Versichertendaten in Gefahr: Cyberattacke auf Krankenkassen
Einer der größten IT-Dienstleister der gesetzlichen Krankenkassen muss nach einem digitalen Angriff Systeme abschalten. Das Ausmaß ist unklar.
Die in Essen ansässige Bitmarck stellt technische Infrastruktur und Softwarelösungen vor allem für gesetzliche Krankenkassen bereit, darunter unter anderem die DAK und diverse Betriebskrankenkassen sowie Innungskrankenkassen. Nach Unternehmensangaben arbeiten rund 80 Krankenkassen mit rund 30.000 Mitarbeitenden und 25 Millionen Versicherten mit Systemen von Bitmarck. Bitmarck ist auch an der technischen Entwicklung und Einführung der elektronischen Patientenakte beteiligt. Die Allgemeinen Ortskrankenkassen, die Barmer und die Techniker Krankenkasse arbeiten mit anderen Systemen und Dienstleistern.
In einem Statement der Bitmarck gegenüber der taz heißt es: „Richtig ist, dass unsere Frühwarnsysteme Angriffe auf Bitmarck-interne Systeme gemeldet haben. Diese wehren wir derzeit ab.“ Im Zuge der Schadensprävention nehme das Unternehmen derzeit Kunden- und interne Systeme vom Netz. Auch die Bitmarck-Homepage war am Mittwoch nicht zu erreichen.
„Die weitreichenden Maßnahmen zielten darauf, negative Auswirkungen auf die gesetzlichen Krankenkassen und uns als Bitmarck zu unterbinden“, heißt es in dem Statement. Die Abschaltung erfolge entsprechend den allseits abgestimmten Sicherheitsrichtlinien von Bitmarck.
Nicht der erste Hackerangriff
Im Fachportal der Gesundheitsbranche „gematik“ wurden am Mittwoch sowohl Einschränkungen bei der Nutzung der elektronischen Gesundheitskarte als auch bei elektronischen Patientenakten für Versicherte der Allianz, Signal Iduna, hkk, DAK, KKH, Mobil BKK, svlfg, BKK & IKK gemeldet. Die Zustellung elektronischer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder Arztbriefe könne verzögert sein. Allerdings war in der Meldung von einer „technischen Störung“ beim betroffenen Betreiber Bitmarck Service GmbH die Rede.
Ein Sprecher des Bundesdatenschutzbeauftragten bestätigte auf taz-Anfrage, dass es in dieser Woche eine Datenpannenmeldung von Bitmarck gegeben hat. Unternehmen der öffentlichen Infrastruktur sind verpflichtet, den zuständigen Datenschutzbehörden eine solche Meldung binnen 24 Stunden abzugeben, wenn sie davon ausgehen, dass personenbezogene Daten abgeflossen sind oder anders als datenschutzrechtlich vorgesehen verarbeitet wurden. Aufgrund der kurzen Meldefrist könne es auch passieren, dass diese Meldung abgegeben werde, bevor das Ausmaß des Schadens bekannt sei, so der Sprecher.
Von Bitmarck hieß es jedenfalls am Mittwoch: „Datenabflüsse sind nicht festzustellen“. Weitere Fragen zum Ausmaß der gefährdeten Systeme sowie Umfang und Dauer der Abwehrmaßnahmen ließ das Unternehmen unbeantwortet.
Es ist nicht die erste Cyberattacke auf Bitmarck. Im Januar gelang es einem Angreifer, Datensätze – zum Teil mit Versichertendaten – abzuziehen, die er im Darknet zum Verkauf anbot. Ende März musste die Krankenkasse „BIG direkt gesund“ ihr System zur Abwehr eines Cyberangriffs herunterfahren. Hier war ein anderer IT-Dienstleister betroffen.
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