Veto im UN-Sicherheitsrat: Skrupelloses Kräftemessen

Rund 2,8 Millionen Syrer sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Doch Russland und China versperren den Weg. Eine Alternativlösung muss dringend her.

Eine Hilfsorganisation verteilt Schutzmasken, Kinder stehen in einer Schlange

Idlib, 19. Mai: eine Freiwillige der Hilfsorganisation ONSUR verteilt Schutzmasken an Kinder Foto: Khalil Ashawi/reuters

Dem Veto Russlands und Chinas im UN-Sicherheitsrat gegen die Hilfslieferungen an Syrien ­gehen diplomatisch-strategische Überlegungen voraus. Die Zivilgesellschaft spielt dabei keine Rolle. Beide Staaten bemühen sich um die Normalisierung des Regimes von Baschar al-Assad und verweisen auf die Souveränität Syriens. Bereits im Januar hieß es, ausländische Hilfen seien nicht notwendig, da Assad die Kontrolle wiedererlangt habe.

Es soll der Anschein erweckt werden, der Krieg sei beendet. Völlig außer Acht lassen China und Russland, dass die Coronakrise das durch den Krieg geschwächte Land zusätzlich schwer trifft. Die hohe Inflation macht Brot, Seife oder Medikamente für die Menschen nahezu unerschwinglich. Dabei war die deutsch-belgische Resolution schon ein Kompromissangebot an Moskau.

Bereits im Januar wurden zwei der vier Grenzübergänge infolge des russischen Widerstandes geschlossen. Sämtliche Hilfsgüter laufen seither über Damaskus. China und Russland legen es darauf an, die UN bei den Hilfsleistungen auszubremsen, um sich selbst als neue Großmächte zu etablieren und Assad in seiner Macht zu festigen. Auch im Nachbarland Libanon möchten Russland und China als globale Player mitspielen. Das Land durchlebt eine schwere Wirtschaftskrise.

Als Antagonisten zum westlichen Internationalen Währungsfonds locken China und Russland mit Finanzspritzen. Damit treffen sie auf fruchtbaren Boden bei der libanesischen Regierung, die als Hisbollah-nah und deshalb Assad-freundlich gilt. Es ist gut, dass die UN dafür kämpft, dass Nahrungsmittel und Medikamente direkt bei den Betroffenen ankommen. Allerdings begibt sie sich, um nicht an Einfluss zu verlieren, in ein fatales Ost-West-Kräftemessen.

Ginge es wirklich um die Hilfen für knapp 2,8 Millionen Syrer*innen, so müssen die Diplomat*innen eine Alternativlösung für Lieferungen finden – zum Beispiel unter dem Mantel stabilisierender Maßnahmen der Anti-IS-Koalition.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Auslandskorrespondentin für Westasien mit Sitz in Beirut. Hat 2013/14 bei der taz volontiert, Journalismus sowie Geschichte und Soziologie des Vorderen Orients studiert. Sie berichtet aus dem Libanon, Syrien, Iran und Irak, vor allem über Kultur und Gesellschaft, Gender und Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Für das taz Wasserprojekt recherchiert sie im Libanon, Jordanien und Ägypten zu Entwicklungsgeldern.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.