Verschwundener Journalist Khashoggi: Saudi-Arabien erwägt Eingeständnis
Saudi-Arabien erwägt Medienberichten zufolge, einen gewaltsamen Tod von Jamal Khashoggi einzuräumen. Der US-Außenminister Pompeo trifft in Riad König Salman.
CNN beruft sich bei seinem Bericht auf zwei Quellen. Demnach könnte Saudi-Arabien erklären, Khashoggi sei bei einem schief gelaufenen Verhör während eines Entführungsversuchs gestorben. Eine Quelle sagte, in dem Bericht dürfte festgehalten werden, dass die gegen Khashoggi gerichtete Operation ohne Genehmigung von oben abgelaufen sei – und dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen würden.
Die US-Zeitung Wall Street Journal berichtete, das Königreich erwäge zu erklären, Khashoggi sei versehentlich während eines Verhörs von „schurkenhaften“ Agenten getötet worden. Damit wolle das Königshaus eine direkte Verantwortung von sich weisen.
Von Khashoggi fehlt jede Spur, seit er am 2. Oktober das saudiarabische Konsulat in Istanbul besuchte. Türkische Ermittler gehen davon aus, dass der im US-Exil lebende Journalist und Regierungskritiker in dem Gebäude von Agenten seines Heimatlandes ermordet wurde. Saudi-Arabien bestreitet dies.
Erklärungsnöte
Zur Aufklärung des Falls durchsuchten türkische Polizisten nun – rund zwei Wochen nach Khashoggis Verschwinden – erstmals das Konsulat, wo der Journalist zuletzt gesehen wurde. Die Ermittler betraten das Gebäude am Montagabend und verließen es in den frühen Morgenstunden des Dienstag nach rund acht Stunden, wie eine AFP-Journalistin vor Ort berichtete. Sie nahmen dabei mehrere Proben mit – unter anderem von Erde des Konsulatsgartens, wie ein Behördenvertreter vor Ort sagte.
Es war das erste Mal, dass türkische Beamte seit dem Verschwinden Khashoggis das Konsulat betraten. Saudi-Arabien hatte die Türkei zwar kurz nach dem Verschwinden eingeladen, sich in dem Gebäude ein Bild von der Lage machen. Aber um die Durchsuchung des Konsulats und die damit zusammenhängenden Ermittlungen hatte es ein tagelanges Tauziehen zwischen beiden Ländern gegeben.
Der Fall Khashoggi hat weltweit für Schlagzeilen gesorgt – und die Führung in Riad in Erklärungsnöte gebracht. Unter anderem die USA und europäische Staaten wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben von Saudi-Arabien Aufklärung verlangt.
König Salman hat in einem Telefonat mit US-Präsident Donald Trump vehement bestritten, dass die Führung des Königreichs et was mit Khashoggis Verschwinden zu tun habe. Das Dementi des Königs sei „sehr, sehr stark“ gewesen, sagte Trump am Montag. Es habe sich für ihn so angehört, als könnten „vielleicht schurkenhafte Killer“ am Werk gewesen sein.
US-Außenminister Pompeo will am Dienstag in Riad König Salman treffen. Am Mittwoch soll er dann in die Türkei reisen und dort Außenminister Mevlüt Cavusoglu treffen, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung