Verteilung von Flüchtlingen nach Quoten: Slowakei verklagt EU
Die Regierung in Bratislava fordert den Europäischen Gerichtshof auf, die Entscheidung des EU-Rats für ungültig zu erklären. Ungarn warnt vor einem Deal mit Ankara.
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Am 22. September hatten die EU-Innenminister gegen die Stimmen der Slowakei, Ungarns, Tschechiens und Rumäniens eine Verteilung von 120.000 Flüchtlingen aus überfüllten italienischen und griechischen Lagern auf alle EU-Länder beschlossen. Die Slowakei hatte schon am darauffolgenden Tag mit der nun eingebrachten Klage gedroht.
Fico kritisierte die Entscheidung der EU-Innenminister umgehend als „Diktat“ und erklärte, er werde sich nicht an den Mehrheitsbeschluss halten.
Die slowakische Regierung fordert wie auch zum Beispiel Tschechien ein Freiwilligkeitsprinzip bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Sie will demnächst 149 ausgewählte christliche Flüchtlinge aus einem irakischen Flüchtlingslager in die Slowakei einfliegen lassen.
„Diese böse Überraschung erwartet Europa“
Möglicherweise schließt sich Ungarn noch im Dezember der slowakischen Klage an. Auch die neue nationalkonservative Regierung Polens hat den damals von der Vorgängerregierung mit unterstützten Vorschlag inzwischen als Fehler kritisiert.
Nach Angaben des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán würden die EU und die türkische Regierung zudem hinter den Kulissen an einem Plan arbeiten, 400.000 bis 500.000 syrische Flüchtlinge direkt aus der Türkei in die EU umzusiedeln. Möglicherweise werde die Abmachung noch in dieser Woche in Berlin verkündet, sagte Orban am Mittwoch bei einem Treffen mit Führungskräften seines Landes in Budapest.
Zwischen Zäunen und Grenzen
„Diese böse Überraschung erwartet Europa“, so Orbán. Er rechne starken Druck auf sein Land ebenso wie auf Polen, die Slowakei und Tschechien, einen Teil der Flüchtlinge aufzunehmen. Ungarn werde dies aber nicht akzeptieren.
Eine derartige Vereinbarung zur Umsiedlung von Flüchtlingen aus der Türkei sei schon beim EU-Gipfel auf Malta Mitte November im Gespräch gewesen, dann aber verworfen worden, sagte Orbán. Ein solcher Plan sei auch nicht in der Vereinbarung zwischen der Türkei und der EU vom Gipfel am Sonntag enthalten, weil die Befürworter nicht die notwendige Mehrheit dafür erhalten hätten.
Die Türkei hatte sich bei dem Treffen verpflichtet, den Transit von Flüchtlingen in Richtung Europa einzudämmen. Im Gegenzug hat die EU der Türkei eine raschere Abschaffung des Visumszwangs und Finanzhilfen von drei Milliarden Euro zur Versorgung von Flüchtlingen vor Ort in Aussicht gestellt.
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