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Verreisen mit KindernDer Endgegner für Eltern

Urlaub mit Kindern ist selten Erholung, es ist im besten Fall ein Tapetenwechsel. Aber das muss doch auch anders gehen, meint unsere Kolumnistin.

Urlaub mit Kindern ist nicht nur idyllisch Foto: Nina Janeckova/imago

I ch dachte immer, die elendigste Erfahrung, die Eltern regelmäßig erleben dürfen, ist, krank zu sein, wenn die Kinder krank sind. Doch gerade bin ich mir darüber nicht mehr so sicher. Vielleicht ist die elendigste regelmäßige Erfahrung auch „Urlaub“ mit Kindern.

Es ist acht Uhr morgens und ein Kind benutzt mein auf dem Sofa ausgestrecktes Bein als Rennbahn für eine kleine Paw-Patrol-Figur. Zumindest ist es beschäftigt. Das andere Kind hat mich ab halb 7 solange gepiesackt, bis es das Tablet bekommen hat. Jetzt liege ich hier und bin müde. Es ist diese Müdigkeit, die wie ein kalter, dicker Nebel unter der Schädeldecke hängt und auf die zeitnah Kopfschmerz, Streit und/oder ein Heulkrampf folgen wird.

Das ist nicht weiter ungewöhnlich. Aber heute kommt zur Müdigkeit auch noch Enttäuschung dazu. Denn wir machen so was Ähnliches wie Urlaub. Wir besuchen Verwandtschaft zwischen ein paar Bergen und einem See. Nun habe ich akuten Erholungsdruck, denn es ist nicht viel, es ist nicht lang und wir stehen abwechselnd um 7 mit den Kindern auf.

Um den Urlaub betrogen

Wenn die Kinder wach sind, dann streiten sie. Wenn sie nicht streiten, dann jammern sie in Einigkeit. Weil das Eis nicht schmeckt, weil es langweilig ist, weil das Wasser zu kalt und die Sonne zu heiß ist. Großes Drama gestern, weil wir in „die falsche Gondel“ ins Tal gestiegen sind. Die sehen zwar alle gleich aus und fahren gezwungenermaßen in dieselbe Richtung, aber gut.

Klar sind sie auch lieb zwischendurch, aber das Gefühl verschwimmt zu schnell, denn Urlaub ist mein Endgegner. Alles, was ich sonst wegstecken kann, trifft mich jetzt mitten ins Herz. Weil es doch auch mal um meine Bedürfnisse gehen sollte. So haben wir es gelernt im Kapitalismus: das ganze Jahr schuften, damit man im Sommer für viel Geld zwei Wochen das Leben spüren darf, wie es sein könnte, wenn man nicht ständig schuften müsste.

Und so lächerlich ich das Konzept finde, so sehr fühl ich mich, seit ich Mutter bin, darum betrogen. Denn Eltern kriegen keine Pause. Wenn sie Glück haben, gibt es Familien­mitglieder, die Kindern und Eltern Erholung möglich machen. Wenn Eltern mehr Glück haben, haben sie viel Geld. Denn ab einem gewissen Erschöpfungsgrad und genügend gekochten Mittagessen in schlecht ausgestatteten Airbnbs drängt sich die Erkenntnis auf, dass es nur noch der All-inclusive-Familienhotel-Urlaub mit Kinderbetreuung richten kann. Dafür muss man aber mehrere tausend Euro hinblättern können.

Das Kind schiebt mir die Pfoten der rosa Paw-Patrol-Hündin ins Fleisch und ich gebe einen spitzen Schrei von mir. Es lacht. Vielleicht sollten wir eine Urlaubskommune aus gleichgesinnten Eltern gründen. Eine Urlaubs-Mommune. Da fährt man gemeinsam in den Urlaub und lässt sich nicht von zwei Kindern piesacken, sondern gleich von zwanzig, dafür hat man danach ein paar Tage seine Ruhe. Das wär doch was.

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Saskia Hödl
Autorin
Jahrgang 1985, ist freie Autorin in Wien und schreibt über Politik, Medien und Gesellschaft. Ehemalige taz panter Volontärin, taz eins Redakteurin und taz2&Medien Ressortleiterin.
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13 Kommentare

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  • Ok Ok - geb‘s auf.

    Mit zwei Runden Kids & Urlaub each year: find ich mich Null Zéro in der Kolumne wie den Beiträgen wieder! Gell



    Selbst in der 1. Scheidungsphase - gern mal Wohnmobil solo. Die Kids der Mitfahrer kamen - arg beargwöhnt - bei anderwo angesagten Doko-Runden - an Bord & packten aus + holten/bekamen Rat. “Ha. Aber dein Chaos wollten sie nicht!“ “Was wichtig - is im großen 🧺!



    Der Rest findet sich!“



    2. Runde & Frühscheidung - kein Deut anders - Busch Asterix et al



    & Däh



    Grad noch aus Milan “Haste die Brüder Karamasow?“ - klar - sehn uns am 8.



    Die Wohnung vom Alten mal entrümpeln! Newahr. - 🙀🥳🤣🤙 -



    Na aber Si’cher dat. Dat wüßt ich ever.



    Da mähtste nix & btw - Die geparkten 🎸 🎸 abholen! Woll



    Normal •

    unterm—- die Kehrseite der Medaille -



    Die Großen fahren noch heute nach St. Maries de la mere zu den Kids von Madame specialité;)) en La Grenoullier - ehrn Wohnung für Urlaub.



    Und als mir beim Moers-Festival etwas schattig wurde - deichselte der Jüngste das mit 14/15 souverän - wie jetzt sein Studium. Gelle.



    (Ende des 🎡 der Eitelkeiten)

    kurz - irgendwas wohl falsch gemacht -

  • Wir waren mit unseren beiden Kindern überall im Urlaub - von vor der Haustür bis interkontinental, zweimal auch monatelang - und haben es nie als Belastung empfunden.



    Man muss sich halt darauf einstellen, dass das Reisetempo ein anderes sein wird als wenn man ohne unterwegs wäre und sollte ausreichend Zeit und Möglichkeiten/Orte in der Tagesplanung berücksichtigen, wo die Kids sich mal richtig austoben können.



    Urlaub mit Kindern ist halt vor allem auch Alltag - gerade Kleinkinder können sich oft nur schwer von ihren Routinen trennen, also muss man diese auch im Urlaub beherzigen und sie (vielleicht abgewandelt) im Tagesablauf integrieren.



    Auch Städtetrips mit Kleinkindern habe ich entspannt in Erinnerung - früher hatten wir dafür halt Unmengen an Stadtplänen dabei und diese nächtelang gewälzt, heute mit den Enkeln gibt's Google Maps und diverse Apps, da muss man nicht mal mehr selbst recherchieren.



    Eile mit Weile und Planung ist das halbe Leben - mit diesen Leitplanken gingen wir nie baden 😉

  • Ach Mensch Frau Hödl, holen Sie sich Hilfe. Tun Sie sich mit Anderen zusammen, gründen Sie eine WG mit Gleichgesinnten und gegenseitig entlastender Kinderbetreuung oder suchen Sie sich Wunschgroßeltern oder überlegen Sie aufs Land zu ziehen, es gibt Dörfer in denen man sich unterstützt. Aber nur in Kolumnen zu klagen, wie schrecklich alles besonders mit Kindern ist, bringt Sie und die Leser: innen nicht weiter. Alles Gute!

  • Ich habe nur gute Erinnerungen an den Urlaub mit unseren Kindern.



    Ja, sie jammern -



    Ja, sie sind nervig -



    Aber das sind sie doch zuhause auch.



    Jetzt fahren wir ohne Kind, dafür mit Hund.



    Das ist dann ähnlich, nur der Geruch im Regen ist anders

  • So ist es. Die kritischen Jahre haben wir bei vamos gebucht, mit Kinderbetreuung. Kurz danach waren wir ohnehin getrennt und jeder ist allein mit den Kindern gefahren, sehr empfehlenswert.

    • @Sophie Löffler:

      Das stimmt, Trennungen liefern mehr Freiraum für die Eltern.

      Die Hälfte der Ferien stehen, wenn man Glück hat und noch miteinander kann, kinderfrei als persönlicher Freiraum zur Verfügung.

  • Urlaub mit Kindern, hört sich immer gut an, war aber immer Streß :)

  • Eine Urlaubs-Mommune. Da fährt man gemeinsam in den Urlaub und lässt sich nicht von zwei Kindern piesacken, sondern gleich von zwanzig, dafür hat man danach ein paar Tage seine Ruhe. Das wär doch was.



    ---



    Habe mit dem System "Rent a children" in der Kita- & Grundschulzeit gute Erfahrungen gemacht. Ein Kind im Urlaub nervt, ein "geliehenes dazu" schafft wenigstens Minuten bis > xxx Ruhe.



    Und wenn so etwas auf Gegenseitigkeit funktioniert, hat d/W/m auch mal einen Auszeit, 1 Std, 1 Tag, sogar eine Woche.....! :-))



    .



    Btw. Auch Großeltern können da Einspringen! Die können "das Kind" ja wieder nach ZEIT abgeben & Mam kann in der Zeit mit der Seele baumeln!

  • Fühle ich sehr! Wir haben beschlossen, dass wir tatsächlich ab kommenden Jahr versuchen werden, mit anderen Familien gemeinsam in den Weg zu fahren. Da können sich die Kinder auch mal miteinander beschäftigen und sind nicht konstant mit der mangelnden Spielkompetenz der Erziehungsberechtigten unzufrieden. Und vielleicht kann mensch ja auch mal abwechselnd Nudeln kochen, damit wir nicht ALLES an Reproduktionsarbeit einfach nur woanders machen…

  • Oh ja, dass kommt mir bekannt vor. Wir haben auch sehr schweirige Urlaube erlebt, aus denen ich eher zerstört als erholt rausgekommen bin. Aber als Trost: Es besteht die große Chance, dass es mit zunehmenden Alter der Kinder besser wird. Mnache Urlaube waren eine endlose Aneinandereihung von Wutanfällen und Pannen. Aber mittlerweile kann ich wieder ausschlafen (also immerhin bis 8.00), oder wir machen etwas, dass nicht nur die Bedürfnisse der Kinder erfüllt, und manchmal macht es sogar allen Spaß. Drücke die Daumen, dass es besser wird.

  • Haben Sie gar keinen Spaß daran, Sachen mit ihren Kindern zu machen? Natürlich ist Urlaub mit Kindern nicht ausschlafen und am Pool liegen und nichts tun, aber das ist ja auch so langweilig und in Wirklichkeit gar nicht so erholsam. Urlaub mit Kindern bedeutet endlich genug Zeit zu haben zu toben, zu spielen, Neues zu entdecken, Quatsch zu machen, Bücher vorzulesen, Sachen anzuschaaaab. Wozu hat man sich sonst Kinder angeschafft, wenn nicht um endlich wieder solche Sachen zu machen. Die Erholung ist dann letztlich eine Frage der Einstellung. Wenn man alles was Kinder machen nervig findet, erholt man sich dabei auch nicht - und wenn man uf alles was Kinder machen genervt reagiert, dann merken die Kinder das auch, unf verhalten sich entsprechend nervig.

  • Möglicherweise sollte die Autorin einfach mal das Geld in die Hand nehmen und den All-Inclusive-Urlaub mit Kinderbetreung buchen. Entpannte Kinder, entspannte Eltern.