Verschärften Grenzregelungen in den USA: Auf Kosten von Mi­gran­t*in­nen

US-Präsident Biden verschärft die Asylregelungen im Alleingang. Ob das klug ist, wird sich bald zeigen – der Wahlkampf läuft auf Hochtouren.

Frauen schauen durch einen Schlitz in einer verrosteten Stahlmauer

Migrantinnen aus Süd- und Zentralamerika an der mexikanischen Grenze in Boulevard, Ende Mai Foto: Andrees latif/reuters

So sieht es aus, wenn liberale Politik sich von Rechten vor sich hertreiben lässt: US-Präsident Joe Biden dekretierte am Dienstag verschärfte Grenz- und Asylregelungen, die schon ab diesem Mittwoch dazu führen, dass Menschen, die über die Südgrenze aus Mexiko in die USA kommen, keine Asylanträge mehr stellen können. Mehr noch: Wer aufgegriffen wird, solange der Bann in Kraft ist, darf fünf Jahre lang überhaupt nicht mehr in die USA einreisen.

Mit der Durchsetzung per Präsidialdekret greift Biden zu demselben Mittel, das sein Vorgänger Donald Trump 2018 auch eingesetzt hatte, um die Grenze ohne Kongressmehrheit zu schließen – damals unter harscher Kritik der Demokrat*innen.

Ja, die Situation hat sich seither verschärft. Stetig mehr Menschen machen sich auf den Weg, um in den USA Sicherheit zu finden. Die Bearbeitung von Asylanträgen dauert inzwischen mehrere Jahre, und die Bür­ger­meis­te­r*in­nen einiger US-Städte, darunter auch Demokrat*innen, schlagen Alarm, es könne so nicht weitergehen.

Dass Biden nun aber, garniert mit reichlich Hieben auf Donald Trump und dessen republikanische Partei, zu solchen Mitteln greift, ist nicht mit ernsthaftem Willen zur Problemlösung zu erklären, sondern ausschließlich mit dem laufenden Wahlkampf. Den führt nun nach Trump auch Biden auf dem Rücken von Menschen, die in den USA Schutz vor Gewalt oder Armut suchen.

Ob ihm das nutzt, ist fraglich

Es gibt kein Beispiel, dass Migrations- oder Fluchtbewegungen durch das Schließen von Grenzen verhindert werden könnten. Die Menschen werden sich von ihrem Weg nicht abbringen lassen, sie werden in Mexiko verharren und auf die nächste Chance warten. Und sie werden sich in den Herkunftsländern weiter auf den Weg machen. Bidens Anordnung verschiebt lediglich ihre Sichtbarkeit weg von US-amerikanischem Boden, zumindest zeitweise.

Ob ihm das im Wahlkampf nutzt, ist fraglich. Er will das republikanische Argument kontern, die Regierung ignoriere die Krise. Aber schon die ersten Reaktionen zeigen, dass sich Trump bei seinem wichtigsten Wahlkampfthema nicht so einfach den Wind aus den Segeln nehmen lässt. Noch in seiner ersten Stellungnahme nach dem Schuldspruch im Schweigegeldverfahren erklärte er, dass Tausende Verbrecher und psychisch Kranke über die Südgrenze strömten, während sich die „schändliche Justiz mit ihm beschäftige“. Wer so hartnäckig lügt und verleumdet, wird damit jetzt nicht aufhören.

Gleichzeitig verstört Biden weitere Teile der linksliberalen demokratischen Basis. Biden schadet Mi­gran­t*in­nen – und womöglich auch sich selbst.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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