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Verspäteten Testflug bestandenParis bekommt Flugtaxis

Bei Olympia hatte es mangels Zulassung nicht geklappt. Nun will Volocopter seine fliegenden Autos zur Notre Dame-Wiedereröffnung erstmals einsetzen.

Bald hebt er ab: Ein Volocopter-Flugzeug in Paris Foto: Mosa'ab Elshamy/ap/dpa

Paris taz | Die Sonne ging gerade am Horizont auf, als das weiße Fluggerät mit seinem Kranz aus 18 kleinen Rotoren am Schloss von Versailles startete. Das Flugtaxi Volocity, eine Mischung aus Hubschrauber und Riesendrohne, hob am Sonntagmorgen um 6.40 Uhr senkrecht ab, um ein paar Minuten später wieder zu landen.

Auch wenn das Video des Volocity-Betreibers, des deutschen Unternehmens Volocopter, spektakulär aussah, war der Testflug ohne Passagiere nur ein Miniauftritt im Vergleich zu den ursprünglichen Plänen. Die elektrisch betriebenen Flugtaxis sollten eigentlich während der Olympischen Spiele in Paris erstmals in Europa zum Einsatz kommen, doch die Zulassung der europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) traf nicht rechtzeitig ein.

„Wir versuchen nun, rund um die Wiederöffnung von Notre-Dame zum ersten Mal zu fliegen“, sagte eine Volocopter-Sprecherin der taz. Die im April 2019 durch einen Brand teilweise zerstörte Kathedrale soll am 8. Dezember wieder eingeweiht werden. Für den Pariser Flugbetrieb hatte in der Nähe des Bahnhofs Austerlitz bereits eine Plattform in der Seine bereitgestanden. Wie alle anderen Einrichtungen auf dem Fluss musste sie allerdings für die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele wieder abgebaut werden.

Laut der Volocopter-Sprecherin entscheidet nun der Pariser Flughafenbetreiber ADP, wann der Ponton wieder aufgebaut wird. ADP ist an Volocity beteiligt.

Stadtrat wenig begeistert

Der Pariser Stadtrat hatte sich im vergangenen Jahr einstimmig gegen die Plattform gewehrt, die einen Flugbetrieb zwischen der Innenstadt von Paris und dem 15 Kilometer entfernten Hubschrauberplatz in Issy-les-Moulineaux ermöglichen sollte. „Das ist eine ökologische Verirrung, die sich an die Superreichen richtet“, kritisierte der stellvertretende Bürgermeister Dan Lert laut der Zeitung Le Parisien.

Der Politiker David Belliard, der dem Team der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo angehört, warf der Regierung vor, nur im Dienste „einiger Lobbys und finanzieller Interessen“ zu handeln. Das neue Transportmittel, das nur einen Fahrgast transportieren kann, soll rund 110 Euro pro Strecke kosten. Eine Fahrt verbraucht zudem rund 30-mal mehr Strom als eine mit der Pariser Metro.

Die Stadtverwaltung beantragte deshalb eine einstweilige Verfügung gegen die Flugtaxis, deren Betrieb das französische Verkehrsministerium Anfang Juli erlaubt hatte. Der Staatsrat als oberstes Verwaltungsgericht wies den Antrag allerdings zunächst ab und will sich im Herbst noch einmal äußern. Das Verkehrsministerium, das den Betrieb zunächst bis Ende Dezember genehmigte, verweist darauf, dass die Flugtaxis im chronisch durch Autos verstopften Paris auch Kranke transportieren oder Organe für eine Transplantation schnell von A nach B bringen könnten. „Es gibt Menschenleben, die durch diese Geräte gerettet werden können“, sagte ADP-Chef Augustin de Romanet in einem Radiointerview. Volocopter ist bereits eine Partnerschaft mit den Pariser Krankenhäusern eingegangen.

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13 Kommentare

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  • Die meisten Innovationen waren anfangs "Spielereien " für Reiche



    Iphone (naja immer noch) Computer, Autos, Flugreisen usw...



    Sind wir froh dass es da keine dämlichen Debatten gab sonst würden 80% der Weltbevölkerung immer noch Felder mit dem Pflug bestellen

    Naja wenigstens hätten wir dann keine online Neid Debatten

    • @Michael Mostly harmless:

      Eine Neiddebatte ist beispielsweise, wenn Trump sagt, falls Harris gewinnt "bekommen wir ein kommunistisches System, jeder bekommt eine Gesundheitsversorgung", oder wenn Merz sagt, "der Asylbewerber lässt sich die Zähne neu machen, und der Deutsche bekommt keinen Termin". Die wenigsten Menschen wünschen sich dringend ein Flugtaxi, daher empfinden auch Wenige Neid. Es ist nur kein Projekt, um das sich der Staat kümmern müsste.

    • @Michael Mostly harmless:

      Ich würde mal sagen, dass immer noch 100% der Weltbevölkerung ihre Felder mit dem Pflug bearbeiten. Wie soll sonst der Boden auflockert werden?

      • @Minion68:

        Gemeint ist wohl die Handhacke. Den auch von Pferden oder Ochsen gezogene Flüge sind innovativ, oder waren es vor 1000 Jahren.

    • @Michael Mostly harmless:

      Ihre Beispiele wie Flugreise, Autos sind im größeren Umfang schwer verallgemeinerbar.



      Das wissen Sie hoffentlich und handeln entsprechend, nehme ich an.



      Der Pflug-Ochse hingegen schon.

  • Spielerei. Und das mit den Organen kommt von der PR-Agentur.

    Statt dessen macht Paris das schon richtig: ÖPNV, Rad & Fuß wieder gleiche Chancen zu geben hilft gegen Blechstopfen. Das (wie Kopenhagen, Utrecht, Münster) sollte in allen deutschen Städten studiert und kopiert werden.

  • taz: *Das neue Transportmittel, das nur einen Fahrgast transportieren kann, soll rund 110 Euro pro Strecke kosten. Eine Fahrt verbraucht zudem rund 30-mal mehr Strom als eine mit der Pariser Metro.*

    Man könnte auch sagen, 'dass die Idiotie in die nächste Runde geht'. Eine weitere unnötige Spielerei für gut betuchte Menschen, anstatt mal den französischen ÖPNV für die Normalbürger auszubauen. Aber was rede ich hier eigentlich, denn in Deutschland 'ist und wird' es ja auch nicht besser. Hier möchte man das Deutschlandticket sogar wieder teurer machen und gleichzeitig fordert die FDP 'noch mehr Autoverkehr' in den Stadtzentren.

    taz: *Volocopter ist bereits eine Partnerschaft mit den Pariser Krankenhäusern eingegangen.*

    Wenn man mit dem Volocopter-Flugzeug Kranke transportiert oder Organe für eine Transplantation schnell von A nach B bringt, dann macht das ja vielleicht noch Sinn. Aber hat man dafür nicht schon seit Jahrzehnten ganz normale Hubschrauber? Die Franzosen lassen sich also auch schon 'für dumm verkaufen'.

    • @Ricky-13:

      Im Unterschied zum ÖV wird Volocopter nicht vom Staat finanziert. Die dürfen mit ihrem Geld machen, was sie wollen. Und vieles, was heute sehr nützlich ist, begann als sinnloses Luxusspielzeug.

      • @Luftfahrer:

        Naja, das Spielzeug ist ja nix anderes als 'ne Riesendrohne, in der man eben auch sitzen kann. Alles andere ist seit Jahren bekannt und erprobte Technik, nur halt eine Nummer größer als bisher landläufig gebaut wurde. Mehr als ein Spezialtransportmittel wird es aber wohl kaum werden, da die Transportkapazität sehr limitiert ist. Somit kommt es als Massenverkehrsmittel nicht in Frage. Als Taxi wird's vielleicht funktionieren, denn in einem konventionellen Taxi wird meistens auch nur ein Fahrgast befördert. Nur ist der Aktionsraum dieses Fluggerätes eher sehr beschränkt, da es vergleichsweise nur wenige geeignete Landeplätze geben wird. Da kann ich eben nicht mal auf dem Bahnhofsvorplatz oder mitten auf dem Marktplatz landen. Auf dem Hoteldach schon eher.

    • @Ricky-13:

      110 Euro pro Strecke ist ein Schnäppchen im Vergleich zu dem was ein konventioneller Heli kostet !

      Und warum muss alles gleich schlechtgeredet werden, endlich führt mal eine deutsche Firma bei einer neuen Technologie und schon werden die Haare in der Suppe gesucht !

  • Taktisch klug eine Partnerschaft mit den Kliniken einzugehen.

  • Mega spannend. Ich bin echt gespannt wo das hinführt ...

    • @Daniel Hartwig:

      Zu nix. Extrawürste für Edelbonzen hieße brasilianische Verhältnisse. Solche Auswüchse hat man schon mal, 1789, behandelt.