Verkehrsexperte über E-Bikes und Scooter: „Es wird enger auf den Radwegen“
Bald dürfen E-Tretroller in Deutschland fahren, Millionen E-Bikes sind schon unterwegs. Breitere Wege sind nötig, sagt Rainer Hauck vom Verkehrsclub Deutschland (VCD).
taz: Herr Hauck, immer mehr Leute steigen auf elektrisch betriebene Zweiräder um. E-Roller und andere Gefährte kommen, das Elektrofahrrad ist schon da. Das ist ganz schön gefährlich, 2018 sind 24 Prozent mehr E-Radlerinnen tödlich verunglückt als im Vorjahr. Woran liegt das?
In Deutschland fahren immer mehr Pedelecs [E-Fahrräder, deren Antrieb nur dann aktiv wird, wenn der Fahrer in die Pedale tritt; d. Red.] dadurch gibt es auch mehr Unfälle. Laut Zweirad-Industrie-Verband sind im vergangenen Jahr in Deutschland 980.000 neue E-Bikes verkauft worden, das sind 36 Prozent mehr als im Vorjahr.
Besonders für Ältere sind Elektrofahrräder attraktiv. Haben ältere Menschen ein höheres Unfallrisiko?
Über ein erhöhtes Unfallrisiko von älteren Pedelec-Fahrern lässt sich derzeit noch keine belastbare Aussage treffen – im Gegensatz zum erhöhten Verletzungsrisiko. Kommt es zu einem Unfall, verletzen sich Ältere häufig schwerer als Jüngere. Allerdings: Nach einer Untersuchung der Unfallforschung der Versicherer sind die Verletzungen bei einem Unfall mit dem Pedelec im Vergleich zu Verletzungen durch Fahrradunfälle schwerer, unabhängig vom Alter. Wir haben einfach ein anderes Gerät. Es ist schwerer, schneller. Sinnvoll ist es, einen Kurs zu besuchen, um das sichere Pedelec-Fahren zu üben. Das gilt nicht nur für Ältere.
Wo?
Das VCD-Projekt „Pedelec statt Auto – aber sicher!“ hat eine Onlinekarte erstellt, auf der alle bundesweit verfügbaren Pedelec-Kursangebote verzeichnet sind. Die Nachfrage nach solchen Kursen wächst. In Baden-Württemberg hat der grüne Verkehrsminister Winfried Hermann gerade ein Projekt aufgelegt, um eine flächendeckende Abdeckung mit Kursangeboten zu erreichen. Das wird mit 800.000 Euro vom Land gefördert.
Kann man in den Kursen auch lernen, mit dem E-Scooter zu fahren?
Noch nicht. Das ist völliges Neuland.
ist beim Verkehrsclub Deutschland Leiter des Projekts „Pedelec statt Auto – aber sicher“ und Koordinator des Programms „sicher mobil“ des Deutschen Verkehrssicherheitsrats.
Ist die Verkehrsinfrastruktur auf E-Zweiräder ausgerichtet?
Mir sind keine Hinweise bekannt, dass die Infrastruktur für die zunehmenden Unfallzahlen bei E-Rädern ursächlich verantwortlich ist. Aber angesichts der wachsenden Zahl von Pedelecs muss die Infrastruktur ausgebaut werden. Wenn wir zum Beispiel auf Radwegen Fahrer mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten haben, müssen die Überholvorgänge ohne Gefahr einer Kollision möglich sein, die Wege müssen breit genug sein.
Jetzt kommen die E-Scooter hinzu, die mehr als 12 Kilometer in der Stunde fahren.
Ja, es wird enger. Jedes zusätzliche Verkehrsmittel macht die Wege voller. Deshalb muss die Radwegstruktur ausgebaut werden. Auch für die Fußgänger ist weniger Platz, wenn die langsameren elektronischen Fahrzeuge auf dem Fußweg fahren dürfen. Der Fußweg sollte für Fußgänger frei bleiben, auch um Kinder und Menschen mit eingeschränkter Mobilität zu schützen.
Sind Sie für eine Helmpflicht für E-Bikes?
Die Leute sollen, wenn sie wollen, einen Helm tragen. Aber der VCD ist gegen eine Helmpflicht.
Warum, ein Helm schützt doch?
Weil dadurch das Radfahren per se als gefährlich dargestellt wird. Ein Helm verhindert keinen Unfall. Stattdessen sind Politik und Kommunen gefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um Unfälle zu verhindern und Gefahrenquellen abzustellen.
Ist das E-Fahrrad Teil der Verkehrswende?
Auf jeden Fall. Untersuchungen des Umweltbundesamtes zeigen, das Pedelecs auf den ersten neun Kilometern in der Stadt schneller sind als das Auto. 50 Prozent aller mit dem Auto gefahrenen Strecken sind fünf Kilometer lang oder kürzer. Das geht mit dem Pedelec schneller. Das E-Rad ist CO2- und verkehrsentlastend.
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