Versorgungsnot in der Kindermedizin: Chronischer Alarm
In diesem Winter gibt es noch weniger Krankenhausbetten für Kinder als im letzten. Und es wird Jahre dauern, bis das System sich erholt.
E s ist wieder Winter. Und genauso verlässlich wie das Kalenderereignis kommen die Hilferufe aus der Kinder- und Jugendmedizin. Wieder sind Kindermedikamente knapp – sogar besonders sensible wie das alternativlose Asthmamedikament Salbutamol. Wieder sind Krankenhausbetten knapp. In Pandemiezeiten war die Frage, ob die Versorgungssicherheit im Katastrophenfall gewährleistet ist. Jetzt ist die Frage: Hält das System einem ganz normalen Winter stand?
Der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzt*innen schlug am Dienstag Alarm. So schlimm wie letzten Winter sei es glücklicherweise zwar noch nicht. Damals mussten Eltern Dutzende Apotheken abtelefonieren nach einem Fläschchen Antibiotika. Die Praxen quollen über und Ärzt*innen telefonierten Stunden nach einem freien Krankenhausbett. Und Rettungswagen gurkten dringend behandlungsbedürftige Kinder Dutzende Kilometer weit bis in andere Bundesländer.
In diesem Winter gibt es aber tatsächlich noch weniger Krankenhausbetten für Kinder als im letzten. In einem Berliner Krankenhaus, so erzählt es ein Sprecher des Bundesverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen, musste eine ganze Station schließen, als zwei Krankenschwestern ihre Stelle kündigten.
Dass die Lage trotzdem zumindest nicht so akut ist wie vor einem Jahr, liegt offenbar allein daran, dass die Infektionswelle bislang kontinuierlich anwächst und nicht brutal über das Land hereinbricht. Ganz normaler Winter halt. Mehr darf nicht kommen, sagen die Kinderärzt*innen. Hoffentlich halten sich die Viren namens Influenza, Sars-CoV2 und RSV daran.
Die Ursachen für die Fragilität des Systems sind so vielfältig wie die Lösungsansätze. Erste Schritte für mehr europäische Hersteller und Bevorratung auf dem Medikamentenmarkt ist die Politik gegangen. An Entlastung von Kliniken und Arztpraxen wird noch gebastelt. Aber selbst mit diesen Anstrengungen wird es Jahre dauern, bis das System sich erholt. Bis dahin bleibt der Alarm in der Kindermedizin – zum Leidwesen von Kindern und Eltern – wohl chronisch.
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