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Verleihung des Deutschen ComedypreisesFrau Kroymann hat Eier

Maren Kroymann erhielt am Freitag den Deutschen Comedypreis fürs Lebenswerk. In ihrer Rede kritisierte sie die Veranstalter und Sat1 für deren Umgang mit Frauen.

Zumindest ihre Kollegin Hazel Brugger (r.) pflichtete Preisträgerin Maren Kroymann vorbehaltlos bei Foto: dpa

KÖLN dpa | Kabarettistin Maren Kroymann hat den Deutschen Comedypreis für ihr Lebenswerk entgegengenommen – und ihren Auftritt für Kritik am Umgang mit Frauen bei der Verleihung genutzt. „Geht's noch jemand so wie mir, dass ich ein paar Frauen einfach vermisst habe auf der Bühne?“, fragte die 72-Jährige ins Publikum, nachdem sie am Freitagabend den Ehrenpreis bekommen hatte. Zudem störte sie sich am knappen Kleid, das bei der Übergabe der Trophäen getragen wurde. „Und wer hat sich das Kleid ausgedacht, das die fabelhafte Kollegin trägt, die die Preise bringt?“, fragte sie.

Kroymanns Auftritt war ein bemerkenswerter Schlusston nach einer Gala ohne große Aufreger, die live von dem privaten Fernsehkanal Sat1 übertragen wurde. Dass sie den Ehrenpreis bekommen würde, hatte schon vorher festgestanden. Andere Ehrungen wurden erst am Abend verliehen – per Zuschauerabstimmung. Der Comedian und Podcaster Felix Lobrecht gewann gleich zweimal. Wie schon im Vorjahr wurde der Berliner zum besten Komiker gekürt, zudem gewann sein Podcast „Gemischtes Hack“, in dem er mit Autor Tommi Schmitt zu hören ist, einen Comedypreis.

Weitere Ehrungen gingen an die „LoL – Last One Laughing“ (Amazon Prime) als „Beste Comedy-Show“, an „Slavik – Auf Staats Nacken“ (Joyn) als „Beste Comedy-Fiction“ und an „Die Carolin Kebekus Show“ (Das Erste) als „Beste Satire“.

Als alle Trophäen – lachende Eier – überreicht waren, ging Kroymann dann ans Mikro und nutzte die Live-Sendezeit für ihr Plädoyer. In ihre Kritik schloss sie offensichtlich auch den Umgang der Veranstalter mit den Vorwürfen gegen Komiker Luke Mockridge (32) ein. „Ich hätte gerne gehabt, dass Verantwortliche hier für diesen Preis und auch von dem Sender die Eier gehabt hätten, zu sagen: Wir solidarisieren uns nicht nur mit unserem beliebten Künstler, sondern mit den Frauen, die betroffen sind“, sagte sie. „Ich würde mir wünschen, dass ihre Geschichte gehört wird, dass diese Frauen ernst genommen werden, dass sie respektiert werden. Dass man ihnen glaubt.“ Auf Twitter erntete sie für ihre Worte viel Zuspruch.

Die Serie „ÜberWeihnachten“, in der Mockridge die Hauptrolle spielt, hatte ursprünglich zu den Nominierten gehört. Einen Tag vor der Verleihung war sie allerdings aus dem Rennen genommen worden. Die Veranstalter hatten auf die „öffentlich geführten Diskussionen“ verwiesen, wegen der man – auch mit Mockridge – übereingekommen sei, die Nominierung zu streichen.

Das Thema wird in der Comedy-Branche diskutiert

Mockridge hatte im August in einem Video angekündigt, dass es 2021 keine Shows mehr mit ihm im Fernsehen geben werde. Er berichtete damals von Vorwürfen gegen ihn in sozialen Netzwerken und von der Anzeige einer Ex-Partnerin, die nach eigenen Angaben einen Vorfall in einer gemeinsamen Nacht als versuchte Vergewaltigung wahrgenommen habe. Mockridge wies die Vorwürfe in dem Video zurück. „Das, was mir vorgeworfen wird, das ist nicht passiert“, sagte er. Seinen Rückzug begründete er damit, dass er sich „sammeln“ wolle.

Die Staatsanwaltschaft Köln bestätigte, dass ein entsprechendes Verfahren Anfang Mai 2020 mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden sei. Eine Beschwerde der Anzeigeerstatterin gegen die Entscheidung sei als unbegründet zurückgewiesen worden.

Vor rund einer Woche kündigte Mockridge dann an, dass er seine Auszeit auf unbestimmte Zeit verlängern werde. Er verwies auf aktuelle Berichterstattung zu seiner Person und erklärte, er brauche Zeit, „um zu verstehen, zu lernen und zu heilen“. Zuvor hatte Der Spiegel über das Verfahren und weitere Vorwürfe gegen ihn berichtet.

Schon vor Kroymanns Auftritt war erkennbar gewesen, dass das Thema in der Comedy-Branche diskutiert wird. Komikerin Hazel Brugger und ihr Mann Thomas Spitzer trugen in der Show T-Shirts mit der Aufschrift „Konsequenzen für Comedian XY“. „Wir sind Fans von Beziehungen auf Augenhöhe“, sagte Brugger, als sie am roten Teppich darauf angesprochen wurde. „Deswegen haben wir uns auch für einen Partnerlook entschieden.“ Schauspieler Tom Gerhardt dagegen äußerte Unverständnis für die Kritik an Mockridge.

Der Deutsche Comedypreis wird Jahr für Jahr in Köln verliehen. Veranstalter ist das Cologne Comedy Festival.

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21 Kommentare

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  • >>In ihrer Rede kritisierte sie die Veranstalter und Sat1 für deren Umgang mit Frauen.

  • Ich kann diese Eier-Metasphorik nicht mehr hören bzw. lesen. Sie ist unappetitlich und man kann sie dem Fußball überlassen.

    Auf Frauen bezogen ist diese Überschrift eine Abwertung, da - mal wieder - nahegelegt wird, dass couragierte Frauen die Ausnahme seien.

  • „Und wer hat sich das Kleid ausgedacht, das die fabelhafte Kollegin trägt, die die Preise bringt?“, fragte sie.

    Auf die Idee, dass die fabelhafte Kollegin ihr Kleid selbst ausgesucht hat, ist die betagte Preisträgerin anscheindend nicht gekommen.

  • Wer modernen Männern „auf Augenhöhe“ begegnen will, der sollte solche Überschriften wie die von den „Eiern“ einer Frau, die glaubt, die Gunst der Stunde für einen Aufruf zur Selbstjustiz nutzen zu müssen, vielleicht besser vermeiden. Das ist nämlich kein Lob, sondern „sexistische Kackscheiße“. Es ruft jeden, der „Eier“ in der Hose hat (oder gern hätte) dazu auf, zu tun, was viele Medienmacher partout nicht lassen wollen - obwohl sie wissen können, dass es Mist ist.

    • @mowgli:

      "Selbstjustiz" ist ein merkwürdiger Vorwurf. Kroymann fordert, dass den betroffenen Frauen Gehör geschenkt und auch geglaubt werde.

      Klar steht da Aussage gegen Aussage. Aber es sind mehrere Frauen, die offenbar ungute Situationen mit dem Comedian hatten.

      Das ist tendenziell dann doch verdächtig.

      • @cazzimma:

        Es wurde untersucht und nicht bestätigt.



        Aber man soll Mockridge weiter demontieren und der Frau glauben?



        Was wenn, wofür vieles spricht, Mockridge nix getan hat? Mit welchem Recht hat man dann sein Leben kaputt gemacht?

        In Deutschland gilt noch immer "Unschuldig bis die Schuld bewiesen ist". Das hat nichts mit "Frauen muss man glauben!" zu tun.



        Wer sich nicht daran hält, begeht halt Selbstjustiz.

    • @mowgli:

      Danke. So sieht's aus.

  • Die Ehrung ist mehr als verdient.

    Das sich aber nun auf die eine Seite schlagen bei einem Fall, wo Aussage gegen Aussage steht ist unrühmlich, denke da auch an den Fall Jörg Kachelmann.



    Damals hatte die Zeitschrift Emma (Alice Schwarzer) Einfluss genommen.



    Seit Kachelmann bin ich da vorsichtiger geworden, man hat schnell jemanden vorverurteilt, ohne weder die eine noch die andere Person zu kennen.

    • @udo123:

      Männer verteidigen immer andere Männer, egal, wie viele Frauen niemals Gerechtigkeit erfahren werden für das, was Ihnen widerfahren ist. Das ist so armselig.

      Fälle wie Kachermann sind nicht die Regel, sondern die Regel ist, dass angesichts praktisch keiner Verurteilungen Frauen die Gewalt gegen sie oft gar nicht mehr justiziabel machen.

      Weil es beschämend ist und selten was dabei herauskommt. International.

    • @udo123:

      Wenn es um Vergewaltigungsvorwürfe geht, steht doch immer Aussage gegen Aussage. Wie sollte ein "Beweis" hier aussehen?

      Immerhin sind wir über "die Frau hat ihn gereitzt bis er nicht mehr anders konnte" heute hinweg, damit wurden in meiner Jugend noch Vergewaltigungsvorwürfe "entkräftet".

      • @Frl. Rottenmeier:

        Auch bei Aussage gegen Aussage, kommt es zum Gerichtsverfahren wenn auch nur eine Kleinigkeit dafür spricht das es stimmen könnte.

        Kam es aber nicht. Alle Vorwürfe der Frauen wurden gründlich untersucht. Es gab nix und das Verfahren wurde eingestellt.



        Mockridg ist offiziell unschuldig.

  • Wo bleibt denn da der Platz für den Rechtsstaat?



    Wenn die Justiz nicht einmal einen ausreichenden Tatverdacht feststellen kann, ist eine derart an "öffentliches Steinigen" erinnernde Kampagne durch nichts, aber auch gar nichts zu rechtfertigen.

    • @Harald Butenschön:

      Bin voll bei Ihnen! Für mich ist es indirekt auch ein Angriff auf unsere unabhängige Gerichtsbarkeit. Über den Vorwurf wurde zweimal gerichtlich entschieden. Das Ergebnis hiervon ist zu respektieren, ob es einem passt oder nicht. Dabei die Bühne dazu zu nutzen, um einen für unschuldig erklärten Menschen erneut anzugreifen, ist nichts anderes als ein ganz übler Rufmord.

      • @justizia:

        Und PR in eigener Sache. Das finde ich das wiederlichste.

  • Ich bin ja in Sachen Fernsehen absolut raus. Mich würde aber interessieren, ob es zu den Vorwurf gegen Herrn L. M. auch irgendwelche Beweise gibt, oder nur die Behauptungen seiner Verflossenen. Solange solche Belege fehlen hat Frau Kroymann nämlich keine "Eier" sondern ein problematisches Verständnis von Recht und Unrecht.

  • Es gibt Vorwürfe gegen Luke Mockridge. Er streitet die Tat ab. Eine*r von beiden muss wohl Lügen oder eine nicht rechtskonforme Wahrnehmung haben.

    Solange das von keinem Gericht entschieden wurde, sind für mich beide unschuldig.

    Wer sich vorher öffentlich auf eine Seite schlägt betreibt meines Erachtens Rufmord an der anderen Seite.

    • @Kai Nothdurft:

      Die Sache wurde von Ermittlungsbehörden geprüft. Es wurde sich gegeneinander Klage gegen den Mann entschieden. Jetzt könnte noch gegen die Frau ermittelt werden, aber was soll dabei rauskommen?

    • @Kai Nothdurft:

      Bei Kachelmann war es einst Rufmord und diverse, ach so hoch gelobte Leute, haben nichts gelernt.



      Gerichte entscheiden, nicht die Medienmacht.

  • Kroymann beherrscht sowohl das Prinzip "gober Klotz - grober Keil" als auch die absolut leisen, nuancierten Töne für Kenner*innen. Und alles dazwischen. Eine Mehr-als-Comedian -- eine Künstlerin. Verdiente Ehrung!

  • Sylke von Nazareth



    Ick finde so wat jut!



    taz.de/Maren-Kroym...nterview/!5633751/



    ....Und Kurt Tucholsky ist ganz wichtig, dann Erich Kästner, Karl Kraus, Ingeborg Bachmann, Helmut Qualtinger und Gerhard Polt...



    Klasse Frau!



    Ich hatte kurz reingeschaut am Anfang und war auch schon wieder weg.



    Furschtbar!



    Dann doch lieber den deutschen Filmpreis 21 geschaut. Ist zwar auch geschlossene Gesellschaft, ich habe aber länger durchgehalten.

    Der Deutsche Filmpreis 2021

  • Bei dieser Frau reicht keine Ehrung wirklich aus. Eine durch und durch faszinierende Persönlichkeit und das seit Jahrzehnten!