarah Hamouda, die die Schokoladenkreation in der Manufaktur Fix Dessert Chocolatier in Dubai verkauft.

Entdeckerin der Spezialität soll die Food Influencerin Maria ­Vehera sein, die sich schon Ende 2023 bei der Verköstigung diverser Süßigkeiten aus Dubai filmte. Seitdem will die Aufregung darüber nicht abklingen.

Bis zu sechs Stunden in der Schlange

Der Hype hat es aus dem Bildschirm in die analoge Welt geschafft: Das Schweizer Chocolatiers-Haus Lindt bietet für kurze Zeit eine eigene limitierte Version der „Dubai-Schokolade“ an. Hunderte Menschen stehen deswegen bis zu sechs Stunden lang in deutschen Innenstädten Schlange – bei klirrender Kälte –, um knapp 15 Euro für eine Tafel Schokolade bezahlen zu dürfen.

Was ist es, das Junge und Alte, Gutbetuchte und solche, die gerade so über die Runden kommen, dazu motiviert, sich in solche Unkosten zu stürzen?

Manche argumentieren, es liege am Geschmack. Die Mischung aus Kadayif (das sind knusprig gebackene Teigfäden, die man von Baklava kennt) und süßer Pistazien­creme umhüllt von einem Schokoladenmantel soll ein Geschmackserlebnis der absoluten Superlative sein.

Exzess, Gier und Ungeduld

Alle Zutaten, die die Schokolade so verführerisch machen, gibt es aber auch in jedem gut sortierten Supermarkt. Eine „Dubai-Schokolade“ aus eigener Herstellung erfordert nicht mehr Aufwand als ein Kuchen und ist, wenn auch nicht billig, zumindest deutlich günstiger. Doch das spielt keine Rolle, niemand „flext“ mit Marke Eigenbau und die Leute rasten nicht wegen des Geschmacks aus, sondern wegen des Hypes selbst, ganz nach dem Motto: Dabei sein ist alles.

Der Run auf die Schokolade erinnert ein wenig an die Geschichte „Charlie und die Schokoladenfabrik“ aus dem Kinderbuch von Roald Dahl. Jeder will die Schokolade mit dem goldenen Ticket, das eine Reise in die magische Fabrik von Willy Wonka verspricht. Charlies Geschichte appelliert an Werte wie Bescheidenheit und Selbstdisziplin, gegen Exzess, Gier und Ungeduld.

Der Hype um die Dubai-Schokolade dagegen spiegelt unsere Sehnsucht nach Wohlstand, Status und Exklusivität wider. Doch zumindest Letzteres bröckelt bereits. Wer unbedingt dabei sein will, kann sich innerhalb von zwei Tagen günstige „Fake“-Tafeln bei Amazon nach Hause bestellen – für ein Video und 15 Sekunden Aufmerksamkeit reicht das.

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13 Kommentare

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  • Sie haben kein Brot? Sollen sie doch Dubai Schokolade essen.

  • Wann wird die nächste Sau durchs Dorf getrieben?

  • In meiner REWE Filiale müsste ich dafür nicht mal in der Schlange stehen, da bekäme ich die Schokolade, sollte ich sie den wollen, einfach an der Kasse.

  • Manchmal frage ich mich, wie gut und sinnvoll es ist, dass ich mich aus allen sozialen Medien komplett abgemeldet habe... und manchmal beantwortet sich diese Frage von selbst!

  • ...und die ach so alternative Taz mit ihrem Qualitäts-Journalismus macht den Werbehype mit - wie arm ist das denn!?

  • Wie lange noch? - Nun, wir werden es sicherlich in der Qualitätspresse erfahren.

  • Post-moderner Ablasshandel für die ohnmächtige Masse

    "Wie ihr fühlt euch vom Kapitalismus und seinen Folgen verunsichert, verängstigt und in eurer Würde und eurem Wesen verletzt und angegriffen? - Hier habt ihr was um euch abzulenken ihr armen Dinger."

    • @Thomas O´Connolly:

      Mami die Zeiten werden härter. Bitte schick Schokolade.

      Spruch auf einer Postkarte irgendwann in den 90ern.

  • Schön blöd.

  • Die Sehnsucht wird auf den Fetisch gelenkt. Man steht stundenlang Schlange, früher um das neueste iPhone zu bekommen, heute um eine blöde, völlig überteuerte Tafel Schokolade zu kaufen.

    Es ist alles so auf den Hund gekommen, nichts gegen Hunde, dass mir fast die Worte fehlen.

    • @Jim Hawkins:

      Wird der "Hype" von den klassischen Medien nicht eher noch stärker hochgeschrieben? Dieses "anstehen" gab es jetzt einmal und wurde wirklich durch jedes Medium gejagt, auf Social Media gibt es die Schokolade schon seit Monaten und Zeitungen werden wahrscheinlich noch darüber berichten, wenn sie längst keiner mehr will.

      Und Schlange stehen ist doch nichts neues. Leute warten tagelang vor Konzerthallen, ICH gebe tausende Euros für eine Konzertkarte der Gallagher-Brüder aus (Hotel und Flug nicht mitgerechnet) und warte dafür stundenlang vor dem Bildschirm und auch das ist wahrscheinlich noch nichts im Vergleich zu dem, was manche Taylor Swift Fans auf sich nehmen. Damit tuen sie oder ich aber keinem weh, also: Warum sich darüber aufregen? Wenn das Kapitalismuskritik sein soll: Dann klingt das für mich eher peinlich und nach einem alten Mann, der sich über die (aus seiner Sicht) falschen Trends der derzeitigen Jugend mokiert. Nur, warum?

      • @Gregor von Niebelschütz:

        Oasis oder meinetwegen Taylor Swift auf einer Ebene mit einer Tafel Schokolade abzuhandeln, das hat schon was.

        Ich für meinen Teil hasse Schlange stehen und vermeide es, wo es geht. Es ist mir klar, dass heutzutage aus jedem Mist eine Art Event gemacht wird.

        Die Unfähigkeit etwa, der Verantwortlichen der Ausstellung der Bilder aus dem MoMa vor einigen Jahren, halbwegs übersichtliche Zeitfenster für den Besuch der Neuen Nationalgalerie einzurichten, wurde zu einem Ereignis hochgejazzt.

        Mit Musikern und Brezelverkäufern, die den armen, stundenlang wartenden etwas Gutes taten, bevor die sich durch die Ausstellung drängeln konnten. Zwanzig Sekunden für jedes Bild. Was daran Kunstgenuss sein soll, das mag sich mir nicht erschließen.

        Die Eventisierung schreitet nicht mehr voran, sie ist schon total, alles ist geil, selbst das Warten auf etwas, dass das Warten nicht wert ist.

  • 21.Jahrhundert: Die Herstellung der Schokolade kostet 1,96€ (siehe youtube-Video), verkauft wird das Ding für 15 € (Lindt-Gewinnmarge!), versteigert im Internet für bis zu 400 €. Uns geht es einfach zu gut!