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Schlachthof bei OldenburgOrt der Qual geschlossen

Undercover-Videomaterial dokumentiert Zustände im Schlachthof Elsfleth in Niedersachsen. Tierschützer nennen das, was dort geschah, ein Massaker.

Geworfen, gestapelt, getreten: Ausschnitt aus dem Videomaterial, das Aninova veröffentlicht hat Foto: Aninova

Osnabrück taz | Schlachthöfe sind Orte des Todes. Schön ist das nie. Aber manche von ihnen sind unschöner als andere. Sie sind Orte der Qual, Orte schockierender Gewalt. Die Tierrechtsorganisation Aninova bringt solche Fälle ans Licht. Oft zeigt sich darin ein systemisches Problem: Die veterinärmedizinischen Kontrollen sind unzureichend, wirkungslos.

Derzeit hat Aninova den Schlachthof in Elsfleth im Visier, Landkreis Wesermarsch bei Oldenburg, Niedersachsen. Er ist auf Halal-Schlachtung spezialisiert. Was dort geschehe, sei „ein Massaker“, sagt Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender von Aninova.

Undercover-Videomaterial, entstanden im August und September 2024, wurde Aninova zugespielt und zeigt, wie roh Schafe und Rinder hier behandelt wurden. Es zeigt Tiere, die unbetäubt getötet werden, gegen Gitter prallen, in Blutseen liegen, geschlagen werden, geworfen, gestapelt und getreten. Die Aufnahmen zeigen Schocks mit Elektrotreibern; bei einem Rind 160 Mal. Er habe „selten solch einen brutalen Umgang“ gesehen, sagt Peifer.

Ende vergangener Woche hat Aninova das zuständige Veterinäramt in Brake in Kenntnis gesetzt, hat bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg Strafanzeige erstattet, wegen des Verdachts des Verstoßes gegen § 17 2a) und b) Tierschutzgesetz. Das sieht im Maximalfall eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor, wenn einem Wirbeltier „aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden“ zugefügt werden.

„Völliges Versagen sämtlicher Überwachungsmechanismen“

In der Strafanzeige gegen die Schlachthof-Geschäftsführer Issam H. und Jochen K. sowie gegen die verantwortlich handelnden Amtsveterinäre ist davon die Rede, Tiere seien „brutal gequält“ worden. Es ist die Rede von einer „grausamen Gleichgültigkeit gegenüber den Empfindungen der Tiere“.

Ein Kurzgutachten von Claudia Preuß-Ueberschär und Jochen Weins vom Verein „Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft“ ist der Strafanzeige beigefügt. In diesem Gutachten attestieren sie ein „völliges Versagen sämtlicher Überwachungsmechanismen“.

„Auch in diesem Schlachthof hat wieder alles versagt, was nur versagen kann“, sagt Peifer. Immer wieder sei der amtliche Tierarzt auf den Aufnahmen zu sehen, doch bei Tierquälerei schreite er nicht ein oder er sei nicht dabei.

„Die zu sehenden Handlungen in den Aufnahmen sind nicht hinnehmbar, sie sind erschütternd und verwerflich“, schreibt Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne) der taz auf Nachfrage. „Alles deutet darauf hin, dass den Tieren erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt wurden, und somit eine oder mehrere Straftaten vorliegen.“ Das Ministerium werde selbst ebenfalls Strafanzeige stellen, so Staudte.

Schlachthof geschlossen

Das Veterinäramt Jade-Weser hat das bereits getan. Am späten Sonntagabend wurde dort das Videomaterial gesichtet. Am frühen Montagmorgen schlossen Mitarbeiter des Veterinäramtes den Schlachthof bis auf Weiteres, begleitet von der Polizei. „Die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgabe zur Überwachung der Schlachthöfe ist ein sehr wichtiger Bestandteil der behördlichen Gefahrenabwehr“, schreibt Bernd Niebuhr, der Vorsitzende der Verbandsversammlung des Veterinäramtes, in einer Stellungnahme. „Vor diesem Hintergrund nehmen wir die hier zum Ausdruck gebrachten Vorwürfe in Bezug auf den Tierschutz sehr ernst.“

Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hat nun viel zu tun. Man habe aufgrund der Aninova-Anzeige „Ermittlungen gegen verantwortlich Handelnde eines Schlachthofs in Elsfleth wegen des Verdachts von Verstößen nach § 17 Tierschutzgesetz aufgenommen“, bestätigt Staatsanwalt Thorsten Stein, Sprecher der Behörde.

Niedersachsen habe sich „durch eine Bundesratsinitiative für die Etablierung einer Videoüberwachung in den Schlachthöfen stark gemacht“, schreibt Natascha Manski, Sprecherin des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums, der taz. „Dieses wichtige Anliegen des Landes wurde in diesem Jahr im Rahmen der vorgesehenen Novellierung des Tierschutzgesetzes aufgegriffen. Der betroffene Schlachthof würde unter die derzeit vorgesehene Größenordnung fallen, bei der eine Videoüberwachung künftig verpflichtend ist.“

Vorgesehen ist, dass in Schlachthöfen, in denen pro Jahr mehr als 1.000 Großvieheinheiten (GVE) geschlachtet werden, ein Videoüberwachungssystem etabliert werden muss. Eine GVE entspricht etwa 500 Kilogramm. Bei kleineren Schlachthöfen könne das künftig „schon bei Vorliegen eines Verdachts“ angeordnet werden, so Manski.

Schulungen für Tierärzte

Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium habe in den vergangenen Jahren die Fachaufsicht über die kommunalen Veterinärbehörden „zunehmend intensiviert“, so Manski. „So werden seit 2023 besonders die amtlichen Tierärzte, die die kleinen Schlachtbetriebe überwachen, zusätzlich regelmäßig über Schulungen weitergebildet.“ Zusätzlich führe das niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit „risikoorientierte Kontrollen“ in Schlachtbetrieben durch.

Der Schlachthof, von der taz um Kommentierung gebeten, schweigt. Auf seiner Website, mittlerweile nicht mehr aufrufbar, hatte er sich für sein „kompetentes Team“ gelobt. Auch ein streitbar schnaubendes Longhorn-Rind war hier zu sehen, als Logo. Die Opfer-Rinder im Video sehen anders aus.

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4 Kommentare

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  • Was tun sich die Verantwortlichen für solche entsetzlichen Grausamkeiten eigentlich selbst an?

    Ein Buddha-Zitat:



    "Die Wesen mögen alle glücklich leben, und keines möge ein Unheil treffen! Möge unser ganzes Leben Hilfe sein an anderen. Ein jedes Wesen scheuet Qual, und jedem ist sein Leben lieb. Erkenne dich selbst in jedem Sein, und quäle nicht und töte nicht."

    Tiere sind "fühlende Wesen" wie wir auch.

    Jedes Verbrechen gegen die eigene Natur, jedes, ohne Ausnahme, zeichnet sich in unserem Unterbewusstsein auf – was die Buddhisten ALAYAVIGYAN nennen, das Lagerhaus des Bewusstseins – JEDES Verbrechen. Es wird registriert. Wir können diese Registratur nicht betrügen. Es ist außerhalb unserer inneren Reichweite.

    Unsere innerste Natur ist Bewusstheit. Liebe und Güte.

    Die Verantwortlichen dieser Massaker haben sich davon weit entfernt.

    Was wird sie bei diesem Karma erwarten?

    Christen würden es als die Hölle bezeichnen. Ewig.

    Der Buddhismus ist da etwas sanfter: solange es halt dauert so ein wahnsinnig schlechtes Karma abzubauen. Tausende von Leben?

    Was sagen Muslime dazu?

  • Bevor jemand etwas anderes behauptet: ein solches Vorgehen ist NICHT halal



    Man kann über das Schächten denken was man will, aber ein möglichst schmerzloser Tod wird auch nach den religiösen Regeln angestrebt. Betäubung gab es halt vor hunderten Jahren keine Zuverlässigen Methoden, die dem Tier nicht noch mehr geschadet hätten.

    • @Herma Huhn:

      Schächten ist jetzt nicht tierfreundlich und der ganze Bohei um halal und haram ist ebenso wie koscher und christliche Fastenregeln aus der Zeit gefallen. Ich kenne niemanden egal aus welcher Religionsgemeinschaft, der von welchem Gott auch immer für die Nichteinhaltung solcher Regeln "bestraft" worden wäre. Gesetzliche Regeln können sich nicht nach uralten Regeln, die von alten Männern über die Jahrhunderte zusammengelogen wurden richten. Ich möchte auch nicht nach dem alten Testament leben.

      Das Hauptproblem ist doch, dass Schlachten heute von irgendwelchen unausgebildeten Hilfskräften ausgeführt wird. Wenn jetzt nur noch formal gut ausgebildete Schlachter schlachten sollten, die überwacht werden und bei Nichteinhaltung der Regeln könnte man die Zustände verbessern.

      • @Axel Schäfer:

        Es stellt sich tatsächlich die Frage, warum die Schlachterinnung so laut schweigt, dass es weh tut. Keine Berufsehre mehr? Wozu ein Handwerk erlernen mit Meisterzwang, wenn es niemanden interessiert?