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Vertagte Abstimmung über EnergieeffizienzDen Ernst der Lage nicht verstanden

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Als der Bundestag über das Energieeffizienzgesetz abstimmen sollte, war er nicht beschlussfähig. Das ist ein Armutszeugnis für die Ampel-Koalition.

Zu wenige Abgeordnete von SPD und FDP anwesend Foto: Christian Spicker/imago

E s ist nicht das Gelbe vom Ei, aber sehr viel besser als nichts: Umweltverbände bedauern zu Recht, dass der Bundestag das sogenannte Energieeffizienzgesetz nicht mehr vor der Sommerpause verabschiedet hat. Dazu waren am Freitagnachmittag beim letzten Tagesordnungspunkt schlicht nicht mehr genug Abgeordnete im Parlament.

Mit dem Gesetz hätte der Staat zum ersten Mal Unternehmen den klaren Auftrag erteilt, sich systematisch ums Energiesparen zum kümmern. Das ist wie vieles, was die Ampelregierung in die Hand nimmt, überfällig. Denn ohne mehr Effizienz und Sparsamkeit wird es mit der Energiewende und damit mit mehr Klimaschutz nichts, sagen unabhängige Ex­per­t:in­nen und auch Re­gie­rungs­ver­tre­te­r:in­nen immer wieder.

Doch etlichen Bundestagsabgeordneten aus den Regierungsfraktionen ist das wohl einfach egal. Die Grünen waren nach eigenen Angaben fast vollzählig. Doch von SPD und FDP waren viele nicht im Bundestag, als das Gesetz verabschiedet werden sollte – und machten es der AfD so viel zu leicht, über die Feststellung der Beschlussfähigkeit die Abstimmung einfach zu kippen. Diese Unernsthaftigkeit in den Regierungsfraktionen ist kaum zu fassen.

Energiepolitische Vorhaben ohne Not vor die Wand gefahren

Auch wenn die Abstimmung nach der Sommerpause nachgeholt werden soll: So leicht darf es die selbst ernannte Fortschrittskoalition ihren Geg­ne­r:in­nen nicht machen. Schließlich ist es nicht der einzige Fauxpas. Die Abstimmung über das Heizungsgesetz hat das Bundesverfassungsgericht kassiert, weil es der Ampel nicht schnell genug gehen konnte.

Die Regierungsfraktionen haben vor der Sommerpause die zwei derzeit wichtigsten energiepolitischen Vorhaben ohne Not vor die Wand gefahren. Das hätten sie sich ersparen müssen. Die Kampagne gegen das Heizungsgesetz hat gezeigt, wie verhetzbar energiepolitische Themen sind. Die Widerstände gegen kleine Änderungen sind enorm und dokumentieren sich auch in den Umfrage-Ergebnissen für die AfD. Doch die Abgeordneten von SPD und FDP haben den Ernst der Lage offensichtlich noch nicht begriffen.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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10 Kommentare

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  • Reden wir doch mal tacheles!



    Die einzigen die hier (in regierung) wirklich was bewegen wollen, sind die grünen! Das war schon so vor 50 jahren und ist heute immer noch so!



    FDP und CDU sind mal proaktiv eh gegen alles was neu, sozial ist und den gewinn umverteilt.



    SPD ist auch nicht so begeistert von umverteilung, obwohl es ja egtl kern ihrer ideologie ist, die sie aber schon seit 100 jahren unterlaufen, und lieber in der hauptstadt deutschlands mit den reaktionären koalieren, nach einer erfolgreichen sozialkoalition, weil ihnen die soziale reform dann doch zu schnell geht ... nach 100 jahren nichts tun, gelle.



    danke nochmals dafür spd, für eure tolle soziale cdu betreute marktwirtschaft und de ... de ... demokratie ... hust ächz!

    Studiert die geschichte - studiert alles!!! - denn manche kreise zeichnen sich durch stete asozialität und neurosen aus. Goethe und Nietzsche kam es aus gutem grund so vor, als würde sich alles wiederholen ;)

  • " ... Doch von SPD und FDP waren viele nicht im Bundestag ..."



    Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

    Alle Abgeordnetenbüros sind immerhin an das "Parlamentsfernsehen" angeschlossen. Und das überträgt "live" aus dem Saal.



    Dann gibt es doch noch diesen "Abtimmungsalarm" mit der die Parlamentarier zu Abstimmungen ind den Plenarsaal gerufen werden können.

    Man hätte also ...wenn man denn gewollt hätte ...

    Aber wen wundert es: Versagen im Großen edeutet ja auch Versagen im Kleinen ...

  • Kaum etwas ist so ermüdend, wie die politische Berichterstattung über die "Fehler" der Ampel.

    Nein, man muss nicht gut finden, wenn der Bundestag bei Abstimmung von Gesetzen nicht beschlussfähig ist. Dennoch ist es gelebte politische Praxis und wurde in der Vergangenheit auch von anderen Regierungen so gehandhabt.

    Dennoch hat hier dann wiederum nur die Ampel "den Ernst der Lage nicht verstanden", macht es "ihren Gegner*innen zu leicht" und gibt ein "Armutszeugnis" ab. Weil die Ampel halt besser zu sein hat als die anderen Regierungen, wo es uns in der Vergangenheit nur scheißegal war.

    Mir gehen diese doppelten Maßstäbe gehörig auf den Senkel. Sie werden von der Seitenlinie angelegt jedoch nie gegenüber den politischen Gegner*innen. Und am Ende wundert man sich über den Erfolg von Parteien ohne jegliche konstruktive Haltung.

    Das heißt nicht, dass das Verhalten der Regierung nicht kritisiert werden muss, aber das muss eben eingeordnet werden.

    In diesem Artikel sind jedoch nicht die erwähnten Hetz-Kampagnen gegen diese Gesetzesvorhaben ein Skandal, sondern dass es der "Regierung nicht schnell genug gehen konnte".

    Nun, den letzten Regierungen wiederum ging es bei klimapolitischen Maßnahmen nicht langsam genug und der Journalismus hat komplett darin versagt, das angemessen zu skandalisieren.

    • @patrickh:

      Daumen hoch !

  • Den kleinen Angestellten der ab und an 3 Minuten zu früh aufstempelt darf man übrigens abmahnen und entlassen. Nur mal so…

  • Frau Krüger,



    Sie werden es auch wissen, es sind nie alle Abgeordnete einer Fraktion wg. diverser anderer Termine vor Ort. Viel schlimmer ist, wie die Opposition sich verhält: "Denen haben wir's mal so richtig vermasselt, alles andere ist wurscht."



    Und der rechtsextreme Teil der Opposition hat sich vollends entblödet.



    Aber das liest und weiß daher auch keine Mehrheit der Bürger.

    • @LeKikerikrit:

      " ... nie alle Abgeordnete...diverser anderer Termine vor Ort"



      Stimmt. Das ist doof.



      Aber stehen die Sitzungstermine nicht Monate vorher fest?



      Für mich ist das immer eine Frage der Priorität.



      Und wenn andere Termine wichtiger als das "Gesetze machen" läßt es doch tief blicken, oder ?

      Und nicht der rechtsextreme Teil hat sich entblödet sondern der ferngebliebene Teil.

      Denn die AfD bezweifelt in schönster Regelmäßigkeit die Beschlussfähigkeit. Mit wechselndem Erfolg. Und diese Strategie ist hinlänglich bekannt.

      Ich finde das auch nicht gut. Aber offenbar ist es einem nicht zu vernachlässigenden Teil - mit Verlaub gesagt- scheißegal.

    • @LeKikerikrit:

      Ich finde auch intreressant, dass komplett Ahnungslose nach Lesen des Artikels den Eindruck haben würden, im Bundestag seien nur SPD, FDP, Grüne und AfD vertreten.

      Insgesamt fehlten knapp 130 Abgeordnete. Die genaue Zahl ist nicht klar, weil einige von der AfD sich während der Zählung verpisst haben, und sich erst nach der Feststellung der Beschlussunfähigkeit wieder blicken ließen. Hat aber am Ergebnis nichts geändert.

  • Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Wobei das Ende dieser Regierung schon absehbar ist: Nach einer Wahlperiode wird Schluss sein mit diesem Chaos. Besonders schlimm dabei, dass die noch nicht einmal die einfachsten Dinge gebacken kriegen. Das ein Parlament beschlussunfähig ist, weil die eigenen Parteimitglieder*innen, schon im Auto, der Bahn oder im Flieger sitzen, ist Sache der Fraktionsspitze. Die muss dafür sorgen, dass keiner abtaucht. Bei einem Wehner wäre das nie passiert.

  • Die FDP begreift doch eh nix außer ihren Lobbyaufträgen. Wer überhaupt soll dort etwas begreifen ? Daß das seit Jahrzehnten eine Spaßpartei ist, ist doch bekannt. Ist doch auch nur von jungen Nullcheckern überhaupt in das Parlament gewählt worden wegen der "coolen" Werbung ... Freiheit - am A....