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Verkehrswende-Projekthaus in WolfsburgHausdurchsuchung für einen Flyer

Am Tag nach den Razzien bei der Letzten Generation wurde auch ein Projekthaus in Wolfsburg durchsucht – wegen Graffiti und gefälschter Flugblätter.

Finger weg vom heiligen Logo: Der unbefugte Gebrauch führt zu Hausdurchsuchungen Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Hannover taz | Im Windschatten der bundesweiten Razzien bei der Letzten Generation ist auch ein Haus in Wolfsburg durchsucht worden. Das „Amsel 44“ beherbergt eine Gruppe von Aktivisten, die in Wolfsburg für eine Verkehrswende kämpfen. Am Donnerstag vergangener Woche stand plötzlich die Polizei vor der Tür – es war allerdings niemand da.

Die Beamten aus Wolfsburg, verstärkt von einer Einheit der Bereitschaftspolizei aus Braunschweig, verschafften sich Zutritt und beschlagnahmten eine Reihe von elektronischen Geräten und Datenträgern. Die Aktivisten halten das für einen weiteren Versuch, die Klimabewegung zu diskreditieren und einzuschüchtern – die Polizei sagt allerdings, es gebe keinen Zusammenhang mit den Durchsuchungen bei der Letzten Generation am Vortag.

Seltsam ist nur: Der Durchsuchungsbeschluss, der den Aktivisten vorliegt, trägt das Datum vom 1. März. Warum man dann noch zwei Monate wartete, in denen die Beweismittel ja auch hätten beiseite geschafft werden können, konnte die Staatsanwaltschaft nicht so recht erklären.

„Dafür bedarf es auch immer einer besonderen Planung, insbesondere bei der Polizei. Wir haben uns letztlich dafür entschieden, die Durchsuchung in der vergangenen Woche durchzuführen, weil sie zu diesem Zeitpunkt für uns am besten durchführbar war“, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig, Christian Wolters, auf taz-Anfrage.

Es geht um gefälschte Logos und die „Möhrenapotheke“

Inhaltlich geht es ihm zufolge hier vor allem um gefälschte Flugblätter. Die waren im September vergangenen Jahres in Warmenau aufgetaucht – an dem Ort, an dem VW ursprünglich sein neues Trinity-Werk bauen wollte. Unter dem Titel „VW übernimmt Verantwortung“ versprachen die Flugblätter den Anwohnern Entschädigungszahlungen, Lärmschutzfenster und psychologische Beratung bei Schlafproblemen.

Alles versehen mit dem VW-Logo und dem Namen der Agentur „Hier Mittenmang“ aus Berlin, die VW mit einer PR-Kampagne und der Bürgerbeteiligung zum Projekt beauftragt hatte. Das ist natürlich ein grober Copy­right-Verstoß und außerdem Urkundenfälschung.

Ermittelt werde gegen fünf Personen, von denen drei im Amsel 44 gemeldet sind, erklärt Wolters. Ob es noch weitere Durchsuchungen bei den anderen beiden Beschuldigten gegeben hat, wollte er nicht sagen.

In einem Bericht der Wolfsburger Nachrichten heißt es außerdem, das Verfahren um die gefälschten VW-Flugblätter sei nicht das einzige, um das es hier gehe. Der Wolfsburger Polizeisprecher Thomas Figge erklärte gegenüber der Zeitung, man ermittle außerdem wegen verschiedener Sachbeschädigungen.

So sei eine Golf-Skulptur mit einem Graffito zum Verkehrswende-Camp verziert worden und das Logo der Mohren-Apotheke zu einem „ö“ verschmiert worden, unterzeichnet mit „Rüben gegen Rassismus“.

Die VW-Stadt ein schwieriges Pflaster für Aktivisten

Alles keine Schwerverbrechen, findet der Sprecher der „Amsel 44“-Aktivisten, Sascha Bachmann – ohne irgendeine dieser Taten einzuräumen: „Solch grundrechtsverletzende und unverhältnismäßige Maßnahmen wegen Lappalien zeigen ganz klar, dass es nicht um Strafverfolgung, sondern um gezielte Ausschnüffelung, Ausforschung und Einschüchterung von Klimainitiativen geht.“

Mit der VW-Stadt Wolfsburg haben sie sich allerdings ein schwieriges Pflaster ausgesucht. Das war wohl auch schon beim großen, mehrtägigen Verkehrswende-Camp rund um die letzte Aktionärsversammlung von VW zu spüren. Da blieben die zugereisten Aktivisten im Wesentlichen unter sich, erzählt ein Teilnehmer. Anders als bei den Klimacamps in anderen Städten, wo es auch mal Kontakt zu Passanten und Anwohnern gab.

Die Aktivisten gehen allerdings auch weit in ihren Forderungen: Ihnen reicht der Umstieg auf Elektroautos nicht, sie wollen VW vergesellschaften und zu einem Straßenbahnwerk umfunktionieren.

Fake-Plakate der Grünen wurden nicht weiter verfolgt

Dass das Trinity-Werk in Warmenau nun doch nicht gebaut werden soll, hat mit ihnen allerdings nichts zu tun. VW sortiert gerade seine Strategie neu und will nun doch lieber die bestehenden Werke nach und nach umrüsten. Der Schaden, den die gefälschten Flugblätter angerichtet haben, dürfte sich also in Grenzen halten.

In einem ganz ähnlichen Verfahren sind die Ermittlungen übrigens sang- und klanglos im Sande verlaufen: Im Februar tauchten in mehreren norddeutschen Städten falsche Grünen-Plakate auf. Darunter auch welche mit dem Slogan „VW steht für Verkehrswende“.

Zum Aufhängen der professionell aussehenden Plakate wurden die Leuchtkästen des Werbeflächenvermarkters Ströer gekapert, auch eine gefälschte Grünen-Website gehörte zur Aktion. Sowohl die Grünen als auch Ströer erstatteten Anzeige. Die Staatsanwaltschaft Hannover stellte das Verfahren ein.

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2 Kommentare

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  • Na klar. Das ist ja auch bedeutend wichtiger als die Konzentration auf knapp 500 per Haftbefehl gesuchte Neo-Nazis. Die sind "nicht auffindbar". So was aber auch!

  • So sieht Polizeirepression aus. Im Auftrag eines Verbrecherverbands.