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Vier-Parteien-Bündnis gegen GrüneEx-Partner will nicht mehr

Bei der Hamburger Kommunalwahl blieben die Grünen trotz Verlusten stärkste Kraft im Bezirk Nord. Doch die SPD sucht neue Bündnispartner.

Hätte den Weg frei gemacht: Der grüne Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz mit Parteifreundinnen Sina Imhof (l.) und Anja Hajduk Foto: Hoch Zwei Stock Angerer/Imago

hamburg taz | Nach Verlusten bei der Bezirkswahl im Juni zeichnen sich erste Konsequenzen für die Hamburger Grünen ab: Im Bezirk Nord, wo sie bislang eine Koalition mit der SPD angeführt hatten, droht ihnen nun die Oppositionsbank.

Dabei stellen die Grünen immer noch die stärkste Fraktion und es würde für eine Fortsetzung des bisherigen grün-roten Bündnisses reichen. Doch die SPD hat ihrem Partner nach Sondierungsgesprächen abgesagt. Sie will nun ein ganz breites Bündnis mit CDU, FDP und der erstmals in die Bezirksversammlung eingezogenen Partei Volt schmieden.

Den Bezirk mit 320.000 Einwohner:innen, der von den Villen an der Außenalster bis an die Landesgrenze zu Schleswig-Holstein reicht, hatten SPD und Grüne zehn Jahre lang gemeinsam regiert, seit 2019 unter grüner Führung. Was nach außen wie eine gut geölte Maschine wirkte, scheint aber zuletzt Risse bekommen zu haben.

In den Sondierungsgesprächen mit den Grünen seien Differenzen zutage getreten, sagt SPD-Fraktionschefin Tina Winter. „Wir haben ihnen gesagt: Wir haben ein bisschen Probleme damit, wie ihr mit den Bür­ge­r:in­nen umgeht.“ Wenn die ganz normale Anliegen vorbrächten, wie ihr Auto zu parken, würden sie zum Teil „abgemeiert“.

Bei der Verkehrswende auf die Bremse

Die SPD wolle Konflikte künftig mit einer frühzeitigeren Bürgerbeteiligung angehen. Dagegen hätten die Grünen eingewandt, da kämen doch immer nur die, die dagegen sind. Bei der Verkehrswende möchte die SPD künftig ein bisschen auf die Bremse treten: „Wir wollen es sachter angehen, lieber langsamer, aber dafür alle mitnehmen“, sagt Winter.

Bei den Grünen klingt das ganz anders: „In den Sondierungsgesprächen sind wir der SPD sowohl inhaltlich als auch personell entgegengekommen“, beschreibt der Grünen-Kreisvorsitzende Marcel Bulawa die Gespräche. Doch immer, wenn die Grünen signalisiert hätten, dass sie kompromissbereit seien, sei das nächste Thema auf den Tisch gekommen.

Irgendwann habe man den Eindruck gehabt, es sei gar nicht um Inhalte, sondern um Posten – speziell den Posten der Bezirks­amtsleitung – gegangen. Man höre, dass die SPD auch schon einen Namen für den Posten in petto habe.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass der SPD-Kreisvorsitzende Alexander Kleinow Ambitionen hegt. Fraktionschefin Winter möchte dazu „grundsätzlich“ nichts sagen. Amtsinhaber Michael Werner-Boelz wäre zwar bereit gewesen, auf seinen Posten zu verzichten, aber die Grünen hätten auf ihrem Vorschlagsrecht bestanden.

Werner-Boelz ist eine Reizfigur. Er war bundesweit bekannt geworden, als er öffentlich den Beschluss verteidigt hatte, in seinem Bezirk keine neuen Einfamilienhaus-Baugebiete mehr auszuweisen. Einen Beschluss übrigens, den Grüne und SPD gemeinsam gefasst hatten.

Genau das wundert Bulawa nun – dass die SPD die Arbeit der Koalition infrage stellt, in der doch alles gemeinsam entschieden worden sei. Die Enttäuschung über das Vorgehen der langjährigen Partner ist ihm anzumerken.

„Komplett gegen den Wählerwillen“

„Das ist schon ein hartes Stück, eine Viererkoalition zu schmieden, um die stärkste Kraft außen vor zu lassen“, sagt auch die Grünen-Landeschefin Maryam Blumenthal. „In meinen Augen ist das komplett gegen den Wählerwillen – die grün-rote Koalition wurde ja bestätigt, auch mit dieser Gewichtung.“

Eine Strategie der Landes-SPD vermutet sie indes nicht dahinter. Im Nachbarbezirk Wandsbek etwa verliefen die Gespräche sehr konstruktiv. Eher sei die SPD überall dort, wo die Grünen stark sind, bemüht, den grünen Erfolg herunterzuspielen.

Ob bewusst oder nicht – die SPD wertet mit der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen die notorisch schwache CDU auf, die zuletzt leicht im Aufwind war. Das Signal ist: Auch hamburgweit ist Rot-Grün nicht in Stein gemeißelt.

Ob es in Hamburg Nord wirklich zu der geplanten Viererkoalition kommt, ist aber längst nicht gewiss: Die Neulinge von Volt, die politisch in vielen Punkten mit den Grünen übereinstimmen, haben selbstbewusst „rote Linien“ formuliert.

„Wir haben von der SPD die Zusage, dass wir nicht gegen die Klima- und Mobilitätswende handeln werden“, sagt Antje Nettelbeck, Vorsitzende der dreiköpfigen Fraktion. „Wir wollen den nicht motorisierten Individualverkehr unterstützen, etwa durch baulich getrennte Radwege, Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit sowie die Sicherung des Anwohnerparkens.“ Dass es darüber zu einem Konsens mit CDU und FDP kommt, ist schwer vorstellbar.

Ob die SPD ihre Koalition notfalls auch ohne Volt schmieden würde? Fraktionschefin Winter will sich nicht festlegen. Sie hätte dann nur eine Mehrheit von einer Stimme. Mit den Grünen wären es zwei.

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6 Kommentare

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  • Da sieht die SPD jeden Tag, wie die FDP in kurzen regelmässigen Abständen in Worten und Taten Sprengmittel an die Koalition legt, die mit Sachfragen nichts mehr zu tun haben - und in Hamburg geht man ohne Not von einer -schwierigen- 2er Koalition zu einer -nochmal deutlich schwierigeren- 3er Koalition mit noch größerer Ideologischer Spannweite über - und nimmt den liberalen Sprengmeister mit an Bord. So, als hätte die SPD-HH überhaupt nichts mit SPD-D zu tun.



    Die SPD begräbt sich selbst. Als gäbe es nicht auch dafür ein kleines Stück weiter Links ein abschreckendes Beispiel .



    Oh, Herr, wirf Hirn vom Himmel.

  • Es ist schon ein wenig merkwürdig, wenn eine (hamburger) Grüne von Wählerwillen spricht…



    Da fällt mir als erstes das Wahlplakat „Kohle von Beust“ ein.



    Anschließend koalierten die Grünen mit den Schwarzen und nahmen Moorburg selbst in Betrieb.



    Gegen den erklärten Wählerwillen.

    Sicherlich läuft auf Bezirksebene einiges anders. Aber gerade die hamburger Grünen haben im Bezirk Mitte gezeigt, wie abstoßende Machtpolitik funktioniert. Mit der Deckung durch 2 grüne Senatorinnen.

    Hamburg hat es, im Gegensatz zu Berlin unter RRG, nie geschafft, zu einem Leuchtturm in der Klima-, Verkehrs- und Umweltpolitik zu werden.

    Vielleicht kann Volt mit den entsprechenden Stimmen hier ja neue Impulse geben.

    • @hsqmyp:

      „Anschließend koalierten die Grünen mit den Schwarzen und nahmen Moorburg selbst in Betrieb.“

      Seinerzeit nicht verfolgt, dass die Vorgenehmigungen unter der CDU Alleinregierung soweit fortgeschritten waren, dass Frau Hajduk gar nicht anders konnte, ohne Millionenklagen für die Stadt zu riskieren?



      Aber da sind Sie nicht allein. Dieser Blödsinn wurde schon oft von interessierter Seite verbreitet. Wie sinnvoll das Kraftwerk Moorburg war, zeigt sich ja daran, dass Vattenfall es nach wenigen Jahren Betrieb eingestellt und dann abgebaut hat.

  • Sehr offensichtlich, dass es den Sozis nur um den Posten des Bezirksamtleiters geht. Es war doch vernünftig, was der grüne Bezirksamtsleiter gemacht hat. Z.B. Autos runter von den Fußwegen, keine Einzelhäuser mehr wegen der enormen Versiegelung. Hat die SPD schon mal was von Starkregen gehört, der ja irgendwo hin muss?

  • Wenn selbst die SPD bemerkt, dass die Grünen die Anliegen von Bürgern nicht ernst nehmen, dann kann es mit den Grünen wirklich nicht mehr weit her sein.

    • @JEDERHATSEINEMEINUNG:

      Vielleicht ist's ja auch umgekehrt: Wenn die SPD ein Problem mit den Grünen hat, dann werden die Grünen schon auf dem richtigen Weg sein....